Ruheständler in Südspanien: Immer noch werden Wege in die Frühpension intensiv genutzt.

Foto: Reiner Wandler

Wien – Der Trend hat sich jäh ins Gegenteil verkehrt: Ist die Zahl der Menschen, die neu in Pension gegangen sind, 2015 noch deutlich gesunken, gab es im Vorjahr einen massiven Anstieg. Dies zeigen die aktuellen Berichte zum "Pensionsmonitoring" der Regierung – beide liegen dem STANDARD vor.

Wirken diverse Reformen also nicht so, wie sich Politiker das ausgemalt haben? Im sozialdemokratisch geführten Sozialministerium, das den Report über die "normalen" Sozialversicherten erstellt hat, bleibt man dabei: "Die Reformen greifen." Dass die Zahl der Pensionsantritte nach einem Minus von 14 Prozent 2015 nun um 17,3 Prozent auf knapp 82.000 gestiegen ist, hänge ja gerade mit Verschärfungen zusammen. Viele hatten den geplanten Gang in den Ruhestand aufschieben müssen und im Vorjahr nachgeholt.

Wege erschwert, aber nicht versperrt

Die Zahlen zeigen, dass die Politik dabei Wege in die Frühpension erschwert, jedoch nicht ganz versperrt hat: Der Zustrom in die vorzeitigen Alterspensionen war mit plus 23 Prozent überdurchschnittlich stark. Aber immerhin steigt das Antrittsalter vieler Frühpensionisten: Die Profiteure der berüchtigten "Hacklerregelung" waren 2016 im Schnitt um 9,8 Monate älter als 2015, Invaliditätspensionisten um 8,2 Monate.

Weitere Gründe für das Plus bei den Zugängen: Bei gesundheitlich angeschlagenen Arbeitnehmern zeigte die verordnete Rehabilitation nicht die erhoffte Wirkung, so dass diese dann doch in der Invaliditätspension landeten. Außerdem ist da noch die demografische Entwicklung: Die großen Jahrgänge der Babyboomgeneration kommen ins Pensionsalter.

Zwei Drittel Frühpensionen

Mit "Aufschubeffekten" infolge von Verschärfungen erklärt auch das für die Beamten zuständige Kanzleramt, dass im öffentlichen Dienst eine regelrechte Pensionierungswelle eingesetzt hat. Die Neuantritte sind um 50 Prozent auf 2531 gestiegen – wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Zu Beginn des Jahrzehntes war der Zustrom deutlich stärker.

Von allen Beamten, die sich 2016 aufs Altenteil zurückzogen, waren zwei Drittel Frühpensionisten; die Quote ist damit sogar knapp höher als bei den "normalen" Pensionisten. Trotz neuer Erschwernisse und bestehender Abschläge von der Leistungshöhe würden Modelle des vorzeitigen Ruhestandes "immer noch intensiv genutzt", sagt Staatssekretärin Munar Duzdar (SPÖ), schließlich nahm die Zahl der Frühpensionierungen um gleich 80 Prozent zu: Die einzelnen Ressorts sollten Maßnahmen für "altersgerechtes Arbeiten" setzen, um ihre Beamten länger im Dienst zu halten.

Was trotzdem den Erfolg eingeleiteter Reformen zeige: Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter stieg im öffentlichen Dienst im Vorjahr von 61,2 auf 61,7 Jahre – der größte Sprung seit zehn Jahren.

Im allgemeinen Pensionssystem fiel der Anstieg von 2015 auf 2016 mit zwei Monaten auf 60,3 Jahre bescheidener aus, seit 2014 ist ein Plus von 8,7 Monaten verbucht. Dass ein Teil des Zuwachses nur damit zur erklären ist, dass frühere Invaliditätspensionen in Reha-Geld umgewandelt wurden und nicht mehr in der Statistik aufscheinen, verschweigt der Bericht des Sozialministeriums nicht.

Arbeitslosigkeit steigt mit dem Alter

Der Report zeigt allerdings auch, was für viele die Alternative zum vorzeitigen Ruhestand ist. Rund 23 Prozent haben vor dem Pensionantritt keinen Job, die Arbeitslosenquote steigt mit dem Alter. Bei den Männern zwischen 60 und 64 Jahren liegt sie mit 15,4 Prozent weiter über dem Gesamtschnitt von 9,7 Prozent.

Gestiegen ist gleichzeitig die Beschäftigungsquote der Über-50-Jährigen. Dies ist auch aus einem politisch Grund relevant. Das von der Regierung vereinbarte Bonus-Malus-System, das Unternehmer zum pfleglichen Umgang mit älteren Arbeitnehmern erziehen soll, tritt nur dann in Kraft, wenn bis Mitte 2017 bestimmte Zielwerte verfehlt werden. Die aktuellen Zahlen zeigen aber: Die Ziele dürften erreicht werden. (Gerald John, 9.3.2017)