Peter Westenthaler im Gerichtssaal.

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Wien – Der ehemalige FPÖ- und BZÖ-Politiker Peter Westenthaler ist am Freitagabend im Wiener Landesgericht für Strafsachen im zweiten Rechtsgang wegen schweren Betrugs und Untreue als Beteiligter zu zweieinhalb Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Zehn Monate wurden unbedingt ausgesprochen, 20 bekam der 49-Jährige unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen.

Zugleich verkündete die Vorsitzende des Schöffensenats, Marion Hohenecker, dass bei Westenthaler der elektronisch überwachte Hausarrest "erst nach Vorliegen der zeitlichen Voraussetzungen infrage kommt". Der ehemalige Spitzenpolitiker müsste demnach erst die Hälfte seines unbedingten Strafteils – fünf Monate – verbüßen, ehe er überhaupt die Fußfessel beantragen kann. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Westenthalers Anwalt Thomas Kralik meldete dagegen umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Westenthaler erschüttert

Der Ex-Politiker zeigte sich nach der Urteilsverkündung erschüttert und äußerte Unverständnis über die ergangene Gerichtsentscheidung. Unter Verweis auf den ersten Rechtsgang, in welchem er im März 2015 noch von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen worden war, meinte er: "Es ist höchst an der Zeit, dass man sich über die Justiz Gedanken macht."

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte im März 2015 das Ersturteil wegen Begründungsmängeln aufgehoben und einen zweiten Rechtsgang angeordnet. "Ich kann dieses Urteil nicht nachvollziehen", bemerkte Westenthalers Verteidiger Thomas Kralik zu dessen Ausgang. Und weiter: "Ich bin fassungslos über die mangelnden zivilrechtlichen Kenntnisse dieses Strafgerichts."

Bedingte Haftstrafe für Kornhoff

Westenthalers ehemaliger Co-Vorstand bei der Bundesliga, Thomas Kornhoff, wurde wegen schweren Betrugs ebenfalls schuldig erkannt zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihm wurde seine Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen. Der Senat begründete das mit seiner untergeordneten Beteiligung. Westenthaler habe bei den betrügerischen Handlungen "die tragende Rolle gespielt", stellte Hohenecker fest.

In dem Verfahren war es um zwei Anklagepunkte gegangen. Einerseits um eine auf einer Scheinrechnung basierende Zahlung der Österreichischen Lotterien in Höhe von 300.000 Euro an das BZÖ vom Sommer 2006, andererseits um die angeblich missbräuchliche Verwendung einer dem Fußball-Nachwuchs zugedachten Millionen-Subvention an die Bundesliga. Diese hatte der Nationalrat im Dezember 2004 genehmigt.

Freispruch in erster Instanz

Im Unterschied zum ersten Rechtsgang, der für beide Angeklagte mit Freisprüchen geendet hatte, kam der nunmehrige Schöffensenat zum Schluss, dass Westenthaler und Kornhoff in ihrer Funktion als Vorstände der österreichischen Fußball-Bundesliga die Million widmungswidrig verwendet hatten, indem sie damit eine für die Bundesliga existenzbedrohende Drittschuldnerklage mittels eines außergerichtlichen Vergleichs aus der Welt schafften.

Der von den Angeklagten zu verantwortende schwere Betrug sei "objektiviert", der Tatbestand "mit eindeutiger Sicherheit" erfüllt, sagte Richterin Hohenecker in der Urteilsbegründung. Unter Anspielung auf das neu zusammen gesetzte Gericht bemerkte sie weiter: "Nach einem Schiedsrichterwechsel ist es der Anklagebehörde gelungen, diesbezügliche Zweifel für jeden Laien auszuräumen."

Kontakte genutzt

Peter Westenthaler habe zunächst "seine politischen Kontakte für seine Belange bzw. die der Bundesliga genützt" und eine Subvention des Bundes erwirkt, fasste Hohenecker die gerichtlichen Feststellungen zusammen. Diese Million, die vom Nationalrat in Form eines Budgetüberschreitungsgesetzes abgesegnet wurde, hätte angesichts der bevorstehenden Europameisterschaft 2008, die in der Österreich und in der Schweiz ausgetragen wurde, zur Förderung der Nachwuchsfußballer eingesetzt werden sollen.

