Die Magensäure ist essentiell für die Verdauung und den Schutz vor Keimen. Allerdings kann sie auch nachteilige Effekte haben – etwa wenn säureempfindliche Medikamente eingenommen werden müssen. Das ist bei Wirkstoffen auf Proteinbasis oder einigen Antibiotika der Fall. Soll die Substanz erst im Darm resorbiert werden, reicht eine magensaftresistente Beschichtung oder Kapselung.

Wenn das Medikament seine Wirkung aber bereits im Magen entfalten muss – beispielsweise für die Behandlung von Magengeschwüren oder einer Bakterieninfektion mit Helicobacter pylori –, wird es üblicherweise mit Protonenpumpen-Hemmern kombiniert, die die Produktion der Magensäure blockieren. Über längere Zeit verwendet, können diese aber Nebenwirkungen verursachen: Dazu zählen Kopfschmerzen, Durchfall und Müdigkeit, in einigen schweren Fällen waren das auch Angstzustände, Depressionen oder die Muskelerkrankung Rhabdomyolyse.

Forscher der University of California San Diego in den USA haben nun einen neuartigen Ansatz zur Neutralisierung von Magensäure vorgestellt, der diese Nebenwirkungen vermeidet, und gleichzeitig als Wirkstofftransporter dient, der seine Fracht erst freigibt, sobald der benötigte pH-Wert erreicht ist.

Mikro-U-Boote für den Magen

Dabei handelt es sich um winzige "U-Boote", die im Magen schwimmen, Magensäure als Treibstoff verwenden, diese dabei neutralisieren und dann das Medikament passgenau beim gewünschten pH-Wert freisetzen. Das Prinzip basiert auf protonenangetriebenen Mikromotoren mit einer pH-abhängigen Polymerschicht, die mit Wirkstoffen beladen werden kann.

Zur Herstellung der Motoren werden 20 Mikrometer kleine Magnesiumkügelchen mit einer Nanolage Gold und anschließend mit einem pH-sensitiven Polymer beschichtet, in das der Wirkstoff eingebettet ist. Da die Kügelchen während der Beschichtung auf einem Glasträger aufliegen, bleibt eine kleine Stelle des Magnesiumkerns frei. Unter Verbrauch von Protonen kommt es zu einer elektrochemischen Reaktion, bei der Magnesiumionen entstehen und Wasserstoff in Form winziger Bläschen freigesetzt wird.

Die Bläschen erzeugen einen Rückstoß, der die Motoren antreibt. Diese Bewegung sorgt für eine effektive Durchmischung der Flüssigkeit. Das ermöglicht eine rasche Reaktion: In weniger als 20 Minuten nach Verabreichung der Mikromotoren sollte das Magenmilieu einen neutralen pH-Wert haben. Ist dieser erreicht, löst sich das Polymer auf und setzt den Wirkstoff frei. Zusätzlich verstärkt der Antrieb das Eindringen der Mikrotransporter in die Magenschleimhaut. Dadurch verlängert sich die Zeit, in der der Wirkstoff im Magen zurückgehalten wird. Den Forschern zufolge wird die Magenfunktion nicht beeinträchtigt, der normale pH-Wert stellt sich innerhalb von 24 Stunden wieder ein. (red, 24.1.2017)