Familienministerin Sophie Karmasin verteidigt die Änderungen beim Kinderbetreuungsgeld.

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Wien – Kein Verständnis für die Kritik an der Kürzung des Wochengeldes für jene Frauen, die knapp hintereinander ein weiteres Kind bekommen, hat Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP). Vielmehr habe man mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld "vergangene Fehlentwicklungen wie den Anreiz zur Nichterwerbstätigkeit korrigiert", sagte sie auf STANDARD-Anfrage.

Von einer "Wochengeldfalle" zu sprechen, wie es Grünen-Familiensprecherin Judith Schwentner getan hat, sei "angesichts des Sinns und Zwecks des Wochengeldes und des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes geradezu absurd".

Durch das seit ein paar Tagen geltende neue Kinderbetreuungsgeld können nur noch jene Mütter beziehungsweise Eltern die einkommensabhängige Variante wählen, die auch vor der Karenz gearbeitet haben. Das sei aber auch so beabsichtigt, betont die Familienministerin.

DER STANDARD berichtete exemplarisch über einen Fall, in dem eine Mutter eines einjährigen Kindes aufgrund der gesetzlichen Neuerung 10.000 Euro weniger für die Betreuung ihres zweiten Kindes bekommen wird als geplant, weil sie keinen Anspruch auf das Wochengeld und das gehaltsabhängige Karenzmodell habe. In der Zwischenzeit haben sich noch weitere Betroffene beim STANDARD gemeldet, die ebenfalls negativ von der Neuerung betroffen sind.

Ersatz für Gehalt

Das Ministerium erklärt dazu: Zweck des Wochengeldes sei es, erwerbstätigen Frauen während des gesetzlichen Beschäftigungsverbots – dem Mutterschutz – das entfallene Gehalt zu ersetzen. Diese Frauen sollen im Anschluss auch das "Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens" (das entspricht dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld) erhalten. Eltern, die nur kurz aus dem Job aussteigen, bekommen bis zu 2.000 Euro pro Monat.

Das einkommensabhängige Modell sei dafür konzipiert worden, dass die Mütter rasch wieder ins Erwerbsleben einsteigen, erklärt Karmasin. Wenn zwischen zwei Kindern keine Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde, müsse die Familie das Kindergeldkonto in Anspruch nehmen, das "auch attraktiv" sei. Jedenfalls bekämen alle Frauen nach der Geburt Geld, aber man wolle "motivieren, dass man, wenn man das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nimmt, rasch wieder in den Beruf einsteigt". Wer das tue, habe auch beim nächsten Kind Anspruch auf dieses Modell.

"Veraltete Wochengeldregelungen"

Die "veralteten Wochengeldregelungen" hätten dazu geführt, dass in der Vergangenheit "nichterwerbstätige Frauen ohne Einkommen und ohne Leistungsbezug Wochengeld erhalten konnten", sagt die Familienministerin. Dabei habe es sich "zunehmend um Frauen gehandelt, die nach dem Ende des einkommensabhängigen Kindergeldes nicht – wie vom Gesetzgeber gewollt – wieder in den Job einstiegen, sondern weiter zu Hause blieben", sagt Karmasin: "Das ging schließlich so weit, dass insbesondere hochengagierte Frauen bewusst vom Wiedereinstieg in den Job abgehalten wurden" – und in der Folge auch für das nächste Kind ein hohes Kindergeld, abhängig vom vorigen Einkommen, bekamen, "ohne davor zu arbeiten und ohne dass ihnen ein Einkommen entfiel".

Diese Fehlentwicklungen habe man korrigieren müssen. Jetzt erhalten diese Frauen – wie alle anderen nichterwerbstätigen Frauen – kein Wochengeld, aber das Kinderbetreuungsgeldkonto (bis zu 1.000 Euro monatlich) bereits ab Geburt des Kindes, erklärt die Familienministerin. "Die jetzige Gesetzeslage entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den Gesetzen der Vernunft und dem Gerechtigkeitsverständnis, vor der Geburt nicht erwerbstätige Frauen gleich zu behandeln."

Keine Änderungen

Änderungen wird es aus Sicht des Familienministeriums nicht geben. Das neue Gesetz sei erst seit einer Woche in Kraft, es gebe keinen Anlass dazu, auch Übergangsregelungen seien nicht vorgesehen und hätten auch nichts geändert. Man gehe davon aus, "dass die Frauen sich rasch an die neue Rechtslage anpassen werden".

Grünen-Familiensprecherin Schwenter zeigte sich dennoch verärgert und betont in einer Stellungnahme, dass zum Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses bereits viele Frauen schwanger gewesen seien und sich auf das bestehende Modell verlassen hätten: "Es wäre ihnen nicht möglich gewesen, die neuen Voraussetzungen zu erfüllen. Jetzt sind sie die Leidtragenden." (nim, APA, 9.3.2017)