Das Parlament, abgedeckt wegen Renovierungsarbeiten: Die Korruptionsbekämpfer fordern vom Hohen Haus mehr Transparenz ein.

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Wien – Dank der privaten Plattform "Meine Abgeordneten" bekamen die Österreicher 2011 erste Einblicke in die vielen Nebenjobs der Parlamentarier. Denn erst seit 2013 ist das Melden der Nebengeschäfte für sie Pflicht. Für Marion Breitschopf, Projektleiterin der Plattform, ist der neueste Antikorruptionsbericht des Europarats eine Genugtuung: "Alle unsere Forderungen wurden eins zu eins übernommen."

Denn am Montag rief die Staatengruppe gegen Korruption, kurz Greco genannt, Österreich, seit 2006 Mitglied, zu mehr Anstrengungen im Kampf gegen Bestechung von Mandataren auf. Nicht nur was Geschenke, Zuwendungen und Begünstigungen betreffe, gebe es "Schattenzonen".

Verhaltenskodex für Abgeordnete

So erlaube das hiesige Antikorruptionsgesetz, zwar nur Geschenke unter einem Wert von hundert Euro anzunehmen, doch damit könnten etwa Vorzugsbehandlungen nicht beziffert werden. Dazu forderte die Expertengruppe einen Verhaltenskodex für die Abgeordneten festzuschreiben, in dem Regeln rund um Kontakte mit Dritten angeführt werden, die ihre Entscheidungen beeinflussen könnten. Darunter fallen etwa Gespräche mit Lobbyisten, Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen.

Verschärft werden sollte außerdem die Meldung der Nebeneinkünfte, damit Schulden und Vermögen der Abgeordneten transparent werden. In die Meldepflicht einbezogen werden sollten Ehegatten und Kinder, wobei deren Angaben "nicht unbedingt veröffentlicht werden müssen", wie es im Bericht heißt. Außerdem vermissen die Experten effektive Kontrollen und Sanktionen bei Verstößen.

Der grüne Vize-Klubchef Albert Steinhauser will hier schon bis zum Sommer Nägel mit Köpfen machen, obwohl Österreich bis 30. April nächsten Jahres Zeit hat, die Empfehlungen umzusetzen. Im STANDARD-Gespräch spricht er sich für Sanktionen gegen meldefaule Abgeordnete aus – von Aufforderungen, ihre Nebeneinkünfte transparent zu machen, über Abmahnungen bis hin zu Geldstrafen. Ähnlich sehen das die Neos, deren Vize-Klubchef Nikolaus Scherak: "Das Parlament muss selbstbewusst genug sein, alle Informationen offenzulegen." Seine Fraktion fordert hier, wie bei der Parteienfinanzierung, Geldstrafen bei Nichteinhaltung. Und auch das Team Stronach drängt auf "totale Transparenz – vor allem für die Regierungsparteien". Klubchef Robert Lugar meint, dass man bei der Offenlegung von Nebenjobs sogar mit den Steuerbehörden zusammenarbeiten könnte.

Nur FPÖ skeptisch

Den Freiheitlichen ist das zu viel. Harald Stefan ist der Meinung, dass der öffentliche Druck auf Abgeordnete als Regulativ genügt. "Die schlimmste Sanktion ist die Öffentlichkeit", sagt er. "Wir können nicht detektivisch arbeiten und wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu weit gehen."

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder verspricht, dass die Nebenjobs "ein Thema in der Präsidiale" sein werden. Dort wurde vereinbart, dass die Klubdirektoren mit Experten die Greco-Empfehlungen diskutieren, demnächst wollen die Parteien Gespräche miteinander aufnehmen. ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker will "alles, was in meiner Macht steht tun, dass alle Bereiche des Berichts abgearbeitet werden" – dazu zähle etwa auch die schärfere Ahndung der Geschenkannahme.

Transparente Gesetzeswerdung

Transparenz-Pionierin Breitschopf fordert, dass es einheitliche Regeln für alle Institutionen geben soll – auch für Landtage. "Derzeit kann das jeder so handhaben, wie er will", kritisiert sie. Damit die Angaben überprüft werden können, soll aus ihrer Sicht eine unabhängige Stelle eingerichtet werden, das würde den Druck von den Abgeordneten aber auch den Parlamentsmitarbeitern nehmen. Doch bei vorsätzlicher Verschleierung von Nebenjobs kann sie sich sogar einen Mandatsverlust vorstellen.

Aus Sicht der Korruptionsbekämpfer kann auch das Lobbyingverbot für Abgeordnete allzu leicht umgangen werden – etwa indem sie offiziell auch in der Öffentlichkeitsarbeit oder als Anwalt tätig sind. Steinhauser bemängelt außerdem, dass das Lobbyistenregister bis heute nicht öffentlich einsehbar ist, sodass sich Staatsbürger, Journalisten und Politiker kein ausreichendes Bild machen können. Die Neos sind für eine Erweiterung des Lobbyistenbegriffs, sodass etwa auch Gewerkschafter registriert werden.

Ginge es nach den Grünen und den Neos, soll bei Gesetzwerdungsprozessen überhaupt alles transparent gemacht werden, wo Interessenkonflikte bestehen könnten. (Marie-Theres Egyed, Nina Weißensteiner, 13.2.2017)