"Halal" bedeutet auf Arabisch "erlaubt". Im Lebensmittelhandel bleibt der Halalmarkt eine Nische.

AFP

Wien – Islamkritiker behaupten regelmäßig, es komme in Österreich zu illegalen Schlachtungen, bei denen Tiere nicht oder nur unzureichend betäubt werden. Tatsächlich gab es bisher aber nur einen Fall einer Verurteilung rund um Tierquälerei im Zusammenhang mit unerlaubtem Schlachten, geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der FPÖ durch ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter hervor.

In Graz wurde demnach im Oktober ein Angeklagter wegen illegaler Schächtung dreier Schafe zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt. In einem weiteren Fall, der 79 Schafe betraf, ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz.

Die Debatte macht es heimischen Lebensmittelketten schwer, sich der wachsenden Kundschaft, die sich halal ernährt, zu widmen. Und das, obwohl das für sie infrage kommende Halalfleisch denselben gesetzlichen Voraussetzungen unterliegt wie konventionelles Fleisch. Österreichische Schlachthöfe, die Halalfleisch produzieren, sind entweder von der Islamischen Glaubensgemeinschaft oder dem Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum (IIDZ) zertifiziert. Beide erachten auch Schlachtungen mit vorhergehender Betäubung als halal. Einzige maßgebliche Unterschiede zu Nicht-Halal-Produktion sind laut IIDZ-Präsident Ahmed Rusznak, dass der Schlächter Muslim sein und während der Schlachtung einen kurzen Gebetsspruch aufsagen muss.

Produktion in Österreich

Von den großen Ketten verkauft nur Rewe in ihren Merkur-Märkten Frischfleisch aus Halalproduktion. Es stammt aus österreichischen Betrieben, die vom IIDZ zertifiziert wurden. Für das Rindfleisch sorgt ein oberösterreichischer Lieferant, Geflügel stammt aus Kärnten. Beide Unternehmen produzieren Halal-zertifiziertes wie herkömmliches Fleisch.

"Halal bleibt eine Nische", sagt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. Die Nachfrage sei in den letzten Jahren zwar vor allem in Wien und Vorarlberg leicht gestiegen, mache jedoch weniger als ein Prozent des Gesamtumsatzes bei Fleisch- und Wurstwaren aus. Und das, obwohl Merkur schon seit acht Jahren Halal-zertifizierte Produkte anbietet, derzeit in rund der Hälfte aller Märkte.

Kontroverse färbt ab

Wie Mitbewerber Spar musste auch Rewe in der Vergangenheit heftige Kritik in sozialen Medien einstecken. Aktuell ist kein Ausbau des Angebots an Halalfleisch geplant. Dasselbe gilt für Spar. Laut Sprecherin Nicole Berkmann hat das aber weniger mit negativen Erfahrungen als mit Preisfragen zu tun. In Österreich produziertes Halalfleisch sei vermutlich vielen aus der Zielgruppe zu teuer. Sie würden eher Importfleisch in Ethnosupermärkten kaufen. Auch der Diskonter Hofer lässt wissen, es gebe bisher keine Nachfrage nach Halalprodukten, weshalb man keine entsprechenden Artikel führe.

Trotz Zurückhaltung der großen Ketten wächst der Markt laut IIDZ-Präsident Rusznak. "Wir haben pro Woche vom Getränke- bis zum Süßwarenproduzenten zwei bis drei Anfragen von Betrieben, die sich als Halalhersteller zertifizieren lassen wollen", sagt er. Zertifizierte Schlachthöfe gebe es derzeit sechs. Ihre Abnehmer sind primär kleine Lebensmittelketten wie Aycan und Etsan. Offizielle Zahlen dazu, wie viele Tiere in Österreich jährlich halal geschlachtet werden, gibt es nicht.

Wirtschaftsfaktor

"Halal" bedeutet auf Arabisch "erlaubt" und ist damit das Gegenteil von "haram", also "verboten". Von Ernährung über Kleidung bis hin zu sozialen Beziehungen umfassen die entsprechenden religiösen Vorschriften im Islam viele Dinge. Mit der zunehmenden Zahl der Muslime – derzeit sind es rund 600.000 – wurden Halalprodukte auch in Österreich zum emotional besetzten Wirtschaftsfaktor. Rund ein Jahr ist es her, dass Spar einem von Islamkritikern angefachten Shitstorm ausgeliefert war, weil man in Wiener Märkten Halalfleisch angeboten hatte.

Die Kritiker sehen in bestimmten Formen der Schächtung Tierquälerei. Speziell geht es dabei um den Fall, wenn die Betäubung des Tieres erst nach der Tötung erfolgt. Dies wird von manchen muslimischen Strömungen als Halalvoraussetzung angesehen und ist in Österreich nur unter strengen gesetzlichen Auflagen erlaubt. Laut Tierschutzgesetz müssen Schlachttiere dabei unmittelbar nach dem Schächtschnitt, bei dem die großen Blutgefäße im Halsbereich geöffnet werden, sofort wirksam betäubt werden. Außerdem muss dabei ein Tierarzt anwesend sein. In der Debatte werden diese Form und die Halalschlachtung mit vorhergehender Betäubung teilweise bewusst miteinander vermischt. (Simon Moser, Nora Laufer, 21.11.2016)