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Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama: Die USA beschuldigen Russland, sich in den Wahlkampf eingemischt zu haben.

Foto: AP Photo / Andrew Harnik, File

Die monatelange Kontroverse zwischen Donald Trump und den amerikanischen Geheimdiensten hat sich in einem offenen Schlagabtausch entladen. Während die CIA zu dem Schluss kommt, dass Hacker im Auftrag Moskaus die Wahl am 8. November beeinflussten, um Trump zum Sieg zu verhelfen, macht sich der designierte Präsident über die Schlapphüte lustig.

"Das sind dieselben Leute, die gesagt haben, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen", spottete er. Er glaube nicht, dass sich der Kreml eingemischt habe, hatte er schon zuvor in einem Interview mit dem Magazin Time gesagt – wie schon seit dem Sommer immer wieder. Hinter den Hackern könnte Russland stehen – aber auch China, "oder es könnte irgendein Bursche gewesen sein, der in seinem Haus in New Jersey hockt".

Es hat Seltenheitswert, dass sich ein US-Präsident kurz vor seiner Vereidigung derart ruppig mit seinen Geheimdiensten anlegt, noch dazu in aller Öffentlichkeit. Ob das ungeschminkt bekundete Misstrauen womöglich Trumps gesamte Amtszeit prägen wird, gehört zu den Fragen, die Washington derzeit beschäftigen.

Nach Einschätzung der CIA, so berichteten US-Zeitungen am Wochenende, hat Russland in den Wahlkampf eingegriffen, um Trump Vorteile zu verschaffen. Erst nach dem Votum, schreibt die New York Times, habe die CIA ihre Bewertung der Cyberattacken geändert und sei zum Schluss gekommen, dass die Regierung Wladimir Putins Trump gezielt zu begünstigen versuchte. Zuvor war deutlich schwammiger davon die Rede gewesen, Moskau wolle das Vertrauen der US-Wähler in ihre Demokratie untergraben. Die CIA, lautet im Nachhinein die Begründung, wollte in der Hitze des Wahlgefechts nicht den Eindruck erwecken, als ergreife sie Partei für Trumps Gegnerin Hillary Clinton. Daher habe sie zunächst eine eher vage Formulierung gewählt.

Weiters sollen russische Hacker im Wahlkampf nicht nur die E-Mails der Demokratischen Partei erbeutet haben, sondern auch jene des republikanischen Parteiapparats. Die Causa hatte im Juli für Wirbel gesorgt, zeigte der durchstöberte E-Mail-Fundus doch, wie Clintons Rivale Bernie Sanders von Funktionären systematisch benachteiligt wurde.

Der Ärger kocht hoch

Auch die digitale Korrespondenz von John Podesta, Clintons Kampagnenstratege, wurde der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt und publikgemacht. Die Attacke gegen das Nationalkomitee der Republikaner dagegen führte zu keiner einzigen Veröffentlichung. Das ist ein Punkt, der die Gemüter der unterlegenen Demokraten gehörig in Wallung bringt. Der Fall dürfte also noch Kreise ziehen.

Erst am Freitag hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama eine umfassende Untersuchung der Hackerattacken angeordnet. Die Ergebnisse sollen vorliegen, noch bevor er am 20. Jänner das Oval Office verlässt. Chuck Schumer, ab 2017 Fraktionschef der Demokraten im Senat, fordert seinerseits parlamentarische Ermittlungen – ein erstes Zeichen dafür, dass die Partei ihre Schockstarre nach dem Wahldebakel vom November allmählich überwindet und nun die Offensive sucht. "Allein der Verdacht, dass sich eine fremde Macht in unsere Wahlen einmischt, sollte beide Parteien bis ins Mark erschüttern", wettert Schumer.

Ob es Republikaner gibt, die seinen Vorstoß ernsthaft unterstützen – und wenn ja, wie viele -, wird sich wohl erst im neuen Jahr zeigen. Zumindest in Lindsey Graham, einem Senator, der sich als einer der Widersacher Trumps um die Präsidentschaft bewarb, ohne den Hauch einer Chance zu haben, scheinen die Demokraten einen Verbündeten gefunden zu haben. Auch der Südstaatler aus South Carolina drängt auf lückenlose Aufklärung: "Man muss nicht Sherlock Holmes sein, um herauszufinden, was Russland im Schilde führt", schrieb er in einem Tweet.

Das angespannte Verhältnis zu Russland ist auch Hintergrund erneuter Debatten um die Besetzung des US-Außenministeriums. Am Wochenende war aus Trumps Team durchgesickert, dass Rex Tillerson neuer Chefdiplomat werden könnte. Dem Chef des Ölkonzerns ExxonMobil werden beste Beziehungen mit Moskau nachgesagt. Tillerson hat sich wiederholt gegen die Sanktionen des Westens wegen Russlands Ukraine-Politik ausgesprochen. Auch der republikanische Senator John McCain zeigte sich deshalb nun besorgt. (red, 11.12.2016)