Das Prinzip der Immuntherapie: Die körpereigenen Immunzellen sollen selektiv Krebszellen vernichten und gesunde Körperzellen schonen. Das Bild zeigt die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer T-Zelle.

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San Diego – Krebs stellt Legionen von Wissenschaftern seit Jahrzehnten vor große Herausforderungen. Standen über lange Zeit die Krebszellen selbst im Mittelpunkt, setzt sich immer stärker die Überzeugung durch, dass Krebs auch die Folge eines Versagens im Immunsystem ist. Anders ausgedrückt: Die Abwehrzellen sind lahmgelegt. Die neue Strategie in der Krebstherapie lautet nun, das Immunsystem in die Behandlungen miteinzubeziehen. Allein: Dieses hochdifferenzierte Netzwerk verschiedener Zellen ist zu weiten Teilen noch wenig erforscht – vor allem welche Teile wie zusammenspielen ist hochkomplex und über weite Strecken unbekannt.

Was man weiß: Bei manchen Krebsarten wie etwa dem Malignen Melanom wirken Immuntherapien, zumindest bei einigen Patienten. Waren bisher die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren im Fokus, machten am ASH, dem weltgrößten Kongress für Hämatologie, die sogenannten CAR-T-Zellen auf sich aufmerksam.

Zur Erklärung: CAR steht für "Chimeric antigen receptors": Es sind im Labor genetisch veränderte T-Zellen, die die Rezeptoren auf Tumorzellen ganz besonders gut erkennen können.

Non-Hodgkin-Patienten

Auf der ASH wurde eine Multicenter-Studie präsentiert, die zeigt, dass eine CAR-T-Zellen-Therapie bei Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen eine Option sein kann. Konkret wurde der Wirkstoff KTE-C19 getestet – an Patienten mit besonders aggressiven Formen von Non-Hodgkin-Lymphomen bzw. bei solchen, die trotz autologer Stammzelltransplantation einen Rückfall erlitten haben. Diese sogenannten chemorefraktären Patienten haben eine Überlebensprognose von durchschnittlich sechs Monaten, nur acht Prozent werden mit den derzeit etablierten Therapien geheilt.

"Wir hoffen, dass wir mit der CAR-T-Zellen-Therapie einer weiteren Gruppe von Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphomen helfen können", kommentierte Sattva S. Neelapu vom MD Anderson Cancer Center in Houston Texas, die die Zuma-1-Studie leitet.

Was bei der CAR-T-Zell-Therapie passiert: Den Patienten werden eigene T-Zellen entnommen. Diese werden genetisch insofern verändert, als sie mit CD19-Rezeptoren aufmunitioniert werden, um Krebszellen besser erkennen zu können. Dann werden diese Zellen vermehrt und den Patienten als Infusion verabreicht. 43 Prozent der Patienten in der Zuma-1-Studie konnten auf diese Weise in Remission gebracht werden – also in einen Status, in dem die Erkrankung nicht nachzuweisen ist. Die entscheidende Frage: Wie lange hält die Wirkung an?

Schwere Nebenwirkungen

Die Behandlung war für die teilnehmenden Studienzentren eine große Herausforderung, denn keine der 22 Zentren hatte Erfahrung mit der CAR-T-Zellen-Therapie. Vor allem auch was die Durchführbarkeit betrifft. Nach der ersten Phase gibt es positive Zwischenresultate. Insgesamt waren 51 Patienten mit B-Zell-Lymphomen (DLBCL) eingeschlossen. 76 Prozent reagierten auf die KTE-C19-Behandlung (47 Prozent mit einer kompletten Remission, 29 Prozent mit Teilremission). Das stärkste Ansprechen war innerhalb des ersten Monats, nach drei Monaten lag die Remissionsrate bei 39 Prozent (33 Prozent in Vollremission, sechs Prozent in Teilremission)

Allerdings gab es Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen. 25 Prozent der insgesamt 73 Teilnehmenden zeigten neurologische Beeinträchtigungen wie Verwirrtheit oder Orientierungsverlust, bei 14 Prozent entwickelte sich das Cytokine-Release-Syndrom Grad 3 oder höher mit starkem Fieber, Blutdruckabfall und Kurzatmigkeit. Ein Patient starb durch diese Überaktivierung des Immunsystems. Mittlerweile habe man aber mehr Erfahrung im Umgang mit diesen Nebenwirkungen, was die Sicherheit der Therapie mit CAR-T-Zellen Therapie verbessere, sagt Sattva S. Neelapu.

In einem zweiten Studienarm der Zuma-1-Studie werden 20 Patienten mit primärem mediastinalem B-Zell-Lymphom oder follikulärem Lymphom mit KTE-C19-Zellen behandelt. Response Rate war 80 Prozent, 55 Prozent konnten in volle Remission gebracht werden. Die Studienteilnehmer bleiben 15 Jahre lang in Beobachtung. (Karin Pollack, 7.12.2016)