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Bogdan Roščić (52) wird 2020 Direktor der Wiener Staatsoper.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Erste musikalische Meriten erwarb sich Bogdan Roščić zu Hause in der Stahlstadt als Bassist einer nur knapp am Lokalruhm vorbeigeschrammten Hardcore-Punkband. Der 1964 in Belgrad geborene Mann, der 1974 mit seiner Familie nach Linz zog, trug bis in die 1990er-Jahre hinein eine abgewetzte Lederjacke.

Er studierte in Wien Philosophie und Musikwissenschaft und promovierte 1989. Nach dem Studium begann der Herr Doktor über Popmusik und Medien zu schreiben, anfangs in der Tageszeitung "Die Presse". Später wechselte er im Fahrwasser seines dortigen Mentors Franz Manola zum "Kurier". Seine Artikel aus jener Zeit als scharfzüngig zu bezeichnen ist keine große Fehleinschätzung.

Ende 1993, Franz Manola war inzwischen zum ORF gewechselt, wurde Bogdan Roščić zuerst als Musikchef und drei Jahre später auch als Senderchef von Ö3 verhaltensauffällig. Ö3 wechselte damals vom individuell von den Sendungsmoderatoren gestalteten Programm auf computerunterstütztes Formatradio. Zum Opfer fielen unter RoščićsFührung damals die altgedienten Austropop-Stars von Ambros über EAV bis zu Fendrich und Werger. Sie wanderten in die Regionalsender ab. Bogdan Roščić, dessen persönlicher Musikgeschmack zumindest im Popbereich definitiv jenseits des US-geprägten Lalelu-Mainstreams angesiedelt ist, erwies sich während der Exekution der neuen Vorgaben nicht nur als vermeintlicher "Totengräber" des Austropop, sondern vor allem auch als eisenharter Technokrat.

2002 wechselte Roščić erneut die Seiten. Er wurde Österreich-Chef des Unterhaltungsriesen Universal Music, blieb dem ORF aber erhalten. Seine Auftritte als Juror der Castingshow Starmania gelten mindestens als zynisch-pointiert. Schon 2003 wechselte er, privat offenbar der Hochkultur zugeneigt, in den Klassikbereich. Er wurde Leiter der Deutschen Grammophon in Hamburg, es folgte die Decca Music Group in London. Seit 2009 ist er von New York und Berlin aus Chef von Sony Music Classical. Er gilt, auf Sie und Du mit Weltstars wie Anna Netrebko oder Cecilia Bartoli, als bestens vernetzt.

So wie einst bei Hans Krankl scheint die Sehnsucht des Auslandslegionärs nach der guten alten Wienerstadt aber schon länger heftig zu glühen. Mit der Ernennung zum Direktor der Wiener Staatsoper ab der Saison 2020 hat ihm Kulturminister Thomas Drozda diesen Wunsch erfüllt. Beide werden es nicht leicht haben. (Christian Schachinger, 21.12.2016)