Keine Angst, wenn Sie glauben vierfach zu sehen: Die helle Scheinkonstellation in der Mitte zeigt den Quasar HE0435-1223. Der Gravitationslinseneffekt einer vor ihm liegenden Galaxie führt dazu, dass wir vier Bilder von ihm sehen, die sich um die Galaxie zu gruppieren scheinen.

Foto: ESA/Hubble, NASA, Suyu et al.

Lausanne – In den späten 1920er-Jahren untersuchte der US-Astronom Edwin Hubble Galaxien, die sich von unserer Milchstraße wegbewegen. Dabei fiel ihm auf, dass sich diejenigen schneller entfernten, die am weitesten weg von der Erde lagen – weil sich das Universum ausdehnt. Mit seinen Berechnungen zur Ausdehnungsrate des Weltalls legte er die Grundlage für die Konstante, die später nach ihm benannt wurde.

Ein internationales Forschungskonsortium hat diese Hubble-Konstante nun mit einer neuen Methode gemessen. Ihre Ergebnisse befeuern einen Widerspruch zwischen verschiedenen Messungen der vergangenen Jahre und werfen damit grundlegende Fragen auf.

Quasare als Messhilfen

Das Forschungskonsortium mit der einprägsamen Bezeichnung "H0LiCOW" (für "H0 Lenses in COSMOGRAIL's Wellspring") berichtet in insgesamt fünf Fachartikeln in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" von der Entwicklung einer neuen Methode, um die Hubble-Konstante präzise zu messen.

Sie basiert auf der Beobachtung von Quasaren – supermassereichen Schwarzen Löchern in der Mitte von Galaxien, deren abgestrahlte Energiemenge unregelmäßig flackert. Dabei nutzte das H0LiCOW-Konsortium den Gravitationslinseneffekt: Die enorme Masse von Galaxien krümmt das Licht dahinterliegender Objekte – hier eines Quasars – um sich herum wie eine Linse. Dadurch erscheint ein einzelner Quasar künstlich vervierfacht und bildet mit der Galaxie davor ein meist nicht ganz perfektes "Kreuz" aus fünf Punkten.

Das Licht des Quasars ist in jedem dieser vier Bilder ein bisschen unterschiedlich lang zur Erde unterwegs. Diese Verzögerungen hängen wiederum mit der Hubble-Konstante zusammen. Indem die Forschenden die Zeitabstände maßen, mit denen das Flackern des Quasars in den verschiedenen "gelinsten" Bildern auftauchte, konnten sie die Hubble-Konstante errechnen.

Die Dunkle Energie dräut wieder

Die so vorgenommene Messung bestätigt die Ergebnisse einer Methode, die auf der Vermessung von sehr hellen, pulsierenden Sternen (Cepheiden genannt) und Sternenexplosionen beruht. Sie widerspricht jedoch dem Resultat von Messungen des Planck-Satelliten der europäischen Weltraumagentur ESA aus dem Jahr 2015, die auf dem kosmischen "Nachrauschen" des Urknalls beruhen.

Möglicherweise sei dies ein Hinweis auf eine neue Physik, hieß es von Seiten der an H0LiCOW beteiligten ETH Lausanne (EPFL). Die Spannung könne auf Faktoren jenseits des kosmologischen Standardmodells hinweisen, insbesondere auf etwaige neue Formen der Dunklen Energie, sagte der EPFL-Astrophysiker Frederic Courbin. (APA, red, 26. 1. 2017)