Mehrere Vermieter hatten Anträge auf Aufhebung von Bestimmungen des Richtwertgesetzes und des Mietrechtsgesetzes eingebracht.

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Das gesetzliche Verbot von Lagezuschlägen für Mietwohnungen in Gründerzeitvierteln ist nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs nicht verfassungswidrig, weil es im öffentlichen Interesse liegt. Der VfGH hat daher die von mehreren Vermietern eingebrachten Anträge auf Aufhebung von Bestimmungen des Richtwertgesetzes und des Mietrechtsgesetzes abgewiesen.

Das grundsätzliche Verbot von Lagezuschlägen in Gründerzeitvierteln (Paragraf 2 Abs. 3 Richtwertgesetz) "dient nämlich dem sozialpolitischen Ziel, Wohnen in zentrumsnaher städtischer Lage zu Preisen zu ermöglichen, die es auch Personen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen erlauben, ihren Wohnbedarf in dieser Lage angemessen zu decken", begründete der VfGH sein Urteil in einer Aussendung am Mittwoch.

Abschlag für Befristung

Die Vereinbarung eines Lagezuschlages sei jedoch zulässig, wenn ein ursprüngliches "Gründerzeitviertel" durch bauliche Veränderungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nicht mehr als "Gründerzeitviertel" anzusehen sei.

Der VfGH hat auch den gesetzlich festgelegten pauschalen Abschlag für befristete Mietverträge als verfassungskonform bestätigt. Nach dem Mietrechtsgesetz (Paragraf 16 Abs. 7) vermindert sich der höchstzulässige Hauptmietzins im Fall eines befristeten Mietvertrages unabhängig von der Dauer der Befristung um 25 Prozent, sofern eine Wohnung in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt.

Der Verfassungsgerichtshof sieht in dieser Regelung "einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Vermieters an der Verfügbarkeit der Wohnung und dem Interesse des Mieters an einem gesicherten Bestandrecht, mit dem der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat".

Reaktionen auf Urteil

Kaspar Erath, einer der streitbaren Zinshausbesitzer, die vor Gericht gezogen waren, sieht in der Entscheidung im Gespräch mit dem STANDARD ein "3:0 gegen uns. Aber mir ist es fast lieber, dass es so eindeutig ausgefallen ist". Er kündigt bereits an, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen.

Wenig überraschend war auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) vom Urteil nicht erfreut. Man nehme zur Kenntnis, dass "der Verfassungsgerichtshof die Gelegenheit nicht genutzt hat, das verkrustete System des österreichischen Mietrechts zumindest in Teilbereichen endlich aufzubrechen", hieß es in einer Aussendung.

Als "ganz wichtige Entscheidung zur Sicherung von leistbarem Wohnraum" und "Urteil von enormer Tragweite" begrüßte hingegen der Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) das Urteil in einer Aussendung. Die Außerkraftsetzung der geltenden Bestimmungen hätte auf einen Schlag zu einer drastischen Erhöhung der Mieten in den betroffenen Vierteln um bis zu 250 Euro pro Monat für eine 70 Quadratmeter große Wohnung geführt, so Ludwig.

Positiv sah man das Urteil auch bei der Arbeiterkammer, wo ein weiteres Mal ein neues Mietrecht mit gesetzlichen Mietpreisobergrenzen gefordert wurde. Laut Mietervereinigung wurde eine "Torpedierung des Mietrechts durch mehrere Vermieter" verhindert. Auch SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher begrüßt das Urteil, sieht aber weiterhin hohen Reformdruck im Bereich des Mietrechtsgesetzes und wünscht sich eine unmittelbare Umsetzung einer Teilreform. (APA/red, 16.11.2016)