Im Zuge der internen SPÖ-Querelen verlässt Sonja Wehsely die Wiener Stadtregierung und wechselt in die Wirtschaft.

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Wien – Die Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) tritt zurück und wechselt zu Siemens. Entsprechende Informationen des STANDARD wurden am Freitag von dem deutschen Konzern bestätigt. Auch Wehsely selbst bestätigte ihren Rückzug bei einer Pressekonferenz. Am 26. Jänner wird sie laut eigenen Angaben zum letzten Mal im Gemeinderat erscheinen. Ihre neue Tätigkeit beginnt dann im April: "Das ist eine riesige und neue Herausforderung, die ich gerne annehme."

Wehsely wird mit 1. April in das globale Services-Team von Siemens Healthineers wechseln. Sie übernimmt in Deutschland eine Führungsstelle im Services-Geschäft der Siemens Healthcare GmbH. Sie wird künftig dafür verantwortlich zeichnen, neue Services-Wachstumsfelder zu identifizieren und sie zur Marktreife zu bringen. Bereits vor einigen Monaten sei das Engagement bei dem deutschen Konzern konkreter geworden.

"Mit ihren Kompetenzen aus der Gesundheitspolitik erweitert sie in einmaliger Weise unser globales Services-Team, das wir konsequent weiter auf- und ausbauen, um das Geschäft innerhalb unseres strategischen Wachstumsfeldes Services systematisch für unsere Kunden in den globalen Gesundheitsmärkten weiterzuentwickeln", sagte Matthias Platsch, President of Services bei Siemens Healthineers.

Wehsely war seit 1996 Abgeordnete zum Wiener Landtag. Im Juli 2004 wurde sie Integrationsstadträtin, im Jänner 2007 übernahm sie das Gesundheitsressort.

Häupl: "Habe vollstes Verständnis"

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) wurde laut Wehsely erst am Freitag kurz vor Verkündung des Rücktritts von ihr persönlich informiert. Er habe ihr versichert, dass nicht geplant gewesen sei, sie demnächst von ihrem Posten abzuberufen. "Ich habe vollstes Verständnis für die Entscheidung, nach 13 Jahren in der Wiener Stadtpolitik neue Herausforderungen in der Privatwirtschaft anzunehmen. Ich bedanke mich bei Sonja Wehsely für ihre engagierte Arbeit und wünsche ihr alles Gute für ihren weiteren Weg", sagte Häupl.

Über die Nachfolge wird laut Häupl bei der SPÖ-Vorstandstagung in der kommenden Woche entschieden. Zuletzt war Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien, als möglicher Wehsely-Nachfolger kolportiert worden – obwohl er bereits abgewunken hat.

FPÖ und ÖVP jubeln

Der Abgang der Gesundheitsstadträtin sorgte am Freitag für Jubel bei der Wiener Opposition. Die FPÖ sieht einen "ersten Schritt in die richtige Richtung", die ÖVP gar einen "Glückstag". Der grüne Koalitionspartner hofft indes auf eine rasche Nachfolgeregelung.

"Nachdem heute bestätigt wurde, dass Stadträtin Wehsely Wien und damit auch ihren Posten als Gesundheitsstadträtin endgültig verlassen wird, zeichnet sich ein Silberstreif am Horizont ab", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Jetzt sei der Weg endlich frei für jemanden, "der sein Fach versteht".

In Jubelstimmung zeigte sich auch die ÖVP. "Unsere massive und mehr als berechtigte Kritik an den zahlreichen Baustellen von Sonja Wehsely – angefangen bei der ausufernden Mindestsicherung, der völlig dilettantischen Gesundheitspolitik, dem Milliardengrab Krankenhaus Nord bis hin zur nicht vorhandenen Kontrolle in Wiens Kindergärten – hat nun endlich zu Konsequenzen geführt", sagte Parteichef Gernot Blümel.

Neos: Rücktritt "Chance für Neustart"

Etwas zurückhaltender reagierten die Neos, Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger dankte Wehsely "für ihr grundsätzliches Bemühen". Ihr Rücktritt berge eine "Chance für einen Neustart bei den vielen Baustellen im Gesundheits- und Sozialbereich dieser Stadt". Handlungsbedarf sehen die Neos vor allem bei Gangbetten und "überfordertem" Personal sowie bei den Kosten des Krankenhauses Nord.

Grüne wollen rasche Nachfolge

Die Grünen erklärten indes, Wehselys Entscheidung sei zu respektieren. "Ich wünsche ihr alles Gute für ihren weiteren Weg. Ich habe sie als harte, aber faire Verhandlerin erlebt", sagte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Wichtig sei jetzt vor allem, "dass unser Koalitionspartner rasch ein arbeitsfähiges Team auf die Beine stellt. Da vertraue ich auf Bürgermeister Häupl."

Laut Vassilakou seien nun für "wichtige Aufgaben im Sozialbereich" rasche Lösungen nötig. Bei der Mindestsicherung gehe sie davon aus, dass "die bisherigen Vereinbarungen, die der Bürgermeister auch schon öffentlich angedeutet hat, halten". Häupl hatte kürzlich wissen lassen, dass die noch von Wehsely angedachte Wartefrist für Neuzuzügler nicht kommen wird.

Zu Wort meldete sich am Freitag auch das Team Stronach. Robert Lugar, Klubchef im Parlament, wertete den Wechsel der Stadträtin zu Siemens als "unethisch". Schließlich gebe es ein Naheverhältnis des Unternehmens zu den städtischen Spitälern. (gra, APA, 13.1.2017)