Kommt der Regen, gehen die Allergiesymptome – zumindest bei den meisten Pollenallergikern. Bei einem Gewitter passiert das Gegenteil.

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Katharina Bastl (30) ist seit 2012 Mitarbeiterin beim Österreichischen Pollenwarndienst der Medizinischen Universität Wien und seit 2013 an selbiger Universitätsassistentin an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde.

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STANDARD: Wie läuft die Pollensaison 2017 bis jetzt?

Bastl: Wir hatten heuer eine sehr späte Blüte von Hasel und Erle, und dann gab es stabiles Schönwetter. Dadurch ist die Pollenbelastung relativ schnell angestiegen. Erschwerend kam hinzu, dass zu Beginn der Saison Allergiker auch auf geringe Mengen schon sehr sensibel reagieren. Aktuell blüht unter den Haseln nur noch die Korkenzieherhasel, ihr Pollen wird, so wie Erlenpollen, noch in der nächsten und übernächsten Woche in der Luft sein. Belastend wird demnächst der Pollenflug von Esche und Birke.

STANDARD: Das Wetter spielt also eine Rolle. Wie wirkt sich Niederschlag aus?

Bastl: De facto geht bei Niederschlag die Pollenkonzentration zurück, aber bei Regen kommt es auf die Menge an. Wenn es ein bisschen tröpfelt, macht das kaum etwas aus. Wenn es tagelang regnet, profitieren die meisten Pollenallergiker davon. Mir selbst geht es bei Regen immer sofort besser, aber die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Bei Gewittern übrigens gibt es ein gegenteiliges Phänomen: Dann platzen Pollenkörner auf, und eine größere Menge des Allergens wird frei. Es schwebt dann in der Luft und kann vermehrt eingeatmet werden.

STANDARD: Was bieten Sie Pollenallergikern an?

Bastl: Wer besonders gut gerüstet sein will, der kann die kostenlose, personalisierte Polleninformation nutzen. Um aussagekräftige Daten zu bekommen, muss ein Pollenallergiker mindestens fünf Tage lang seine Symptome und den Aufenthaltsort in ein Pollentagebuch in der Pollen-App oder auf der Homepage des Pollenwarndienstes eintragen. Die Daten werden dann mit denen von Pollenallergikern aus der Region verglichen, und im Anschluss wird man klassifiziert als robuster, durchschnittlicher oder sensibler Pollenallergiker. Die normale Vorhersage, die auf den Messungen der Pollenkonzentrationen basiert, wird dann je nach Einstufung individuell abgeändert.

STANDARD: Morgens kann der Allergiker also nachsehen, worauf er sich an diesem Tag einstellen muss. Und dann?

Bastl: Dem Pollen aus dem Weg zu gehen ist natürlich das oberste Ziel. Dadurch werden Beschwerden automatisch reduziert. Daneben gibt es viele Tipps: So sollten Pollenallergiker etwa spezielle Luftfilter und Staubsauger verwenden, die Haare an belastungsstarken Tagen waschen, draußen Kopfbedeckung und Sonnenbrille tragen und Kleidung, mit der man im Freien war, nicht im Schlafzimmer liegen lassen. Manche schwören auch auf Vaseline in der Nase, dadurch soll Pollen von der Nasenschleimhaut ferngehalten werden.

STANDARD: Welche Angebote für Pollenallergiker gibt es noch?

Bastl: Etwa die Zwei-Stunden-Vorhersagen für Birke, Gräser und Ragweed, sie zeigen die Belastung im Tagesverlauf in kurzen Abschnitten und sind eine Erleichterung für Pollenallergiker, etwa wenn es darum geht, den besten Zeitpunkt für das Lüften der Wohnung zu finden. Anders als oft berichtet sind nämlich nicht zwangsläufig die Abend- und Morgenstunden am besten dafür geeignet. Außerdem erstellen wir Vorhersagekarten für ganz Europa, mit denen Pollenallergiker ihren Urlaub planen können. Und es gibt einen Countdown für die Blütezeit aller allergieauslösenden Pflanzen, sodass jeder Betroffene weiß, wann die Saison für ihn losgeht. Des Weiteren verschicken wir Eilmeldungen über die Homepage und in der App, wenn sich kurzfristig an der Prognose etwas ändert, etwa ein Gewitter kommt oder ein bedeutender Ferntransport von Pollen, der nicht vorhersehbar war, auftritt.

STANDARD: Was bringt die Zukunft der Pollenflugvorhersage?

Bastl: Die Anzahl der Allergiker wird in Zukunft nicht sinken, eher im Gegenteil. Außerdem müssen wir vor allem nichtheimische Pflanzen mit allergenem Potenzial wie Ragweed beobachten. Die Daten aus den Pollentagebüchern werden wir in Zukunft noch viel besser nutzen können als bisher. Schon jetzt gibt es eine Belastungskarte, auf der man sieht, wie viele Betroffene wo an wie starken Beschwerden leiden. Eines Tages wollen wir den Pollenallergikern ihre Symptome vorhersagen können. (Bernadette Redl, 25.3.2017)