Er habe so ein "Bauchgefühl", sagt der Kärntner ÖVP-Chef Christian Benger. Was einen durchaus verwundert. Denn man muss sich fragen, was dieser Landespolitiker überhaupt noch spürt.

Er habe in die Bevölkerung reingehört und das Gefühl bekommen, dass dieser eine Satz im Entwurf der neuen Landesverfassung von den Kärntnerinnen und Kärntnern abgelehnt werde. Deshalb müsse er wieder entfernt werden. Jetzt sollte man als Beobachter einmal tief Luft holen und diesen Satz, der angeblich ganz Kärnten in Atem hält, in aller Ruhe wirken lassen: "Die Fürsorge des Landes gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen." Na bumm. Welche Brisanz.

Benger ist allen Ernstes der Meinung, dass diese Passage, die er selbst noch vor Monaten reinreklamiert hatte, Kärnten spalten würde. Er sei "kein Hetzer", aber dies sei ein "psychologisches Thema". Er und seine ÖVP wollen jetzt eine Umformulierung – ohne jegliche slowenische Andeutung. Diese Rückwärtsrolle der ÖVP hat alle überrascht. Auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist von dieser Kärntner Zirkuseinlage seines Koalitionspartners ÖVP kalt erwischt worden.

Peter Kaiser ist gerade dabei, mit der rot-schwarz-grünen Koalition das Land Kärnten nach den existenzbedrohenden Krisenjahren wieder aufzurichten. Und plötzlich holt die ÖVP den alten Volksgruppenkonflikt wieder aus der Mottenkiste. Das Thema ist im Grunde ja erledigt. Landespolitisch spielt es keine Rolle mehr. Vielleicht im Süden Kärntens noch, in der einen oder anderen Gemeinde.

Wesentlich zur Beruhigung beigetragen hatten der ehemalige Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) und Exstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), die 2012 den Ortstafelstreit beigelegt hatten. Warum Christian Benger jetzt diesen längst beigelegten Volksgruppenstreit wieder anzünden will, kann nur mit politischer Panik einigermaßen rational erklärt werden. Benger steht mit seiner Partei – schlechte Umfragen im Rücken – ziemlich unter Druck. Landtagswahlen nahen, und man will vielleicht den Freiheitlichen in Sachen "Volksgruppen" etwas vorlegen.

Wobei: Seine Beweggründe sind allesamt nicht von Belang. Von Bedeutung ist nur, dass Benger mit diesem politischen Amoklauf nicht nur seine Partei, sondern auch das Land Kärnten und die Reputation von Politikern – sofern noch Reste davon vorhanden sind – nachhaltig beschädigt. (Walter Müller, 6.2.2017)