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Mitte Dezember versperrte die Polizei den Zugang zum Parlamentsgebäude in Warschau, unmittelbar davor hatten Demonstranten dessen Ausgänge blockiert.

Foto: Reuters / Agencja Gazeta

Warschau/Wien – Seit mehr als drei Wochen dauert die schwere Parlamentskrise in Polen bereits an, am Montag kam erstmals etwas Bewegung in die verhärteten Fronten. Die rechtsnationale Regierung in Warschau rückte von ihren Plänen ab, den Zugang von Journalisten zum Abgeordnetenhaus einzuschränken.

"Wir machen einen Schritt zurück", erklärte Senatschef Stanisław Karczewski. Die bisher geltenden Arbeitsbedingungen für Reporter sollen demnach doch nicht geändert werden. Ursprünglich hatte die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) geplant, dass nur fünf Fernsehsender die Genehmigung erhalten sollten, Parlamentsdebatten aufzuzeichnen. Sie sollten außerdem aus einem gesonderten Medienzentrum berichten, Foto- oder Videoaufnahmen direkt im Plenarsaal wären dann nicht mehr möglich gewesen. Kritiker warfen der Regierung Zensurbestrebungen vor.

Streit um Budgetabstimmung

Die Pläne hatten zunächst eine doppelte Blockade des Parlaments ausgelöst: Mitte Dezember blockierten Demonstranten von außen die Ausgänge des Sejm, drinnen besetzten Oppositionsabgeordnete das Rednerpult. Während die Proteste auf der Straße mittlerweile abgeflaut sind, dauerte die Besetzung des Plenarsaals zuletzt noch an. Die Abgeordneten, die dort einander rund um die Uhr abwechseln, sorgen aber lediglich für einen symbolischen Protest: Die Weihnachtspause ist noch nicht zu Ende, die erste Parlamentsdebatte ist erst für Mittwoch dieser Woche geplant.

Eine politisch folgenschwere Konsequenz, die ungeachtet des jüngsten Rückzugs der Regierung bis heute für heftige Debatten sorgt, hatte der Aufruhr im Plenarsaal jedoch gleich zu Beginn: Die Abstimmung über das Budget 2017 wurde kurzerhand in einen anderen Saal verlegt, die Opposition behauptet seither, dass der aktuelle Staatshaushalt gar nicht gültig sei: Manche ihrer Abgeordneten seien als anwesend geführt worden, obwohl sie gar nicht im Raum gewesen seien, heißt es. Andere sprechen davon, dass einige Abgeordnete an der Stimmabgabe gehindert worden seien. Das Regierungslager bestreitet das.

Spendenaffäre in der Opposition

Für Kritiker der Regierung mag das Nachgeben der PiS im Streit um die Parlamentsberichterstattung einen Erfolg darstellen, doch die Opposition kämpft derzeit auch mit selbstverschuldeten Problemen: Mateusz Kijowski, Chef des außerparlamentarischen Komitees zum Schutz der Demokratie (KOD), ist kürzlich wegen missbräuchlicher Verwendung von Spenden in die Kritik geraten. Er soll Spenden von umgerechnet 21.000 Euro zu einer ihm gehörenden IT-Firma umgeleitet haben.

Kijowski spricht von einer "sehr unglücklichen Angelegenheit", beruft sich jedoch auf offene Rechnungen aus einem alten Arbeitsvertrag mit dem KOD. Die Regierung fordert von den Oppositionsparteien dennoch, die Verbindungen zum KOD zu kappen. Gerade das KOD war zuletzt ein wichtiger Organisator der Straßenproteste, mit denen die Bürgergesellschaft unter anderem ein fast völliges Verbot von Abtreibungen zu Fall gebracht hatte. (Gerald Schubert, 9.1.2017)