London – Die britische Premierministerin Theresa May will trotz des Rückschlags im Oberhaus ihren Pläne zum Austritt aus der Europäischen Union ohne Abstriche durchsetzen. May habe klargemacht, dass das Gesetz ohne Änderungen verabschiedet werden solle, sagte ihr Sprecher am Donnerstag.

Die Regierung hofft, dass das Unterhaus die vom Oberhaus geforderten Ergänzungen zum Schutz der Rechte von im Königreich lebenden EU-Bürgern kippt. Schließlich hätten die Abgeordneten bereits einmal Mays Vorlage verabschiedet, sagte der Sprecher. "Also erwarten wir, dass dies erneut der Fall sein wird." Brexit-Minister David Davis sagte, er rechne nach wie vor damit, dass die Regierung wie geplant noch im März den Antrag zur Trennung von der EU einreichen werde.

Mays Brexit-Fahrplan verschiebt sich allerdings zumindest um einige Tage, da sich beide Parlamentskammern auf einen Gesetzestext einigen müssen. Statt wie geplant in der ersten März-Woche zum Abschluss zu kommen, soll nun das Oberhaus am kommenden Dienstag abermals über mögliche Änderungen beraten. Voraussichtlich etwa eine Woche später geht dann der Vorschlag der Lords zurück an die Abgeordneten.

Erneute Ablehnung des Oberhauses unwahrscheinlich

Die konservative Regierung hat zwar keine Mehrheit im Oberhaus, sie kontrolliert aber die Abgeordnetenkammer. Es wird nicht damit gerechnet, dass die Lords erneut eine Vorlage des Unterhauses ablehnen, auch wenn diese die geforderten Änderungen nicht beinhaltet. "Ich denke, dass die Lords einen kollektiven Rückzieher machen", sagte der Fraktionschef der oppositionellen Liberaldemokraten im Oberhaus, Dick Newby, dem Sender Sky News.

Das Oberhaus will nicht in den Ruf geraten, das Votum der Bevölkerung zu missachten. Die Briten hatten im vergangenen Juni in einem Referendum für den Brexit gestimmt. Das oberste britische Gericht wies dem Parlament im Jänner ein Mitspracherecht zu, das die Regierung zunächst abgelehnt hatte.

Das Oberhaus beschloss am Mittwochabend mit 358 gegen 256 Stimmen, dass in das Gesetz ein Passus aufgenommen wird, der die Regierung darauf festlegt, innerhalb von drei Monaten nach der Beantragung des Brexits Vorschläge zum Schutz der Rechte von derzeit in Großbritannien lebenden EU-Bürgern vorzulegen. May lehnt eine einseitige Garantie ab. Sie will diese nur aussprechen, wenn es von den EU-Staaten im Gegenzug auch Zusagen für auf dem Kontinent wohnende Briten gibt.

"Premierministerin zunehmend isoliert"

Der Brexit-Zuständige der Labour-Partei, Keir Starmer, hielt dagegen, "dass EU-Bürger nicht als Faustpfand bei den Brexit-Verhandlungen" eingesetzt werden sollten. "Die Überzeugung, das dies gelöst werden muss, bevor Artikel 50 angewendet wird, wächst, und die Premierministerin ist jetzt zunehmend isoliert", sagte er nach der Entscheidung der Lords.

Artikel 50 regelt den Austritt eines Landes aus der EU. Bisher hat es so etwas nicht gegeben. Eine der Triebfedern war der von vielen Briten als zu hoch empfundene Zuzug von EU-Bürgern, insbesondere aus ärmeren Ländern wie Rumänien und Bulgarien.

Sollte May, wie von ihr vorgesehen, noch in diesem Monat offiziell die Scheidungspapiere einreichen, könnte womöglich am 6. April ein Sondergipfel der 27 restlichen EU-Staaten angesetzt werden. Auf diesem dürfte es dann um eine ganze Reihe heikler Fragen gehen, etwa wieviel die Briten für ihren Austritt zahlen müssen oder wie die künftigen Handelsbeziehungen gestaltet werden. (APA, 2.3.2017)