Westenthaler habe jedoch anderes im Sinn gehabt und den Aufsichtsrat der Bundesliga getäuscht: "Der Erstangeklagte hat es geschafft, dem Aufsichtsrat weiszumachen, dass eine Komplementärförderung vorliegt. Und den Österreichischen Fußballbund (ÖFB) hat man dumm sterben lassen." Westenthaler habe "nur ein Ziel vor Augen" gehabt, so Hohenecker: "Die Bilanz der Bundesliga auf Kosten des Steuerzahlers zu sanieren. Dafür hat er auch nicht vor Täuschungshandlungen zurückgeschreckt."

Kornhoff sei ab Beschlussfassung des Nationalrats in Westenthalers Tatplan eingeweiht gewesen, habe diesen mitgetragen und "tatkräftig unterstützt", befand die Richterin. "Der ÖFB wurde über die wahre Verwendung der Mittel getäuscht", erklärte Hohenecker.

"Tatbeitrag zur Untreue"

Hinsichtlich der 300.000 Euro-Zahlung der Lotterien ans BZÖ habe Westenthaler einen "kausalen Tatbeitrag zur Untreue begangen", erklärte die Richterin. Westenthaler, der nach dem Ende seiner Tätigkeit bei der Bundesliga im Juni 2006 zum Obmann des BZÖ gekürt wurde, habe wenige Wochen später das Ausstellen einer Rechnung an die Lotterien veranlasst, obwohl er wusste, dass dieser keine geldwerte Leistung zugrunde lag.

Die Lotterien zahlten nämlich für eine neunseitige Pseudo-Studie über Responsible Gaming, die später von einem Gerichtssachverständigen als inhaltlich wertlos eingestuft wurde. Ein enger, mittlerweile verstorbener Vertrauter Westenthaler soll sie übers Wochenende aus dem Internet zusammengestoppelt haben.

Zur Strafbemessung bemerkte Hohenecker, das "dolose Verhalten eines ehemaligen Spitzenkandidaten" sei "kein Kavaliersdelikt und dürfe aus general- und spezialpräventiven Gründen "nicht ungesühnt bleiben". Bei Westenthaler bedürfe es daher des Vollzugs eines Teils der über ihn verhängten Strafe.

Westenthaler klagt über Belastung

Westenthaler, der wie Kornhoff bis zuletzt vehement sämtliche Anschuldigungen von sich wies, hatte dagegen versichert, er habe als BZÖ-Obmann mit der Finanzgebarung gar nichts zu tun gehabt und sei mit der gegenständlichen Zahlung folglich nicht befasst gewesen. Das gegen ihn geführte Strafverfahren sei für ihn eine enorme finanzielle, psychische und physische Belastung gewesen und habe ihn einen sechsstelligen Euro-Betrag gekostet, resümierte der 49-Jährige in seinem Schlusswort.

Er habe als Bundesliga-Vorstand niemanden betrogen und geschädigt: "Es gab nicht ein mal ansatzweise einen Tatplan." Vielmehr habe er "nach bestem Wissen und Gewissen" für den Fußball gearbeitet habe, der ihm stets mehr bedeutet hätte als die Politik: "Jetzt kann ich es ja sagen." Die Arbeitsbedingungen bei der Bundesliga seien nicht gerade rosig gewesen. In einem "Container-Zubau beim Happel-Stadion" habe er gewerkt, "wo du geglaubt hast, er fliegt dir um die Ohren, wenn du reingehst."

Der 49-Jährige und sein Verteidiger gaben sich beim Verlassen des Gerichtsgebäudes kämpferisch. "Es gibt eine dritte Halbzeit", meinte Kralik, während sich Westenthaler von Journalisten mit "Wir sehen uns im dritten Rechtsgang" verabschiedete. Michael Dohr, der Rechtsbeistand von Kornhoff, meldete ebenfalls Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Oberstaatsanwältin Bettina Schreiber gab zu den Urteilen vorerst keine Erklärung ab.