Russische Oligarchen haben über Scheinfirmen 20 Milliarden US-Dollar dubioser Herkunft in die EU geschleust. Diese Geschichte, die ein investigatives Netzwerk von Journalisten, das Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), aufgedeckt haben will, bietet Stoff für einen Krimi. Schwarzgeld, Geschäftsleute mit Naheverhältnis zum Kreml, westliche Großbanken als Erfüllungsgehilfen: alles da für einen Bestseller.

Aber ist die Aufregung in der Realität auch berechtigt? Das OCCRP erhebt zwar schwere Vorwürfe. Um Schwarzgeld aus Russland hinausschaffen und reinwaschen zu können, soll sich ein kriminelles Netzwerk britischer Briefkastenfirmen und Banken in Moldau und Lettland bedient haben.

Doch die Behörden in Europa ermitteln derzeit erst in der Causa, Verurteilungen sind nicht belegt. Auch eine politische Schlagseite lässt sich in dem Fall erkennen, so man will. Das OCCRP wird von Geldgebern aus den USA finanziert, darunter zwei Ministerien. Es ist also nicht überraschend, dass sich in den Datensätzen, die der Organisation anonym zugespielt wurden, mehrere Personen mit Naheverhältnis zu Wladimir Putin finden.

Doch Geldwäscheexperten sind sich diesmal einig: Alles deute darauf hin, dass da tatsächlich ein aus Russland gesteuertes illegales Netzwerk aufgeflogen ist. Niemand, der sein Vermögen legal erworben habe, benutze schließlich derart verschachtelte Strukturen, um Finanzmittel von einem Land ins andere zu schaffen. Zumal die Errichtung von Briefkastenfirmen mitsamt Strohmännern auch Geld kostet.

Somit drängt sich eine Frage auf: Warum tun Regierungen und Parlamente in Europa nichts gegen die Machenschaften? Die Antwort ist simpel: Sie tun was. Der Kampf gegen Geldwäsche gehört zu den wenigen Politikfeldern, in denen die internationale Vernetzung gut funktioniert. In den vergangenen Jahren hat es nicht zuletzt auf Drängen der USA (Terrorismus) eine Reihe von Regelverschärfungen gegeben, auch in der EU. Österreich schärft derzeit Gesetze nach.

Besonders für Banken gelten strenge Vorschriften. Kreditinstitute müssen ihre Geschäftspartner und die Herkunft von Geldern prüfen. In der Praxis ist die Durchsetzung dieser Vorschriften aber weitaus schwieriger, wie man nun wieder sieht. Dabei muss nicht immer böse Absicht oder kriminelle Energie dahinterstecken, wenn Schwarzgeld bei einer Bank landet. Oft können Scheinfirmen, besonders wenn sie in der EU sitzen, einen seriösen Eindruck machen und alle nötigen Dokumente vorlegen.

In Ländern wie Moldau oder Russland ist es zudem für eine Bank schwierig, an Informationen zu kommen, etwa um zu klären, wer hinter einer Firma steckt. Für Banker gilt abzuwägen, ob sie den Kunden annehmen. Wer auch in solchen Fällen 100-prozentige Sicherheit will, muss im Zweifel auf alle Geschäfte verzichten. Der Preis: Ganze Länder wären dann vom internationalen Finanzsystem abgeschnitten.

Neben internen Kontrollabteilungen der Banken sind im Kampf gegen Geldwäsche die Finanzaufseher gefordert, penibel nachzuprüfen. Genau deshalb sind Skandale wie jener bezüglich des russischen Schwarzgeldes so wichtig: Sie schaffen Aufmerksamkeit und sorgen für Druck auf Banken und Behörden, damit diese noch genauer hinsehen. Nur mit einer aufmerksamen und aktiven Öffentlichkeit wird der Russland-Krimi gut ausgehen. (András Szigetvari, 21.3.2017)