In jungen Jahren etwa riskieren: "Jugendliche wollen schlicht neue Erfahrungen machen und probieren sich aus", sagt Wouter van den Bos, Erstautor der Studie.

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Berlin – Mit dem Snowboard die eisige Piste runter brettern, ungeschützter Sex, Zigaretten, Alkohol oder andere Drogen ausprobieren – Jugendliche neigen Studien zufolge stärker zu impulsivem und risikoreichem Verhalten als Erwachsene.

Wissenschafter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung haben nun untersucht, warum Jugendliche eher bereit sind Risiken einzugehen. Das zentrale Ergebnis: Junge Menschen haben weniger Interesse an Informationen, die ihnen helfen würden, die Risiken ihres Verhaltens besser einzuschätzen als etwa Erwachsene oder Kinder. Sie haben eine geringere Motivation sich zu informieren und geben sich mit weniger Wissen zufrieden.

Das könnte auch erklären, warum Informationskampagnen, die Jugendliche über bestimmte Risiken aufklären sollen, – wie beispielsweise Drogenmissbrauch – oft ins Leere laufen. "Es liegt nicht daran, dass Jugendliche kognitiv nicht in der Lage sind, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Sie wollen schlicht neue Erfahrungen machen und probieren sich aus", kommentiert Erstautor Wouter van den Bos vom Forschungsbereich "Adaptive Rationalität" des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung das Ergebnis der Studie.

Die Jugend ansprechen

An der Untersuchung nahmen 105 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 8 und 22 Jahren an verschiedenen Glückspielen teil, bei denen ein bestimmter Geldbetrag gewonnen werden konnte. Die Probanden hatten entweder vollständige Informationen über die Höhe des Gewinns und seine Eintrittswahrscheinlichkeit (Entscheidung unter Risiko), oder sie kannten die Höhe des Gewinns, hatten aber unvollständige Informationen über die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens (Entscheidung bei Uneindeutigkeit bzw. Ambiguität). Die dritte Option war, dass den Versuchspersonen die Höhe des Gewinns sowie seine Eintrittswahrscheinlichkeit unbekannt waren. In diesem Fall hatten sie aber die Möglichkeit, weitere Informationen einzuholen (Entscheidung bei Unsicherheit). Zusätzlich wurden die Teilnehmer zu ihrem persönlichen Risikoverhalten befragt.

Es zeigte sich, dass Jugendliche es eher akzeptieren, keine eindeutige Vorstellung über die Wahrscheinlichkeit möglicher Ereignisse zu haben und auch bei extremer Unsicherheit weniger nach Informationen suchen. Diese Toleranz des Ungewissen erreicht seinen Höhepunkt im Alter zwischen 13 und 15 Jahren, schreiben die Forscher. Im Gegensatz zu den Entscheidungen, bei denen alle Informationen vorlagen, stimmte das Risikoverhalten der Jugendlichen bei Uneindeutigkeit (Ambiguität) und Unsicherheit mit ihrem selbst eingeschätzten Risikoverhalten überein.

Selbst wenn Jugendlichen Informationen leicht zugänglich sind, zeigen sie nur eine geringe Motivation, sich mit diesen zu beschäftigen. "Diese Erkenntnis müsste in die Konzeption von Interventionen miteinfließen, wenn man Jugendliche wirklich erreichen möchte", betont Ko-Autor Ralph Hertwig. "Erfolgversprechender als Informationskampagnen könnte zum Beispiel sein, Jugendlichen die Konsequenzen ihres riskanten Verhaltens in einer virtuellen Umgebung konkret erfahrbar zu machen". (red, 19.1.2017)