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Foto: Armin Weigel/dpa

Wien/Berlin – Im Streit um die deutsche Pkw-Maut verschärft sich der Ton zwischen Deutschland und Österreich. Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt zeigte am Wochenende "wenig Verständnis für die Maut-Maulerei" der Kritiker im Ausland. "Vor allem dann nicht, wenn sie aus Österreich kommt", sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag).

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wertete wiederum eine Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen als Bedrohung für das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarn. "Das ist ein Belastungstest für die guten deutsch-österreichischen Beziehungen", sagte er der "Bild am Sonntag".

Deutschland und die EU-Kommission hatten nach monatelangem Ringen einen Kompromiss zur Pkw-Maut gefunden. Nun erwägen Österreich und die Niederlande eine Klage gegen das Vorhaben beim Europäischen Gerichtshof. Sie sehen eine etwaige Ungleich- bzw. Schlechterbehandlung von ausländischen Staatsbürgern. In Österreich wird die Vignette jedem gleich verrechnet – ob Inländer oder Ausländer.

Nicht europäisch

Mit Blick auf die Maut in Österreich sagte Dobrindt aber der "Süddeutschen Zeitung": "Die Österreicher sind ausschließlich von ihrem nationalen Interesse getrieben nach dem Motto: Wer nach Österreich kommt, soll zahlen, Österreicher aber sollen in Deutschland kostenlos fahren." Diese Denke sei "nicht europäisch und auch nicht angemessen". Wer seit 20 Jahren in seinem Land eine erfolgreiche Maut zur Finanzierung von Straßen betreibe, sollte mit seinen Nachbarn fairer umgehen.

Bundeskanzler Kern nannte dies eine "geschickte Finte vom deutschen Verkehrsminister". Es gebe zwar eine Pkw-Maut auf österreichischen Autobahnen. Aber: "Bei uns zahlt die Maut jeder, unabhängig von seiner Geburtsurkunde." Dies ließ Dobrindt im Interview-Ping-Pong nicht gelten: "Der österreichische Kanzler irrt sich. Österreich hat bei der Einführung der Maut die eigenen Autofahrer erheblich entlastet – und zwar insbesondere über die Pendlerpauschale."

Der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens warf daraufhin Dobrindt Stammtischniveau vor. "Bei diesen ressentimentgeladenen Parolen muss die deutsche Bundeskanzlerin eingreifen und den Minister zurückpfeifen."

Höhe der Einnahmen umstritten

Umstritten bleibt in Deutschland, wie hoch die Einnahmen aus der geplanten Abgabe ausfallen werden. Der dortige Bundesrechnungshof sieht Dobrindts Erwartungen skeptisch. "Die Einnahmeprognose ist mit erheblichen Risiken verbunden", sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller mehreren deutschen Zeitungen. Der Bundesrechnungshof sehe die Aufwand für die Kontrolle der Mauterhebung kritisch. "Wir bezweifeln auch den geplanten Einführungszeitpunkt im Jahr 2018." Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warnte: "Die Maut läuft Gefahr, dass sie den Staat mehr Geld kostet, als sie ihm einbringt."

Dobrindt hielt am Sonntag dagegen: "Die Einnahmeprognose ist solide und konservativ gerechnet." Die Pkw-Maut bringe Einnahmen von 3,7 Milliarden Euro im Jahr, die künftig zweckgebunden für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung stünden. "Das ist der große qualitative Unterschied, der mit dem Systemwechsel von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung verbunden ist." Die Kfz-Steuer lande im allgemeinen Finanzhaushalt. Die Pkw-Maut lande im Verkehrsministerium für die Infrastrukturinvestitionen. "Das gibt langfristige Finanzierungssicherheit." Ähnlich äußerte sich der CSU-Politiker auch im Deutschlandfunk. (APA, 11.12.2016)