Enten, Schaukelpferde, Vibratoren oder Falco-Devotionalien. Sind Sammler schräge Vögel oder kleine Kuratoren? Wir fragten vier Zeitgenossen nach dem Grund für die wundersame Vermehrung von Objekten ihrer Begierde.

Mich von Dingen zu trennen stellt ein großes Problem für mich dar. Ich kann einfach nicht loslassen. Deshalb besitze ich von allen Objekten, die ich gern habe, mindestens zwei Stück. Zur Sicherheit, falls irgendetwas nicht mehr erhältlich ist.

Hinzu kommt, dass ich Kondome liebe, Latex, Vibratoren und alles drum herum, auch Scherzartikel. Habe ich in meinem Geschäft von einem Produkt nur mehr zwei Stück im Regal, werden diese aufgehoben. Da kommt in 20 Jahren schon eine beachtliche Sammlung zusammen. Irgendwann haben dann auch Freunde und Bekannte begonnen, mir Kondome aus aller Herren Länder mitzubringen.

Tausende Kondome, Dildos und seltene Vibratoren sammelt Ingrid Mack. Das alles lässt sich in einem kleinen Museum besichtigen.
Foto: Nathan Murrell

Im Museum unter meinem Geschäft, wo ich auch Führungen veranstalte, gibt es mittlerweile neben vieler anderer Erotika 10.000 verschiedene Kondome. Es gibt Präservative, die Musik spielen, zum Beispiel den Hochzeitsmarsch. Ein Kondom trägt den Namen 'Skandal', ein anderes, sehr altes, ist aus Baumwolle gefertigt und wurde mit verschiedenen Tinkturen eingestrichen. 2004 fing es dann mit dem Sammeln von Vibratoren an.

Es geht bei all dem nicht nur um die Anhäufung von Objekten. Mir ist es wichtig, diesen Aspekt der Sexualität zu erforschen und zu dokumentieren. Es ist erstaunlich, wie sich in der Geschichte prüde und sexuell lockere Phasen immer wieder abgewechselt haben. Heute herrscht eine neue Prüderie vor. Man spricht nicht über Sex, lässt sich nicht in die Karten schauen, hat Ängste und Probleme. Ein Grund dafür ist, dass Sexualität überall und nirgends ist.

Mit der Sammlung verhält es sich wie mit meinem Geschäft. Es ist mir als Sexualpädagogin ein Bedürfnis, Menschen zu einer freudvollen Sexualität zu verhelfen und Dinge aus Tabuzonen herauszuholen. An Vibratoren bringe ich es mittlerweile auf gut 50 Stück. Der älteste datiert mit 1920.

Flohmarktfunde

Ursprünglich stammen Vibratoren aus dem ärztlichen Bereich. Viele Frauen wurden mit diesen Objekten gegen die sogenannte 'weibliche Hysterie' behandelt, indem die erogenen Zonen durch Bewegung stimuliert und Spannungen abgebaut werden sollten. Vor gut 100 Jahren gab es sie dann auch im Hausgebrauch. Verschickt wurden sie in kleinen Köfferchen und als 'Manipulatoren' beworben. Auf alten Werbesujets sieht man Frauen, die sich mit dem Gerät die Wange massieren, als Tarnung sozusagen. Mein Lieblingsstück ist ein Vibrator, der aus Bakelit gefertigt wurde. Ich habe ihn auf einem Flohmarkt in Berlin gefunden. Apropos: Viele Flohmarkttandler wissen gar nicht, was sie da für Geräte verkaufen. Was mir fehlt, ist ein Vibrator, der wie ein Handquirl mit der Hand betrieben wird. An so etwas ist leider nur sehr schwer heranzukommen.

Die Menschen reagieren unterm Strich sehr positiv auf mein Faible, sie sind neugierig und fasziniert. Mit meinen Sammlungen war ich übrigens auch bei der 'Langen Nacht der Museen' dabei – ein Bombenerfolg. Über 1.000 Leute waren zu Besuch. Ein Vibrator, einer der ersten Stabvibratoren, war in der erfolgreichen Schau "Sex in Wien" im Wien-Museum am Karlsplatz zu sehen.

Manche Stücke sind so absurd wie lebensnah. Ich denke mir im Zusammenhang mit den Objekten auch Geschichten aus. Ich habe zum Beispiel einen ganz kleinen Vibrator, der seinerzeit um 256 Schilling von einem Mann für seine Frau per Nachnahme bestellt wurde. Das war in den 50er-Jahren. Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich das entdeckt habe. Das steht alles auf dem Päckchen drauf. Was mit der Sammlung in ferner Zukunft passiert, weiß ich noch nicht. Ich könnte mir vorstellen, sie einem Museum zu vermachen.

Ausprobiert hab ich aus der Sammlung übrigens noch keinen Vibrator. Ich traue mich nicht. Ich hätte Angst, dass im gesamten sechsten Bezirk der Strom ausfällt, wenn ich so ein altes Stück anstecke." (Michael Hausenblas, RONDO, 10.2.2017)

Ingrid Mack ist Inhaberin des Erotikfachgeschäfts "Liebenswert – feminine Lebensart", Esterhazygasse 26, 6. Bezirk.

www.liebens-wert.at

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