Forscher untersuchten was nach chronischem Stress mit den MicroRNAs in der Amygdala, einer Hirnregion, die häufig mit der emotionalen Stressreaktion assoziiert wird, geschieht.

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Chronischer Stress kann krank machen. Besonders die geistige Leistungsfähigkeit leidet unter dem Druck seelischer Belastungen, wie Wissenschafter herausgefunden haben.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie (MPI) haben nun ein weiteres Puzzleteil bei der Erforschung der Mechanismen im Umgang mit Stress erforscht – die sogenannten MicroRNAs (miRNAs). Ihre Aufgabe: Sie regulieren, ob Gene aktiv werden oder nicht.

Im Anfang der Untersuchung stand die Maus. "Wir haben ein Mausmodell verwendet, um zu beobachten, was nach chronischem Stress mit den MicroRNAs in der Amygdala, einer Hirnregion, die häufig mit der emotionalen Stressreaktion assoziiert wird, geschieht. Das Molekül miRNA-15a hob sich sofort deutlich vom Rest ab, seine Werte waren erhöht", erklärt Naama Volk, Erstautorin der Studie.

Von Mäusen und Menschen

Was die Forscher noch beobachteten: Der Anstieg von miRNA-15a verursachte einen Rückgang des FK506 Bindungsproteins 51 (FKBP51). Das Protein reguliert die Stress-Rezeptoren im Gehirn. Den Wissenschaftern zufolge interagiert es mit dem sogenannten Glukokortikoid-Rezeptor und beeinflusst die Stresshormonachse sowie die Stressphysiologie. Demnach stiegen die FKBP51 Werte an, wenn die Forscher die miRNA-15a-Niveaus in der Amygdala verringerten.

Die Wissenschafter prüften anschließend, wie sich diese Veränderungen auf das Verhalten von Mäusen auswirken. "Wenn wir die miRNA-15a-Niveaus besonders in der Amygdala herabsetzten, zeigten die Mäuse nach chronischem Stress ein übersteigertes Angst-ähnliches Verhalten", erläutert Studienleiter Alon Chen. – Etwa indem die Nager seltener offene, hell erleuchtete Bereiche aufsuchten. "Man weiß, dass ängstliche Mäuse offene Bereiche meiden", ergänzt der Experte.

Zusätzlich wurde in der Studie überprüft, ob sich ähnliche Effekte auch bei den miRNA-15a-Niveaus beim Menschen zeigen. Dazu verabreichten die Forscher gesunden Probanden Dexamethason – ein Glukokortikoid-Rezeptor-Agonist, der die Stressreaktion stimulieren kann. "Wir haben herausgefunden, dass die microRNA miR-15a-Moleküle nach Gabe von Dexamethason auch in menschlichem Blut erhöht sind. Somit spiegelt sich das, was wir im Gehirn von Mäusen gefunden haben, tatsächlich auch im menschlichen Blut wider", erklärt Elisabeth Binder vom MPI.

Traumatisierung erhöht miR-15a

Was sich noch zeigte: Die Niveaus von miR-15a waren im Blut von Menschen, die in ihrer Kindheit traumatische Erlebnisse durchlebt hatten, um 32 Prozent höher als bei Personen, bei denen dies nicht der Fall war", resümiert Binder. (red, 29.11.2016)