Nasa-Astronautin Peggy Whitson kurz vor ihrem Start zur ISS im November 2016. Mit dabei: Mikroorganismen.

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Graz – Wenn Astronauten ins All starten, sind immer auch blinde Passagiere in Form von Mikroben mit an Bord. Sie können auch zur Gesundheitsbedrohung für die Raumfahrer werden. Christine Moissl-Eichinger von der Medizinischen Universität Graz hat Proben von der Internationalen Raumstation ISS untersucht und ist dabei auch auf antibiotikaresistente Bakterien und Archaeen gestoßen.

Auf der ISS haben Forscher bisher schon rund 300 verschiedene Mikroorganismen nachweisen können. Als Vehikel dient vor allem der Mensch, denn jede Person gibt täglich Millionen von Mikroben an seine Umwelt ab – und nimmt ebenso viele auf. Befindet sich das Mikrobiom – also die Gesamtheit aller den Menschen besiedelnden Mikroorganismen – im Gleichgewicht, übernimmt es im Körper wichtige Aufgaben und Funktionen.

Wichtig für Langzeitreisen

Damit in Zukunft langfristige bemannte Raumflüge wie etwa eine Mission zum Mars gesundheitlich schadlos absolviert werden können, sei es daher auch wichtig, die mikrobielle Artenvielfalt und ihre möglichen Veränderungen im All zu kennen und kontrollieren zu können, so die Forscherin. "Uns interessiert die gesamte bakterielle Gemeinschaft an Bord der ISS – wir fragen uns, wie sich die Mikroorganismen an ihr neues Habitat anpassen, ob sich besondere Resistenzen entwickeln", sagte Moissl-Eichinger.

Die Professorin für interaktive Mikrobiomforschung hat zuletzt ältere und neuere Staubproben aus den russischen Modulen der ISS analysiert und die Auswirkungen der Bedingungen auf der ISS auf Diversität und Funktion der Mikroben untersucht. Die Ergebnisse wurden in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins "Microbiome" veröffentlicht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich das Mikrobiom auf der ISS über die Jahre hinweg verändert hat, fasste die Wissenschafterin zusammen.

Auch Archaeen an Bord

"Einige nicht krankheitserregende Bakterien der alten Proben zeigten sich resistent gegenüber Austrocknung und Hitzeschocks", so Moissl-Eichinger. Es stelle sich nun die Frage, ob sie diese Fähigkeiten erst im All erworben haben und wenn ja, wie. Zudem hätten einige Mikroben "eine unerwartete Resistenz gegen manche Antibiotika" gezeigt. Erstmals ist überdies der Nachweis von Archaeen gelungen. Diese Mikroorganismen besiedeln die menschliche Haut, sind aber so widerstandsfähig, dass sie auch in den sehr unwirtlichen Reinräumen der Esa und Nasa gefunden wurden.

Sie dürften laut Moissl-Eichinger mit den bisher auf Bakterien abgestimmten molekularen Detektierungsmethoden übersehen worden sein. Mit den neuen Methoden sei jedoch ein "Nachweis in auffallender Fülle" gelungen. Ob auch diese Mikroorganismen Resistenzen entwickelt haben, beziehungsweise wie lange sie auf der ISS überdauern können, stehe noch nicht fest. Moissl-Eichinger: "Wir sind gespannt auf die Resultate der nächsten Probenentnahme im nächsten Jahr." (APA, red, 22. 12. 2016)