Schon bis 2021 sei eine Angleichung der Gesundheitsleistungen für alle Versicherten möglich, sagen die Grünen.

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Wien – 36 Kranken-, fünf Pensions- und vier Unfallversicherungen gibt es in Österreich. "Aus 45 mach 3", fordern nun die Grünen. In Zukunft solle für die drei Versicherungsarten nur noch jeweils ein Träger übrig bleiben. Bei den Krankenkassen sei eine Reduktion von 36 auf eine einzige bis 2021 möglich, wenn man es nur wolle, sagte Sozialsprecherin Judith Schwentner am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Bei der Pensionsversicherung könne die Zusammenlegung auf eine Anstalt bis 2024 durchgezogen werden.

Alle gleich

Ziel des Vorstoßes: Alle Versicherten sollten in Zukunft dieselben Beiträge zahlen müssen und dafür Zugang zu denselben Leistungen haben. Auch Einsparungseffekte in Höhe von geschätzten 70 Millionen Euro jährlich erwarten die Grünen von einer Zusammenlegung. Diese sollten jedoch innerhalb des Systems umgeschichtet und etwa zur Finanzierung von Therapien herangezogen werden.

Geht es nach Schwentner, sollten die Versicherungsleistungen unabhängig von Faktoren wie dem Wohnort gelten. Auch Unterschiede zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen sollten aufgehoben werden. Bei den Pensionsversicherungen würden im Zuge einer Vereinheitlichung beispielsweise Beitragssätze und Höchstbeitragsgrundlagen angeglichen werden, bei Gesundheitsleistungen geht es unter anderem um Therapiemaßnahmen.

Kritik an Mehrfachversicherung

Viele Versicherte würden sich im jetzigen Beitrags- und Leistungssystem nicht mehr auskennen, so Schwentner. Ein Problem seien vor allem Mehrfachversicherungen. Das betrifft Personen, die mehrere versicherungspflichtige Tätigkeiten ausüben, zum Beispiel Nebenerwerbslandwirte. Als Beispiel nannte sie einen Fall, in dem ein Mann zweimal kranken-, dreimal unfall- und dreimal pensionsversichert sei.

Obwohl auch SPÖ und ÖVP wüssten, dass Reformen notwendig seien, herrsche in der Regierung eine Dauerblockade, so Schwentner. Im Sozialausschuss des Nationalrats sollen kommende Woche entsprechende Anträge der Grünen debattiert werden.

Rückenwind erhoffen sie sich durch Ergebnisse einer von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) in Auftrag gegebenen Effizienzstudie, die Mitte des Jahres vorliegen soll. Darauf verweist auch ein Sprecher des Sozialministeriums. Das Ziel einheitlicher Leistungsniveaus teile man. Es sei nicht einzusehen, wieso unterschiedliche Beiträge etwa aufgrund der Postleitzahl zu zahlen sind.

Drehen an kleinen Schrauben

Im neuen Regierungsprogramm findet sich zum Thema Sozialversicherungsträger nur eine konkrete Maßnahme. Sie betrifft die Mehrfachversicherungen. Wird bei Einzahlung in mehrere Kassen die Höchstbeitragsgrundlage (derzeit rund 5000 Euro pro Monat) überschritten, soll der Differenzbetrag in Zukunft automatisch rückerstattet werden. Das betrifft aber nur Gutverdiener.

Für Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher von der Med-Uni Wien wäre eine Kürzung auf nur eine Krankenkasse sehr radikal: "Es muss bei Optimierungen immer um eine möglichst gute Versorgung für alle gehen, und nicht in erster Linie um die Form." Möglichkeiten einer sinnvollen Anpassung gebe es mehrere, etwa eine Zusammenlegung auf neun regionale Kassen. (smo, 9.2.2017)