Vorhofflimmern ist weit verbreitet und geht oft mit anderen Erkrankungen einher, etwa bei mangelnder Nierenleistung. So beträgt die Prävalenz von Vorhofflimmern bei Hämodialysepatienten in Wien 26,5 Prozent und liegt damit weit über internationalen Einschätzungen von zehn bis 15 Prozent. Zu diesem Ergebnis kam eine multizentrische Studie um Oliver Königsbrügge, Ingrid Pabinger und Cihan Ay von der klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie an der Med-Uni Wien in Zusammenarbeit mit Marcus Säemann von der 6. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital und den Dialyseeinheiten in Wien.

In der Studie unter dem Akronym Vivaldi (Vienna InVestigation of AtriaL fibrillation and thromboembolism in hemoDIalysis patients) untersuchen die Forscherinnen und Forscher das klinisch-wissenschaftliche Spannungsfeld des Risikos für Schlaganfälle und thromboembolische Komplikationen bei Hämodialysepatienten, insbesondere bei jenen mit Vorhofflimmern.

In der aktuellen Arbeit, die jüngst im Fachjournal "PLOS One" publiziert wurde, konnten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter mit einer Kohorte von 626 Patientinnen und Patienten ein repräsentatives Abbild der gesamten Wiener Dialysebevölkerung von circa 850 Betroffenen abgeben und mittels direkter Patientenbefragung und umfangreicher Recherche die Prävalenz von Vorhofflimmern genauer erheben als in bisherigen Untersuchungen aus dezentralen, nationalen Registern oder Datenbanken von Versicherungsträgern.

Medikamentöse Defizite

"Wir konnten feststellen, dass die Prävalenz von Vorhofflimmern mit dem Alter zunimmt und unter männlichen Patienten besonders verbreitet ist", beschreibt Oliver Königsbrügge, "aber trotz des Risikos für Schlaganfälle, das von Vorhofflimmern ausgeht, wird nur die Hälfte der Betroffenen mit einem Medikament zur Hemmung der Blutgerinnung therapiert."

Marcus Säemann, Vorstand der 6. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital: "Vorhofflimmern kommt extrem häufig bei Dialysepatienten vor, wodurch ein überdurchschnittlich hohes Schlaganfallrisiko entsteht. Bislang existieren jedoch immer noch keine guten Richtlinien zur adäquaten Therapie dieser häufigen Morbidität."

Denn: "Die Behandlung des Schlaganfallrisikos mit gerinnungshemmenden Medikamenten ist bei Dialysepatienten erschwert, da auch ein überaus großes Blutungsrisiko besteht und viele neue Medikamente zur Schlaganfallprophylaxe bei Hämodialysepatienten nicht zugelassen sind", erklärt Studienleiter Cihan Ay.

Die aktuelle Studie greift ein fächerübergreifendes internistisches Problem auf und weist auf die unterschätzte Rolle der Begleiterkrankung Vorhofflimmern für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit terminalem Nierenversagen hin. In Folgeuntersuchungen der Vivaldi-Studie werden Risikofaktoren für Thromboembolien, Schlaganfälle und Blutungen prospektiv untersucht. (red, 16.1.2017)

Originalpublikation:

Prevalence of atrial fibrillation and antithrombotic therapy in hemodialysis patients: Cross-sectional results of the Vienna InVestigation of AtriaL fibrillation and thromboembolism in patients on hemoDIalysis (Vivaldi)