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Große Glasflächen werden immer beliebter. Der Energieeffizienz schade das nicht, heißt es seitens der Fensterbranche. Auch eingebaute Lüftungen sind ein Trend.

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Christian Klinger ist Miteigentümer und Unternehmenssprecher der Firma Internorm.

Foto: internorm

STANDARD: Wer neue Fenster bekommt, muss auch seinen Wohnstil ändern. Warum?

Klinger: Ältere Fenster sind meist etwas undicht, dadurch werden die Räume automatisch belüftet. Werden alte gegen neue Fenster ausgetauscht und lüften die Bewohner auch weiterhin nur selten – weil sie es nicht anders gewohnt sind -, kann Schimmel entstehen, erst recht, wenn dann auch noch viel geduscht wird und dadurch noch mehr Feuchtigkeit in der Luft liegt. Als Faustregel gilt: Zweimal pro Tag, zwei bis drei Minuten lang lüften. Leider denken gerade jetzt im Winter viele, dass sie während des Lüftens "beim Fenster hinausheizen". Das stimmt allerdings nur, wenn man es falsch macht: Beim Lüften entweicht zwar die warme Luft tatsächlich nach draußen, danach heizt sich der Raum aber relativ schnell wieder auf. Wer sein Fenster hingegen für einen halben Tag gekippt lässt, verschwendet viel Wärme.

STANDARD: Es gibt auch schon Fenster mit integrierter Lüftung. Was bringt das?

Klinger: Das ist für viele vor allem eine Frage der Sicherheit. Wer in einem exponierten Bereich wohnt, will sich vor Einbrechern schützen, also die Fenster geschlossen halten, aber trotzdem lüften können. Außerdem ist eine solche Lüftung attraktiv für Allergiker. Es können Pollenfilter oder Hausstaubfilter eingesetzt werden.

STANDARD: Wie funktioniert diese integrierte Lüftung?

Klinger: Durch kleine Schlitze strömt frische Luft in den Raum. Dabei gibt es vier Stufen. Ist die höchste Stufe eingestellt, wird in wenigen Minuten die komplette Raumluft ausgetauscht, das ist zwar auch relativ laut, aber für Raucher eine gute Option. Auf der niedrigsten Stufe hört man die Lüftung quasi gar nicht, das ist die beste Option für nachts. Zweimal pro Jahr muss der Filter unter fließendem Wasser gereinigt werden.

STANDARD: Spielt das Thema Sicherheit tatsächlich eine so große Rolle?

Klinger: Ja. Wer noch nie Opfer eines Einbruchs war, denkt vorher kaum daran und ärgert sich danach, weil er keine Vorkehrungen getroffen hat. Wir wissen: Ein Einbrecher, der nach 30 Sekunden nicht ins Haus kommt, zieht zum Nachbarhaus weiter. Das heißt: Wer ein Mindestmaß an Einbruchsschutz beim Fensterkauf berücksichtigt, ist auf der sicheren Seite. Mit nur wenig Aufwand kann ein Fenster so eingerichtet werden, dass der Einbrecher zwei Minuten lang nicht ins Innere des Hauses kommt.

STANDARD: Fenster und Glasflächen werden immer größer. Wie wirkt sich das auf den Energiebedarf für Heizen und Kühlen aus?

Klinger: Mit richtigem Sonnenschutz sind große Fensterflächen kein Problem – auch nach Süden hin. Der sogenannte effektive U-Wert setzt Wärmeverluste und Wärmegewinne durch Sonneneinstrahlung in ein Verhältnis. Eine Untersuchung der Donau-Uni Krems hat gezeigt, dass dieser Wert bei einem Fenster in alle Himmelsrichtungen besser war als bei einer gut gedämmten Wand. An einem anderen Standort, der getestet wurde, hat nur auf der Nordseite die Wand besser abgeschnitten als das Fenster. Das beweist: Es ist thermisch günstig, sowohl was Heizen als auch Kühlen anbelangt, ein Haus mit möglichst vielen Fenstern und wenigen Wänden zu bauen. Natürlich braucht das Fenster aber einen Sonnenschutz. In heizintensiven Monaten kann ein Fenster aber auch mitheizen, das wird oft unterschätzt.

STANDARD: Im Hochsommer klagen viele über hohe Temperaturen in den eigenen vier Wänden. Fenster mit Sonnenschutz wirken dem entgegen. Wie legt man ihn an?

Klinger: Beim innenliegenden Sonnenschutz – einer Jalousie oder einem Vorhang – heizt sich das Fenster auf und wirkt wie ein Heizkörper. Außenliegender Sonnenschutz ist daher eine kluge Option, weil man sich dadurch die Hitze nicht ins Innere holt. Es gibt sogar Systeme, etwa spezielle Lamellen auf Raffstores, die das Licht an die Decke leiten und die Wohnräume damit ausleuchten oder es wieder nach draußen lenken. Dadurch kann das Fenster geöffnet sein, ohne dass der Raum von der Sonne aufgeheizt wird. Wer auch abends die Fenster offen lassen will, muss sich allerdings einen Insektenschutz zulegen.

STANDARD: Und welche Option gibt es für Altbauten und Sanierer?

Klinger: Sogenannte Verbundfenster, bei denen der Sonnenschutz zwischen zwei Scheiben liegt. Sie werden eingesetzt, wenn für außenliegenden Sonnenschutz der Platz fehlt.

STANDARD: Stichwort Smart Living. Wie smart sind Fenster heute?

Klinger: Der Trend geht dahin, dass Sonnenschutz und Belüftung von Fenstern smart gesteuert werden. Ein Sensor misst die Sonneneinstrahlung und fährt den Sonnenschutz im Sommer tagsüber automatisch herunter und im Winter nach oben. Auch die integrierte Fensterlüftung wird mit Smartphone oder Tablet gesteuert. Aber auch dafür gibt es Sensoren. Wenn CO2-Werte und Feuchtigkeit zu hoch sind, wird die Steuerung automatisch aktiv. Auch Heizung und Sonnenschutz können über WLAN miteinander kommunizieren.

STANDARD: Was werden Fenster in Zukunft können?

Klinger: Es wird Scheiben geben, die sich selbst verdunkeln. Außerdem werden Fenster in ferner Zukunft wie lichtdurchlässige Leinwände funktionieren. Wer eine schlechte Aussicht hat, kann sich dann die Live-Bilder einer Webcam, etwa aus dem sonnigen Italien, via Internet auf das Fenster holen. Der Wohnort muss nicht mehr die Aussicht bestimmen. (Bernadette Redl, 18.1.2017)