Auch im Indie-Bereich ist es schon fast ein bisschen so wie bei den Großen: Manche seit Ewigkeiten angekündigte Spiele finden sich Jahr für Jahr auf den Listen kommender Attraktionen. Die teilweise schon jahrelange Vorfreude auf Indie-Hoffnungsträger wie das hübsche "Cuphead", das enigmatische "Below", das atmosphärische "Rime" und das einzigartige "Night in the Woods" dürfte sich 2017 hoffentlich in Freude angesichts der Fertigstellung wandeln.

Im folgenden Ausblick fehlen wegen wiederholter Nennung die obengenannten ewigen "coming attractions" genauso wie jene Spiele, die von (sehr) großen Studios zwar selbst als "irgendwie Indie" beschrieben werden, aber ihren unabhängigen Status wohl eher flexibleren Verträgen mit natürlich bereits vorhandenen Publishern verdanken; dazu zählt "Hellblade" von den Industrieveteranen Ninja Theory als selbstbezeichnetes "independent AAA game" überraschenderweise ebenso wie "Vampyr" von den "Life is Strange"-Machern dontnod und das knallbunte "Yooka-Laylee" ehemaliger "Banjo-Kazooie"-Entwickler.

Natürlich bleibt noch immer eine schier überwältigende Menge an hoffnungsvollen potenziellen Indie-Perlen. Hier die zehn Indie-Spiele, auf die sich die GameStandard-Redaktion besonders freut.

Scorn

First-Person-Shooter mit ästhetischen Anleihen an den großen H. R. Giger gibt es wie Sand am Meer, doch "Scorn" geht noch ein paar unappetitliche Schritte weiter in den biomechanischen Albtraum aus Schleim und Horror. Das serbische Entwicklerteam verspricht eine Welt, die selbst ein eindrücklicher Charakter ist – den Videos zufolge dürfte für das Kennenlernen ein guter Magen von Vorteil sein.

Ebb Software

Diluvion

20.000 Meilen unter dem Meer – in diesem Hybrid aus Ozeanerforschung, taktischen Kämpfen, Rollenspiel und Adventure atmet man den Geist des großen Jules Verne. Das ausgesprochen hübsche Debütspiel eines kalifornischen Teams soll eine wahre Wundertüte aus verschiedenen Genres werden und nicht nur durch Stil, sondern auch Atmosphäre und Spieltiefe begeistern. Man darf gespannt sein.

Gambitious Digital Entertainment

Tacoma

Die Macher des Science-Fiction-Abenteuers "Tacoma" sind Indie-Celebritys: Mit "Gone Home" hat das Team aus früheren "Bioshock"-Entwicklern bereits einen zeitlosen Klassiker abgeliefert. Auch in "Tacoma" erforscht man ein menschenleeres Gebäude und versucht, sich einen Reim auf so manche ungelöste Frage zu machen – nur ist es diesmal kein Einfamilienhaus in den 1990er-Jahren, sondern eine riesige Weltraumstation. Schon Anfang des Jahres soll der Weltraumspaziergang erscheinen.

Tacoma

The Signal from Tölva

Eine riesige offene Spielewelt auf einem fremden Planeten, eingängiges Art-Design von Designlegende Ian McQue und eine Rückkehr zu den unvergessenen Qualitäten der "S.T.A.L.K.E.R."-Reihe wie etwa selbstständig agierende NPCs verspricht das Science-Fiction-Spiel der britischen Entwickler Big Robot – der GameStandard hat berichtet.

Jim Rossignol

What Remains of Edith Finch

Das enigmatische First-Person-Abenteuer kämpft sich schon seit ein paar Jahren durch seine Entwicklung, 2017 könnte es so weit sein: Die Macher von "The Unfinished Swan" wollen mit ihrem PS4-exklusiven Spiel eingetretene Pfade verlassen und nicht nur eine, sondern gleich mehrere (Kurz-)Geschichten über eine "verfluchte Familie im Bundesstaat Washington" erzählen. Neben "Tacoma" wohl einer der vielversprechendsten "Walking Simulator" des kommenden Jahres.

PlayStation

Kingdom Come: Deliverance

Mehr Ehrgeiz geht kaum: Das tschechische Studio Warhorse besteht aus Industrieveteranen und klotzt gehörig mit seinem Mittelalterrollenspiel in der First-Person-Perspektive. Besonderer Wert wird auf Realismus gelegt: Im mittelalterlichen Europa gibt es keine Magie, dafür aber jede Menge akkurater Geschichte und mehr authentische Realienkunde als auf jedem Mittelalterfest. Besonders Gehypte können sich schon jetzt in eine beschränkte Betaversion einkaufen, alle anderen warten auf die Fertigstellung 2017.

Warhorse Studios

Manifold Garden

Halb abstrakt-architektonisches Kunstwerk, halb Physikpuzzler: "Manifold Garden", hier mit seinem Macher William Chyr bereits ausführlich vorgestellt, verspricht, etwas ganz Besonderes zu werden. Die unmöglichen Geometrien und die bizarre Physik sollte nicht nur für Schwindel und Staunen, sondern hoffentlich auch originelles Puzzle-Gameplay sorgen.

William Chyr

Absolver

Der absolut gelungene Low-Poly-Style ist nicht das einzig Spannende an "Absolver", denn das Debütspiel eines französischen Studios verspricht auch einen völlig frischen Blick auf den virtuellen Nahkampf: Aus verschiedenen Bewegungen und Angriffen, die im Spielverlauf gefunden werden, lässt sich ein ganz individueller Kampfstil zusammenstellen und in Duellen mit menschlichen Gegenspielern oder im Koop-Kampf gegen böse Monster ausprobieren. "Absolver" ist ein interessantes Hybrid aus Action-MMO, Fighting Game und Rollenspiel – mal sehen, was daraus wird.

PlayStation

Pyre

Supergiant Games haben mit "Bastion" und "Transistor" bereits bewiesen, dass sie große Meister der Verbindung von Ästhetik, Sound und Gameplay sind, mit "Pyre" steht ein weiteres Spiel in Entwicklung, das diese Qualitäten hochhält. Spielerisch soll "Pyre" allerdings neue Pfade beschreiten: Das Rollenspiel im Zeichentrickstil bietet als zentrale Spielmechanik taktische Kämpfe, in denen mit Magie und Köpfchen mit anderen Dreiergruppen um den Sieg gerungen wird. Die Hauptrolle spielt allerdings die Story, die Spielerinnen und Spielern auch Raum für ganz persönliche Momente bieten soll.

Supergiant Games

Perception

Horrorspiele entdecken Blindheit als Spielelement: Wie das vom GameStandard kürzlich vorgestellte "Stifled" konzentriert sich auch das von einem US-amerikanischen Ehepaar mit AAA-Erfahrung bei der "Bioshock"-Schmiede Irrational entwickelte "Perception" auf die Schrecken der Dunkelheit. Da wie dort sorgen sichtbare Schallwellen dafür, dass die gruselige Umgebung dann doch noch zu sehen ist, und in beiden Fällen erwartet Spielerinnen intensive Spannung und Angst im Dunkeln. Augen zu und durch!

Natürlich kratzt eine derartige Zusammenstellung allein schon deshalb nur an der Oberfläche, weil sich viele Indie-Spiele kaum Vorankündigungen oder PR-Kampagnen vor Release leisten. Sicher ist nur eins: Auch 2017 wird ein gutes Jahr für Indie-Spiele. Der GameStandard wird Sie weiter begleiten. (Rainer Sigl)

Bill Gardner