"Ho&Ruck" ist ein sozialökonomischer Betrieb in Innsbruck. Solche Angebote sollen in den kommenden Jahren noch mehr forciert werden.

Foto: Florian Lechner

Frage: Die Regierung plant eine Entlastung für Betriebe, die zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Sie bekommen bis zu drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenkosten erstattet. Wie viel ersparen sie sich damit konkret?

Antwort: Ein paar Beispiele: Ein Arbeitgeber stellt einen Mitarbeiter mit einem Bruttogehalt von 2.000 Euro im Monat ein. Inklusive Lohnnebenkosten muss er derzeit aber 2.580 Euro zahlen. Tritt die Neuregelung wie geplant in Kraft, erspart sich der Arbeitgeber monatlich 290 Euro. Bei einem Mitarbeiter, der brutto 3.000 Euro verdient, liegt die Entlastung bei 435 Euro monatlich. Refundiert werden die Beträge von der staatlichen Förderbank AWS. Laut Finanzministerium stehen bis 2019 jährlich maximal 500 Millionen für diesen Beschäftigungsbonus zur Verfügung. Im Kanzleramt rechnet man aber nur mit Kosten "im unteren bis mittleren dreistelligen Millionenbereich".

Frage: Wie viele Jobs werden tatsächlich zusätzlich geschaffen?

Antwort: Eine Milliarde an Entlastung bei den Lohnnebenkosten bringt laut Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien ungefähr 7.000 Jobs und eine Senkung der Arbeitslosigkeit um 0,1 Prozentpunkte. Eine Entlastung von einigen Hundert Millionen Euro würde also nur einen Bruchteil der Jobs bringen. Was noch zu bedenken ist: Die Zahl der Beschäftigten wuchs auch schon bisher. "Es ist eine nette Geste für Betriebe, man fördert damit aber viele, die die Leute sowieso eingestellt hätten", sagt der Ökonom Herbert Walther von der Wirtschaftsuni Wien. Er hätte daher eine Entlastung von Kleinverdienern bei den Sozialabgaben bevorzugt. Zudem sind viele Details offen – etwa: Wann kann man in Saisonbetrieben mit stark schwankenden Mitarbeiterzahlen von zusätzlichen Jobs sprechen?

Frage: Die Regierung will 200 Millionen Euro in die Förderung von über 50-jährige Langzeitarbeitslose stecken. So sollen 20.000 Jobs bei gemeinnützigen Firmen und Vereinen geschaffen werden. Kann man da etwas dagegen haben?

Antwort: Walther und Hofer halten solche Initiativen grundsätzlich für sinnvoll, weil Langzeitarbeitslosigkeit auch ein soziales Problem ist. Im Vergleich zu anderen Maßnahmen seien öffentliche Beschäftigungsprogramme aber die am wenigsten erfolgreichen, verweist Hofer auf internationale Studien. Der Übergang in den regulären Arbeitsmarkt gelinge nicht sehr häufig. Zudem rechnen die Ökonomen, aber auch AMS-Chef Johannes Kopf damit, dass es – zumindest teilweise – zu einer Verdrängung "normaler" Jobs kommt. Der Erfolg des Modells hänge sehr stark von der regionalen Kreativität und dem Organisationstalent der Gemeinden ab, meint Kopf.

Frage: Die Seniorenvertreter kritisieren schon, dass der Kündigungsschutz für Ältere gelockert werden soll. Was ist hier geplant?

Antwort: Firmen müssen darauf Rücksicht nehmen, dass Ältere nur noch schwer eine Arbeit finden, wenn sie kündigen. Wer heute einen 50-Jährigen einstellt, muss zwei Jahre warten, bis er ihn mit der Begründung, er sei "nicht mehr ausreichend belastbar", kündigen kann, sagt Wolfgang Mazal vom Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Wien. Künftig könnte ihn die Firma gleich kündigen. Mazal meint aber, dass auch die bisherige Regelung "de facto keine Wirkung" hatte, die Änderung sei daher "reine Kosmetik".

Frage: Die Regierung schlägt auch die Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor. Ähnlich wie vor der Osterweiterung möchte man eine Arbeitsmarktprüfung. In Branchen mit hoher Arbeitslosigkeit sollen nur Ausländer arbeiten dürfen, wenn sich kein Inländer findet. Was sagen Experten dazu?

Antwort: AMS-Chef Kopf hält "persönlich nichts von diesem Vorhaben". Österreichs Betriebe würden in besonderer Weise vom EU-Binnenmarkt profitieren. Er befürchtet, dass sich andere Länder mit einer Einschränkung der Warenfreiheit revanchieren könnten. Es ist freilich ohnehin unwahrscheinlich, dass die EU-Kommission einen Vorschlag Österreichs aufgreifen würde, und es dafür auch noch eine qualifizierte Mehrheit (55 Prozent der Länder, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren) gibt. Und selbst wenn das gelingen würde, könnte der Europäische Gerichtshof eine solche Lohnschutzklausel (Copyright SPÖ) kippen. Darauf hat der Europarechtler Walter Obwexer bereits hingewiesen. In diesem Fall wäre nur noch eine Änderung der EU-Verträge möglich, der alle EU-Staaten zustimmen müssten, was noch unwahrscheinlicher ist. Ökonom Walther spricht daher von einer "Marketingmaßnahme". (sat, go, 31.1.2017)