Bild nicht mehr verfügbar.

Besonders Dieselautos belasten die Luftqualität.

Foto: dpa/Alexander Ruesche

Der grüne Umweltsprecher Rüdiger Maresch will Autos mit einer schlechteren Abgasklasse als Euro 6 aus der Stadt zu verbannen.

Foto: Robert Newald

Wien – Die Wiener Grünen sind unzufrieden mit den Maßnahmen, die die Stadt für den Umweltschutz und gegen die Feinstaubbelastung gesetzt hat. So wollte die Stadt in den vergangenen Jahren durch ein verstärktes Carsharing-Angebot, die Förderung von E-Mobilität und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie eine Ausdehnung des Parkpickerls das Problem in den Griff bekommen. Fakt ist jedoch: "Wir haben es nicht in den Griff bekommen", sagte der grüne Umweltsprecher Rüdiger Maresch am Donnerstag.

Denn bereits in den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden 19 Überschreitungen des von der EU verordneten Feinstaubgrenzwerts gemessen. So sieht die EU in ihrer Luftqualitätsrichtlinie einen Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter als Tagesmittelwert vor, wobei 35 Überschreitungen zulässig sind. Im österreichischen Immissionsschutzgesetz-Luft hat man sich auf 25 Überschreitungen geeinigt. "Schon Mitte Februar wurden die Grenzwerte in Wien öfter überschritten als in den beiden Vorjahren", sagt Maresch. 2015 und 2016 ist es pro Jahr an allen Wiener Messstellen zu maximal 14 Überschreitungen gekommen.

Umweltzonen mit Übergangszeit

Nun soll das kommen, was bereits im Regierungsprogramm mit der SPÖ im Jahr 2010 angedacht wurde, 2015 aber keinen Einzug mehr in den Koalitionspakt fand: Umweltzonen für Wien. "Es geht uns nicht darum, die Autos in der Stadt zu reduzieren, sondern um die Flottenumstellung", sagt Maresch. Das Konzept der Umweltzonen sieht eine Beschränkung der Einfahrt von Lkws und Pkws in bestimmten Gebieten vor, abhängig von ihrem Schadstoffausstoß. Das heißt, Fahrzeuge mit einem hohen Schadstoffausstoß sind in den Umweltzonen verboten oder dürfen an Tagen mit hoher Luftbelastung in den Umweltzonen nicht fahren.

Wie genau diese Zonen in Wien aussehen sollen, wollen die Grünen von Experten erarbeiten lassen. Schon in den kommenden Wochen wollen sie eine Studie in Auftrag geben, die mögliche Varianten prüft. "Mein Favorit ist eine effektive Zone", sagt Maresch: Das heißt für Maresch, dass alle Fahrzeuge mit einer schlechteren Schadstoffklasse als Euro 6 in diesen Zonen verboten sein sollen. "Die Dieselstinker sollen nicht in die Stadt."

Beschluss im Herbst

Bereits im Herbst soll auf Basis der Studie ein Beschluss im Wiener Gemeinderat gefällt werden. Bereits 2018 könnten die Zonen somit Realität werden. "Wir wollen das nicht von heute auf morgen machen", sagt Maresch. "Sollten die Umweltzonen kommen, wollen wir eine Übergangsfrist von zwei Jahren, damit die Wiener auf umweltfreundlichere Autos umsteigen können." Das bedeute, bis zum Ende der Regierungsperiode 2020 müsste der Individualverkehr auf die umweltschonenderen Fahrzeuge umgestiegen sein.

Ansonsten handelt man sich eine Strafe ein: Mit dem Pickerl soll auch gleich die Schadstoffklasse bewertet und sichtbar am Auto vermerkt werden. Die Parksheriffs sollen dann Verstöße ahnden.

Noch keine Gespräche mit SPÖ

Zwar habe man in der Vergangenheit immer wieder über das Thema gesprochen, aktuelle Gespräche mit dem Koalitionspartner habe es aber noch nicht gegeben, sagt Maresch. Er zeigt sich aber zuversichtlich: "Wenn man sich an das Koalitionspapier hält und eine Diskussion führt, wird man sich auch einigen."

"Die Gesundheit der Wiener geht für mich vor. Diejenigen, die gesundheitliche Probleme wie die Lungenerkrankung COPD oder Asthma haben, merken die erhöhten Feinstoffwerte besonders", sagt Maresch.

Thema auch in Graz

Auch die Grazer Bevölkerung hatte in diesem Winter unter besonders hohen und langandauernden Feinstaubbelastungen zu leiden. Die Grünen thematisierten die Problematik auch im Gemeinderatswahlkampf und forderten die rasche Einführung autofreier Tage. "An der Forderung hat sich nichts geändert", sagt Grünen-Chefin Tina Wirnsbeger. "ein autofreiere Tag pro Woche wäre eine effektive und kurzfristig organisierbare Maßnahme gegen den Feinstaub". Die Umsetzung wäre etwa über die Nummerntafeln denkbar, sagt Wirnsberger. Die wöchentliche "Stehzeit" ergebe sich für die Autolenker aus der Endziffer des Kennzeichens.

Allerdings müsse auch das Land eingebunden werden, da auch – oder vor allem – die täglichen Einpendler einbezogen werden müssten. Laut Untersuchungen der technischen Universität Graz würde ein autofreier Tag jedenfalls rund zehn Prozent der Feinstaubbelastung reduzieren, sagt Wirnsberger.

Mittelfristig sollten aber auch eine Umweltzone und eine Citymaut nicht aus den Augen verloren werden. Ebenso nicht Errichtung von "Fahrrad-Highways".

Europäische Großstädte als Vorbilder

"Die Diskussion gibt es ja schon länger", sagt Maresch. In anderen europäischen Städten gibt es bereits Umweltzonen. In München gibt es etwa ein Ampelsystem: rot – gelb – grün sind die Abstufungen passend zu den Abgasklassen. Je nach Farbe, darf in bestimmten Stadtteilen gefahren, oder nicht gefahren werden. Wenn in Paris die Luftverschmutzung zu hoch ist, und der Feinstaub merklich in der Luft liegt, dürfen an einem Tag nur Autos mit gerader, am nächsten nur jene mit ungerader Kennzeichennummer fahren. Eine Kombination mit der City-Maut hat etwa London. Dort zahlen Fahrzeuge, die eine niedrigere Abgasklasse als "Euro 4" haben, zusätzlich drauf. (Oona Kroisleitner, Walter Müller, 23.2.2017)