Zur adäquaten Versorgung von Schmerzpatienten fehlen in Österreich Strukturen und Ressourcen.

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Qualvoller Begleiter vieler Erkrankungen ist der Schmerz. 1,5 Millionen Menschen leiden in Österreich an verschiedenen Formen chronischer Schmerzen. Bei 350.000 Österreichern haben sie sich in eine eigene Schmerzkrankheit verselbstständigt. Sie führen zu körperlichen, seelischen und sozialen Beeinträchtigungen.

Diese Zahlen der Betroffenen unterscheiden sich verhältnismäßig nicht von jenen aus anderen Ländern – den Unterschied macht hierzulande die Versorgung der Patienten. Sie ist "beschämend schlecht, Österreich hinkt hinterher", hieß es dazu von Experten bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der Österreichischen Schmerzwochen.

Insgesamt gibt es in Österreich 40 sogenannte Schmerzambulanzen. "Konkret heißt das, dass in jenen Einrichtungen ein Anästhesist einige Stunden pro Woche Schmerzpatienten behandelt", erklärt Wolfgang Jaksch, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft und Mediziner am Wilhelminenspital in Wien. Entsprechende Angebote wurden jedoch vielfach reduziert beziehungsweise diese Zentren gänzlich geschlossen. "Etwa auch das AKH hat seinen Schmerzdienst reduziert und geht somit mit schlechtem Beispiel voran", kritisiert Rudolf Likar vom Klinikum Klagenfurt und Generalsekretär der Gesellschaft.

Besserung nicht in Sicht

Als Gründe dafür werden zu wenig Personal und mangelnde zeitliche Ressourcen genannt. "In derselben Zeit haben sich in Deutschland die Angebote an multimodaler Schmerztherapie verdoppelt", sagt Gabriele Grögl von der Rudolfstiftung und Vizepräsidentin der Schmerzgesellschaft, "in Österreich fehlen Strukturen und Ressourcen im niedergelassenen und ambulanten Bereich". Die Experten kritisieren vor allem, dass sich – so macht es zumindest den Anschein – die Situation für Schmerzpatienten auch in Zukunft nicht verbessern dürfte. "Im Strukturplan Gesundheit, der aktuell als Rohentwurf vorliegt, kommt das Thema Schmerzen kaum vor, eine Verbesserung der schmerzmedizinischen Versorgung ist nicht in Sicht", sagt Grögl.

Schwerpunktthema der heurigen Schmerzwochen ist die postoperative Schmerztherapie. 1,2 Millionen Operationen werden in Österreich jährlich durchgeführt. Die Zahlen zeigen: Zehn Prozent der Patienten entwickeln nach einer Operation chronische Schmerzen. Das liegt vor allem daran, dass die Verantwortlichkeiten für die Schmerztherapie in Spitälern häufig nicht geklärt sind, so die Experten. "Meist fühlt sich niemand zuständig, dabei verkürzt eine gute Therapie die Behandlungsdauer, und das wirkt sich auch auf die Volkswirtschaft positiv aus", so Likar.

Gemeinsam mit verschiedenen Berufsverbänden hat die Österreichische Schmerzgesellschaft ein Positionspapier ausgearbeitet, das Spitalsabteilungen dabei unterstützen soll, Schmerzmanagement vor, während und nach einer Operation optimal zu gestalten. "Werden Patienten schon vorher aufgeklärt und in die Therapie miteinbezogen, sind sie im Nachhinein zufriedener", sagt Jaksch.

Patienten aufklären

Eine neue Broschüre soll ebenfalls aufklärend wirken. Darin beschrieben: Was sind Schmerzen? Welche Funktion haben sie? Wie werden Schmerzen behandelt? Welche Nebenwirkungen gibt es?

Aufklärung über chronische Schmerzen scheint essenziell zu sein, denn, so Jaksch, "etwa die Hälfte der Patienten traut sich nicht, die Schmerzen anzusprechen, weil sie glauben, dass das einfach dazugehört. Diesem Verhalten muss man einen Riegel vorschieben." Patienten müssten aktiv vom medizinischen Personal nach Schmerzen gefragt werden, denn "sie sind ein Vitalparameter wie der Blutdruck".

Wichtig ist dieses Nachfragen insbesondere bei Frauen nach einem Kaiserschnitt – sie haben mitunter die stärksten aller Schmerzen – und Patienten mit kleineren Eingriffen, etwa Blinddarmoperationen. Jaksch: "An die Schmerzen wird dabei meist nicht gedacht, dabei verursachen auch kleine Eingriffe große Schmerzen." (Bernadette Redl, 19.1.2017)