Ein historisches Dokument: die Unterzeichnung der Römischen Verträge im März 1957 im Rathaussaal des Kapitols.

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In Rom sind auch einige Demonstrationen gegen die Feiern angekündigt.

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Geschützt von einem enormen Sicherheitsaufgebot aus Polizei und Militär treffen die Staats- und Regierungschefs der Union am Wochenende in Rom zu einem Sondergipfel zusammen. Anlass ist der 60. Jahrestag der Unterzeichnung der "Römischen Verträge".

Diese wurden am 25. März 1957 auf dem Kapitol, dem Gelände des heutigen Rathauses, von Vertretern von sechs Staaten unterzeichnet. Sie werden als Gründungsakt der Union als Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gesehen, auch wenn die Schuman-Erklärung zur Bildung der Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) einen Aus-gleich zwischen den Erbfeinden Deutschland und Frankreich bereits fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges besiegelt hatte.

Das Sondertreffen soll dazu dienen, der heutigen Union, die inzwischen auf 28 Mitglieder angewachsen ist, Grenzkontrollen abgeschafft und den Euro eingeführt hat, neuen Elan zu geben. Die Regierungschefs werden am Samstag auf dem Kapitol eine "Erklärung von Rom" verabschieden. In vier Punkten werden die großen Ziele und Perspektiven der weiteren Vergemeinschaftung für die nächsten zehn Jahre beschrieben.

Teilnehmen werden aber nur 27 Staaten. Die britische Premierministerin Theresa May hatte ausdrücklich darum gebeten, wegen des beschlossenen EU-Austritts ihres Landes nicht eingeladen zu werden. An den Brexit-Plänen soll sich durch den Terroranschlag in London nichts ändern. May wird den Antrag nächsten Mittwoch in Brüssel offiziell einbringen. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-27 beginnt informell Freitagabend mit einer Privataudienz beim Papst. Wegen der Attacken in London haben die Behörden die ohnehin schon scharfen Antiterrormaßnahmen noch einmal verstärkt: auf 10.000 Polizisten und Soldaten.

Da auch tausende Demonstranten bei diversen Kundgebungen etwa von Globalisierungskritikern angesagt sind, wurden ganze Teile des Stadtzentrums geschlossen. Die Polizei befürchtet gewaltsame Ausschreitungen. Touristen müssen mit Behinderungen rechnen. Das Kolosseum bleibt ebenso geschlossen wie das Kapitolsviertel.

Die Erklärung von Rom

In der im Vorfeld bereits fertig ausgehandelten "Erklärung von Rom", die dem Standard vorliegt, knüpfen die EU-27 direkt an die Wohlstandsversprechen von 1957 an. Damals stand vor allem der Austausch der Wirtschaft im Zentrum, der Abbau von Handelsschranken wie Zöllen, aber auch ein aus heutiger Sicht fast naiver Glaube an den Fortschritt durch Wissenschaft bis hin zur Nuklearenergie im Euratom-Vertrag.

Nun werden zwei Politikbereiche – Sicherheit und Sozialpolitik – ganz besonders hervorgestrichen, die in bisherigen Gemeinschaftsverträgen defensiv behandelt wurden bzw. wegen der transatlantischen militärischen Bindung der meisten EU-Staaten an die Nato unterentwickelt blieben.

In dem dreiseitigen Papier heißt es allgemein: "Wir haben eine einheitliche Union mit gemeinsamen Institutionen und starken Werten gebildet, eine Gemeinschaft von Frieden, Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Herrschaft des Rechts, eine große Wirtschaftsmacht mit unterschiedlichen Niveaus von sozialer Sicherheit und Wohlstand." Nun gehe es darum, die Union nicht nur "stärker und beweglicher" zu machen, sondern auch für größere "Einheit und Solidarität zu sorgen wie den Respekt vor den gemeinsamen Regeln". Anders als 1957 wird dabei ganz zum Ausdruck gebracht, dass nicht alle Staaten gleichzeitig den gemeinsamen Weg gehen müssen, sondern "wenn nötig, mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Notwendigkeiten". Die Abgrenzung der Kompetenzen von Union, Nationalstaaten, Regionen und Gemeinden sei wesentlich.

Die Union der Zukunft müsse "sicherer und (nach außen) besser gesichert sein", Wachstum müsse "nachhaltig sein", bezüglich Klimawandel und Energiepolitik vor allem. Eine solche Wirtschaft müsse "ökonomischen wie sozialen Fortschritt gleichermaßen voranbringen", wenn auch ohne Gleichmacherei und Respekt vor dem Bestehenden in den Staaten.

Punkt vier der Erklärung spricht schließlich die Ausbildung einer stärkeren Sicherheitsunion an, die militärisch in enger Kooperation mit der Nato stehe. Ein "stärkeres Europa auf der globalen Ebene" müsse mehr Verantwortung übernehmen, um für Stabilität in der Nachbarschaft zu sorgen, im Nahen Osten ebenso wie in Afrika. (Thomas Mayer aus Rom, 24.3.2017)