Peter Simonischek nach der Preisverleihung am Samstagabend.

Foto: AFP PHOTO / JANEK SKARZYNSKI

Weniger ist nicht immer mehr. Wenn der pensionierte Musiklehrer Winfried mit schnellen Handgriffen die Rolle wechseln will, um nicht länger Winfried zu sein, sondern ein Mann ohne Vergangenheit namens Toni Erdmann, dann braucht er dafür eine Wuschelhaarperücke, Brillen und ein charakterstarkes Gebiss.

Dezenz sieht anders aus, und auch Schauspieler schätzen übermäßige Kostümierung üblicherweise nicht. Aber hier dient die grobe Aufmachung als deutliches Zeichen des Rollentauschs, der grundlegenden Idee von Maren Ades Film Toni Erdmann. Die deutsch-österreichische Koproduktion, die der schwierigen Annäherung zwischen einem Vater und seiner Tochter nachspürt, wurde nun beim Europäischen Filmpreis in Wroclaw in allen großen Kategorien ausgezeichnet. Unter anderem ging die Auszeichnung als bester Schauspieler an Peter Simonischek.

Der Burgtheatermime hat mit seinem furchteinflößenden Filmgebiss schon im Mai die Fotografen an der Croisette der Filmfestspiele Cannes beglückt. Und Selbiges könnte er noch bei der kommenden Oscarverleihung im Februar tun, wo Toni Erdmann für Deutschland um den Auslandsoscar ins Rennen geht.

Dentalkunde war dem 1946 in Graz geborenen Peter Simonischek bereits in die Wiege gelegt. Als Sohn eines Zahnarztes begann er eine einschlägige Ausbildung, brach diese aber doch zugunsten des Schauspielberufs ab.

Parallel zu seiner Theaterkarriere, deren prägendste Zeit Simonischek ab 1979 an der Berliner Schaubühne unter Peter Stein und Andrea Breth verbracht hat, drehte er Kino- und Fernsehfilme. Die bis-her öffentlichkeitswirksamsten Jahre durchlebte der dreifache Vater und Gatte von Schauspielkollegin Brigitte Karner als Jedermann bei den Salzburger Festspielen (2002–2009).

Tragik und Komik liegen dem großgewachsenen Mann in gleicher Weise, davon zeugt die Bandbreite seiner Bühnenfiguren, die von Dichtern wie Friedrich Schiller oder Edward Albee stammen. Von dieser Spannweite zehrt auch Toni Erdmann. "Wenn man mit richtig guten Leuten zusammenarbeitet, dann macht man einen richtig guten Film", so Simonischek anerkennend in Richtung der Regisseurin Maren Ade und seiner Schauspielkollegin Sandra Hüller, die als "Beste Schauspielerin" ebenfalls ausgezeichnet wurde. Simonischek übrigens für diese Rolle nicht zum ersten Mal. (Margarete Affenzeller, 11.12.2016)