Wegschauen darf BWB-Chef Theodor Thanner nicht, wenn es um verbotene Preisabsprachen geht.

Foto: APA / Georg Hochmuth
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Wien – Bankomatgebühren, Gesundheit, Bestattungswesen und Luftfahrt – der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird auch 2017 nicht fad. BWB-Chef Theodor Thanner erwartet am 31. Jänner den Schlussbericht über die Bankomatenbranche. Das Zahlungsdienstleistungsgesetz bringe wohl mehr Transparenz bei Kartengebühren, aber man spüre bereits den Bankomatrückbau und Änderungen in der Versorgungsdichte der Bevölkerung, sagte Thanner am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Insbesondere im ländlichen Raum stehe oft nur ein Bankomat pro Ortschaft zur Verfügung, das sei zu berücksichtigen bei der Gewährleistung der Grundversorgung. Gezeigt habe sich allerdings auch, dass die Konsumenten "sehr, sehr wenig wissen über die Kosten, die ein Konto verursacht".

Unübersichtlicher Luftraum

Aktuell beschäftigt die BWB die extrem hohe Konzentration in der Luftfahrt in Europa, Stichwort Air Berlin, Lufthansa und Tuifly: Lufthansa mietet Maschinen von der angeschlagenen Air Berlin. Wiewohl durch den Rückzug von Air Berlin zahlreiche Europa-Flüge wegfallen, stelle allein der Umstand, dass Lufthansa Flugzeuge von Air Berlin anmiete, keinen Tatbestand für eine Fusionskontrolle dar. "Man versucht um die Fusionskontrolle herumzufliegen", sagt Thanner, "aber ich habe gelernt, dass Flugzeuge für eine Airline keine wesentlichen Betriebsmittel sind".

Einen "No-Action-Letter" wie von der EU-Kommission habe die BWB der Lufthansa für das Flugzeug-Leasing nicht gegeben, dazu sei die Gemengelage Lufthansa, Tuifly, Air Berlin und Alitalia (plus deren Großaktionär Etihad) zu unübersichtlich. Die Pflicht, einen Deal anzumelden, liege grundsätzlich bei den Akteuren, mahnt Thanner. Sobald sich Marktanteile verschieben, können und werden die Wettbewerbshüter prüfen und gegebenenfalls Bußgelder verhängen. Ryanair hat Bedenken angemeldet. Ein sanktionierbarer Sachverhalt sei derzeit aber nicht sichtbar. Nicht herumkommen werde man um eine Zusammenschlussprüfung dann, wenn Slots, also Flugrechte, übertragen werden, stellt der BWB-Chef klar.

Bestatter vergraben Preise

Branchenuntersuchungen wird die BWB heuer über Gesundheitswesen und Bestatter machen. In der stark interessengetriebenen Gesundheitsbranche gehe es um "wettbewerbsrechtliche Phänomene" wie Preisabsprachen, Gebietsschutz und Monopole ebenso wie um Versorgung im ländlichen Raum. Ob dies rechtfertige, dass ein Grippemittel in der Apotheke 16 Euro kostet, übers Internet aber nur 8,80 Euro, sei fraglich.

Auch den Bestattern will die BWB auf den Zahn fühlen. Hier gehe es vor allem um Transparenz. Der Aufforderung, alle Preise auf der Website zu veröffentlichen, sei nur die Bestattung in St. Georgen an der Gusen nachgekommen. Auch hier seien die Spannen "enorm" und zahlreiche Anbieter in öffentlicher Hand.

Weiterer Schwerpunkt: Onlinegeschäftsmodelle wie der Taxidienst Uber und die Zimmerbuchungsplattform Airbnb, gegen die teils abenteuerliche Hürden wie feuerpolizeiliche Auflagen aufgebaut würden, die wettbewerbsrechtlich nicht halten.

Whistleblower willkommen

Um an Informationen zu kommen, will die BWB eine Whistleblower-Hotline einrichten. Gelindert hat der Gesetzgeber die Personalnot. Die BWB hat nun zehn Planposten mehr, das Budget wurde von 3,7 auf 4,9 Millionen Euro aufgestockt. Mit 46 Mitarbeitern sei man im Vergleich zu anderen Ländern aber immer noch sehr, sehr schlank. (ung, 17.1.2017)