Amerikanische Highways sind auch nicht kurviger als die lange Gerade, die uns aus Vilnius herausführt. Links und rechts von uns steht Wald. Und wenn nicht, dann das Wasser in den Gräben, auf den Äckern und Wiesen. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei ziemlich genau 100 Prozent, die Sättigung des Bodens wohl auch. Immer noch ist ein erstaunlicher Teil Litauens Sumpf und Moor.

Wegen des vielen Wilds in der vielen Natur ist es aber nicht, dass wir die Autobahn nicht verlassen – außer eine der raren Sehenswürdigkeiten oder ein Wirt zwingt uns dazu. Auf über 300 Kilometern durch Wald- und Ackergebiet haben wir ein einziges Reh gesehen. Sonst ist die Landschaft gesäumt von Birken – gerne schon abgebrochen, manchmal vom Blitz getroffen – und Nadelhölzern, sehr windschiefen Holzhütten und heruntergekommenen gemauerten Häusern und Höfen, denen man schon von außen ansieht, dass sie nicht weniger feucht sind als die Erde.

Der neue Kuga auf einer alten Schotterstraße auf dem Weg in den hohen Norden. Für den Kuga ist so ein bisserl Schotter weniger Abenteuer als die Reise mit ihren natürlichen Widrigkeiten.
Foto: Ford

Würden wir hier einmal im rechten Winkel abbiegen, hätten wir KUGAdventure, so heißt die Veranstaltung, zu der uns Ford geladen hat, um den neuen Kuga zu präsentieren. In 15 Etappen führt die Abenteuerreise von Athen bis hinauf zum Nordkap. Noch ist vom Adventure keine Spur, aber es wird noch kommen, auch wenn wir nicht in einen der Sümpfe oder eines der Moore zwischen dem Start unserer Reise, Vilnius in Litauen, und dem Ziel, Riga in Lettland, vorstoßen, nicht einmal einen Acker durchmetern. Dort und da ein Feldweg, hin zu einer Zwischenstation, machen dem SUV von Ford keine Sorgen.

Allradantrieb iAWD

Natürlich hat unser Kuga Allradantrieb. iAWD heißt der jetzt, weil er im Millisekundenbereich überprüft, welche Räder Grip haben und Traktion übertragen können. Fast ebenso natürlich griffen wir zum 2,0 TDCi mit 180 PS. Obwohl wir gern auch den neuen Einstiegsdiesel mit 120 PS aus nur 1,5 Liter Hubraum getestet hätten – der aber leider für die Abenteuerreise durch ganz Europa nicht verfügbar war. Mit nur 4,4 Liter Diesel hätte sich dieses Aggregat laut Normverbrauch begnügt. Bei unserem 180 PS starken Diesel gab die Normmessung 5,2 Liter aus, der Praxiswert zwischen Litauen und Lettland lag dann aber doch mehr als zwei Liter drüber.

Als Einstiegsaggregat gibt es weiterhin den 1,5 EcoBoost mit 120 PS, der mit der manuellen Sechs-Gang-Schaltung ab 26.400 Euro beim Händler steht. Auf der anderen Seite der Preisliste strahlt jener Kuga, mit dem wir unterwegs waren. 39.600 Euro zahlt man für den handgerührten 180-PS-Diesel-Kuga in der ST-Line 4x4.

Die ST-Line ist dabei nicht nur schmucker Zierrat, sondern beinhaltet auch eine direktere Lenkung und ein sportlich-strafferes Fahrwerk. Um weitere 2300 Euro hätte man dann auch das Doppelkupplungsgetriebe an Bord.

Wo is des Ädventscha

So weit, so kurzweilig. Den neuen Parkassistenten, der auch daquer einparken kann, brauchen wir nicht, das schaffen wir gerade noch selbst, und die breite Palette der Apple-CarPlay-Funktionen probieren wir auch nicht aus, damit uns dann daheim nicht die Roaminggebühren einen Herzpatschen bescheren.

Kurzweilig mag noch das MyKey-System sein, wenn man seinen Ehepartner oder die flügge werdenden Kinder hasst. Damit kann man nämlich einen Schlüssel so programmieren, dass eingehende Anrufe während der Fahrt unterdrückt werden, das ESP nicht ausgeschaltet werden kann oder die Musikanlage stumm bleibt, solange der Gurt nicht geschlossen ist. Und dann kann man natürlich auch ein Tempolimit hinterlegen. Har har har.

Ein Tempolimit brauchen wir am nächsten Tag, als wir aus Riga aufbrechen wollen, nicht. In den Morgenstunden hat es gut 30 Zentimeter geschneit. Gesalzen wird in Riga nicht, und die zwei Schneepflüge sind eben anderswo im Einsatz.

Winter trifft auf Sommerreifen

Weil in Lettland die Winterreifenpflicht erst ab Dezember besteht, kann man sich vorstellen, wie gleichmäßig sich die sommerbepatschten Autos mit B – Benze und BMW fallen da natürlich durch die ihnen unter solchen Bedingungen eigene Dynamik besonders auf – neben und auf den Straßen verteilen. Für den Kuga war die Situation natürlich nur aus dem Grund abenteuerlich, weil man nicht gleich weiß, ob einen der schlingernde Anhänger des gerade überholenden Lkws selbst erwischt oder doch den Vordermann.

Es hat aber zum Glück eh nicht allzu lang gedauert, bis der Verkehr vollends zum Erliegen kam, was allein den Autobahnab- und -auffahrten zu verdanken war, die bergauf gehen. Die wurden nämlich schnell zu einem Parkplatz für Sommerreifenfreunde umfunktioniert, deren Autos sich in der Folge nur von Abschleppwagen zu einer Weiterfahrt überzeugen ließen. Den Kuga hat das alles aber nur ein mildes Lächeln – und ein paar Stunden Zeit – gekostet. (Guido Gluschitsch, 26.11.2016)

Nachlese:

Ford Edge: Ein Amerikaner macht sich breit

Hyundai Tucson: Es muss nicht Arizona sein

Toyota RAV4 Hybrid: Eine Frage der Reife