Johannes Grohs und Alexander Beinhauer brauen nicht nur ihr eigenes Bier, sie verkaufen auch alle Zutaten und Utensilien, die man zum Brauen benötigt.

Beer Store Vienna

Im Beer Store Vienna finden Hobbybrauer unzählige Malze.

Foto: Beer Store Vienna

Rund acht Stunden dauert es, bis aus Malz, Wasser, Hopfen und Hefe eine Flüssigkeit entsteht, die später zu Bier wird. Das ist sowohl bei einer großen Brauerei als auch bei den vielen kleinen Mikrobrauereien so, von denen es hierzulande immer mehr zu geben scheint. Recht anschaulich wird der gesamte Prozess des Bierbrauens Interessierten bei den sogenannten Brautagen in der Craft-Beer-Brauerei Brauwerk nähergebracht. Dass Menschen offenbar nicht nur gerne Bier trinken, sondern auch wissen wollen, wie es hergestellt wird, zeigt sich an den Teilnehmerzahlen.

Während viele Ehefrauen ihrem Gatten den Brautag schenken, weil sie wissen, dass er gerne Bier trinkt, gibt es auch Teilnehmer, die ein ehrliches Interesse am Brauen haben. Diesen erzählt Silvan Leeb einen Tag lang alles über Bier. Der Münchner hat Brauwesen in Weihenstephan studiert, bevor er nach Wien gekommen ist. Mittlerweile ist er zweiter Braumeister bei Ottakringer, der großen Schwester von Brauwerk.

Silvan Leeb überprüft mittels Jod-Test die Umwandlung von Stärke in Zucker nach dem Maischen.
Foto: Alex Stranig

An diesem Freitag braut der Bierexperte ein leichtes IPA, eine der Hausmarken, mit den Teilnehmern. Am Anfang steht immer das Maischen. Dafür wird Malz mit Wasser vermischt und unter Rühren erwärmt.

Expertengespräche

Für manche der Anwesenden keine große Neuigkeit, beschäftigen sie sich doch bereits länger mit dem Brauen. "Wir haben schon unser eigenes Bier gebraut. Im Moment gärt es in der Flasche, und ich bin gespannt, wie es wird", sagt Martin Lindemann. Der studierte Chemiker gehört zu den vielen Hobbybrauern, die zu Hause brauen. Klein habe er begonnen – mit einem Glühweinkocher. Sollte er dranbleiben, wolle er sich Schritt für Schritt mit professionellerem Equipment ausstatten, erzählt er.

"Bierbrauen ist keine große Kunst. Es ist egal, ob man tausend oder zwanzig Liter braut – der Vorgang ist immer der gleiche. Wichtig ist, dass man Dinge ausprobiert und immer besser wird. Was anderes machen wir hier auch nicht", sagt Leeb.

Nach einem genauen Rezept fügen dei Teilnehmer unter Silvan Leebs Anleitung den Hopfen hinzu.
Alex Stranig

Wer also erst einmal das passende Equipment und die Zutaten zu Hause hat, kann mit dem Brauen beginnen. Genauigkeit ist aber unerlässlich, will man am Ende sein selbstgebrautes Bier ausschenken. Es gibt unzählige Bücher und Internetforen, die sich mit Homebrewing beschäftigen, und die Szene der Hobbybrauer ist größer, als man vermuten würde.

Bier-Experten

In Wien betreiben Johannes Grohs und Alexander Beinhauer den Vienna Beer Store, ein Fachgeschäft für Bierliebhaber. Neben unterschiedlichen nationalen und internationalen Bieren bieten sie auch alles an, was man zum Bierbrauen benötigt. Rohstoffe wie Malz und Hopfen findet man hier ebenso wie Brausets, mit denen das Brauen in der eigenen Küche möglich ist. Die Geschäftspartner haben einander über das Hobbybrauen kennengelernt. "Ich habe mit einem 20-Liter-Kessel begonnen, damals noch mit Malzextrakt. Nachdem ich gemerkt habe, dass mir das Spaß macht, habe ich angefangen, semiprofessionell Bier zu brauen", sagt Grohs. Alexander Beinhauer wollte hingegen gleich mit Gerstenmalz, Hopfen und Hefe brauen, wie er sagt.

Selbst ist der Brauer

Doch woher kommt die Motivation, sein eigenes Bier zu brauen? "Ich wollte selbst entscheiden, was in meinem Bier ist. Außerdem will ich Biere trinken, die komplex sind. Fruchtbiere sind so ein Beispiel", sagt Beinhauer. Auch wenn Männer zur Hauptklientel der Bierspezialisten gehören, ist es nicht ungewöhnlich, dass auch immer wieder Frauen Interesse am Hobbybrauen zeigen. Schaut man sich die Geschichte an, waren es nicht immer Männer, die für das Bierbrauen verantwortlich waren.

"Früher haben Frauen Bier gebraut, wie sie Brot gebacken haben. Erst später wurde das Bierbrauen industrialisiert", erzählt Grohs. "Die unterschiedliche Herangehensweise ist spannend. Während Frauen meist schon genau wissen, wie das Bier am Ende schmecken soll, nehmen es unsere männlichen Kunden manchmal nicht so genau. Da wird auch mal die Rezeptur spontan geändert."

Es gibt eine große Auswahl an Trockenhefepäckchen.
Beer Store Vienna

Dass man sich vor allem beim Homebrewing nicht an irgendwelche Normen wie das deutsche Reinheitsgebot halten muss, ist für viele Hobbybrauer verlockend. Die geschmackliche Bandbreite ist schier unendlich. So werden nicht nur unterschiedliche Malze und Hopfensorten verwendet, es werden auch Ingredienzien hinzugefügt, die dem Bier ganz eigene Geschmacksnoten verleihen sollen. Das können Kräuter oder auch Früchte sein.

Am Ende sollte das Bier aber noch trinkbar und nicht zu ausgefallen sein. "Man will ja ein Bier machen, das man gerne trinkt und nicht nur herzeigt. Dafür ist es zu schade", sagt Grohs.

Bier statt Champagner

Auch Vadim Lyakin hat sich dem Hobbybrauen verschrieben. Der Diplom-Biersommelier, der im normalen Leben für eine Wiener Privatbank arbeitet, braut regelmäßig sein eigenes Bier. Wie die meisten Hobbybrauer setzt er auf Flaschennachgärung. Dabei werden die Flaschen mit einem Kronkorken verschlossen, und das Bier gärt in der Flasche bis zur Trinkreife. In Lyakins Fall sind es für ein Bier ungewöhnliche Flaschen. "Ich fülle mein Bier in 750-Milliliter-Champagnerflaschen. Man gibt dem Produkt eine gewisse Wertigkeit. Wenn man die Flasche öffnet und Freunden ausschenkt, sieht man, dass es sich hier nicht um ein Bier handelt, das man einfach runterkippt", sagt Lyakin.

Schließlich stehe er ein bis zwei Tage in der Garage, um 50 Liter zu brauen. Die Reaktionen auf sein Bier seien sehr spannend. "Manche Leute sind überrascht und fasziniert, wenn man ein selbstgebrautes Bier öffnet und das klassische Zischgeräusch beim Entweichen der Kohlensäure entsteht. Für viele ist es unerklärlich, wie ein normaler Mensch es schafft, ein kohlensäurehaltiges Getränk zu erzeugen", sagt Lyakin. Was wie Magie zu wirken scheint, ist also eigentlich ganz einfach – zumindest für passionierte Hobbybrauer. (Alex Stranig, RONDO, 3.2.2017)