Erfahrungen und Informationen austauschen hilft. Dazu trifft sich das Lungenkrebsforum Austria einmal im Monat. Allein es ist nicht einfach, neue Mitglieder zu gewinnen.

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Wären heute alle Mitglieder da, die nicht mehr unter uns sind, bräuchten wir einen größeren Raum", sagt Franz Buchberger, Obmann des Lungenkrebsforums Austria. Die Selbsthilfegruppe trifft sich in regelmäßigen Abständen im Löwelzimmer im Café Landtmann. Heute ist hier dennoch nur ein Tisch besetzt, fünf Betroffene sind zum Treffen gekommen, zwei davon mit einem Angehörigen. Die restlichen Tische bleiben leer. "Zu Spitzenzeiten kamen zwölf Mitglieder und mehr", sagt Buchberger, der früher selbst an Lungenkrebs erkrankt war, "heute sind es sieben."

"Wir kommen nicht über diesen kleinen Kreis hinaus, obwohl es uns schon seit zehn Jahren gibt", sagt Fritz Jaworsky, Finanzreferent der Gruppe und früher ebenfalls Lungenkrebspatient. Dass nicht mehr Betroffene zur Selbsthilfegruppe kommen, obwohl Lungenkrebs in Österreich bei Männern die zweithäufigste und bei Frauen die dritthäufigste Krebsart ist, und das Lungenkrebsforum engagiert Öffentlichkeitsarbeit betreibt, hat laut Jaworsky mehrere Gründe: "Lungenkrebspatienten haben kein gutes Image in der Bevölkerung." Die erste Frage an einen Erkrankten sei immer: "Haben Sie geraucht?" Das suggeriere vielen Betroffenen, sie seien selbst schuld, auch wenn sie nie geraucht haben, so Jaworsky. "Uns fehlt einfach die Lobby, bei anderen Krebspatientengruppen stehen viele prominente Betroffene dahinter, etwa beim Brustkrebs", sagt Jaworsky.

Krankheit verdrängen

Dazu kommt, dass die Überlebensraten bei Lungenkrebs im Vergleich zu anderen Krebsarten niedrig sind. Und – und das eint vermutlich viele Krebspatienten – "viele wollen nach den Chemotherapien nichts mehr wissen von ihrer Krankheit, sie sind froh, wenn es vorbei oder chronisch geworden ist. Jeder hat seine eigene Art, so etwas zu verarbeiten", sagt Buchberger. Zudem gibt es auch immer wieder Angehörige, die nicht wollen, dass Krebspatienten in die Selbsthilfegruppe kommen. "Ich kenne einen Mann, dessen Frau ihm verboten hat, zu uns zu kommen, weil da ja nur Kranke sind", erzählt eine Teilnehmerin. "Angehörige machen Patienten oft viel Druck", bestätigt auch Buchberger. Doch auch für sie stehen die Türen offen.

Früher, erzählt Buchberger, hätte auch ihn niemand dazu gebracht, zum Treffen einer Selbsthilfegruppe zu gehen. Heute ist das anders, Buchberger ist gemeinsam mit seiner Frau gekommen. "Ich glaube, ich habe unter der Diagnose mehr gelitten als mein Mann", erzählt sie. Besonders schwer sei es ihr gefallen, Bekannten beim Einkaufen Fragen zum Gesundheitszustand ihres Mannes zu beantworten. "Immer wieder haben die Leute dann 'Das wird schon wieder' zu mir gesagt. Doch obwohl sie es gut gemeint haben, konnte ich den Satz nicht mehr hören."

Reden hilft

Menschen in ähnlichen Situationen können besser nachvollziehen, wie sich Betroffene und Angehörige fühlen. "Darum treffen wir uns", sagt Buchberger. Reden hilft – "vor allem, weil viele Ärzte schlechte Kommunikatoren sind", fügt eine Teilnehmerin hinzu. "Manchmal dauert es sehr lange, bis man eine Diagnose bekommt, und dann spricht es niemand aus. Mir hat lange niemand gesagt, dass ich Krebs habe", erzählt eine andere Teilnehmerin.

Hinzu kommen Existenzängste, weil viele Betroffene ihre früheren Berufe nach der Diagnose nicht mehr ausüben können. Über all das wird in der Selbsthilfegruppe gesprochen, aber auch über alltägliche Dinge, heute etwa darüber, wie viel Geld Patienten von der Krankenkasse für eine Wahlarztrechnung zurückbekommen.

Daneben sind Selbsthilfegruppen auch eine Art Patientenvertretung. Auf Kongressen etwa sprechen Vertreter des Lungenkrebsforums im Namen der Patienten. "Wir sind eine Art Gewerkschaft, kümmern uns um die Anliegen der Betroffenen", so Buchberger.

Überleben können

In erster Linie gehe es der kleinen Gruppe, die über die Jahre schon zu einem Freundeskreis geworden ist, aber darum, Betroffenen Hoffnung zu machen. "Wenn man die Diagnose bekommt, fühlt sich das an wie ein Weltuntergang", sagt eine Teilnehmerin. Die Mitglieder der Selbsthilfegruppe wollen zeigen, dass es nicht so ist. "Wir sind der beste Beweis dafür, dass Lungenkrebs zu einer chronischen Krankheit werden kann und dass jemand, der die Diagnose bekommt, immer noch herumblödeln kann so wie wir." (Bernadette Redl, 21.12.2016)