Der Arztberuf als Gratwanderung zwischen Medizin, Sozialarbeit und Lebensberatung: Hausärzte auf dem Land kennen die Sorgen der Menschen. Ihre eigenen Ängste: im System überleben zu können.

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Der SUV scheint mittlerweile obligatorisch für alle Ärzte, auch für die auf dem Land.

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Es ist kurz nach Silvester irgendwo in Niederösterreich, als sich eine kalte Nebeldecke zwischen den sanften Hügeln festsetzt und die Grippewelle gleich mit dazu. Im Umkreis gibt es zwei Schwerpunktkrankenhäuser sowie ein regionales Krankenhaus, in dem man die schweren Influenzafälle behandelt.

Letzteres gehört zu jenen Häusern, über die man in Österreich immer wieder mal diskutiert, wenn es um gesundheitsökonomische Fragen geht, um Kosten und Nutzen, vor allem aber natürlich um Einsparungen. Und darum, dass die Leute lieber zum niedergelassenen Arzt gehen sollen, anstatt immer gleich in die Ambulanz des nächstgelegenen Krankenhauses.

Im kleinen Regionalkrankenhaus hat auch Eva Bader (Name von der Redaktion geändert) nach ihrem Medizinstudium in Wien begonnen, als Turnusärztin zu arbeiten. Vor fünf Jahren hat sie sich dann aber entschlossen, eine frei werdende Landarztpraxis zu übernehmen. Nun steht auf ihrer Visitenkarte "Ärztin für Allgemeinmedizin und Notfallmedizin". "Praktische Ärztin" oder "Hausärztin" sagte man früher zu einer wie ihr, und in der Stadt sagen sie immer noch gerne "Landärztin".

Selbstbestimmt durch die Lande

Das klingt recht wenig nach Karriere, und wohl auch darum sind heute viele Landarztpraxen unbesetzt. Was aber, wenn in zehn Jahren dutzende niedergelassene Ärzte auf dem Land praktisch gleichzeitig in Pension gehen werden? Dass sie einen Nachfolger finden, ist keinesfalls ausgemacht, vielleicht sogar unwahrscheinlich. Zu geringes Einkommen sowie hohe Anforderungen (Nachtdienste, Hausbesuche, Flexibilität) werden oft als Gründe dafür genannt, dass sich die meisten Medizinabsolventen lieber doch einen Job in der Stadt suchen.

Außerdem veröffentlicht niemand mehr in Science oder Nature, wenn er/sie erst mal "am Land" arbeitet. Und auf die Anerkennung als Gott oder Göttin in Weiß muss man dann auch verzichten.

Die Vorteile sehen dagegen recht klein aus: Das ist eine schöne Gegend hier, wenn der Nebel erst mal weg ist. Die Luft ist gesund, die Menschen kennen einander mit Namen, und in der Ferne locken die Berge, die man über die Bundesstraße in einer Stunde erreichen kann, zum Skifahren oder Wandern. Die gut ausgestattete Therme erreicht man in einer halben Stunde, Züge in die nächste größere Stadt verkehren regelmäßig, wenn auch nicht übertrieben oft. Und regionale Lebensmittel gibt es hier ab Hof.

Über Geld reden

Frau Doktor Bader trägt enge Jeans und Sneakers, als sie mich in ihrem schwarzen SUV vom nächstgelegenen Bahnhof abholt, die Anfang 50-Jährige ist jugendlich schlank und gut gelaunt. Das ist die unbeschwerte Fröhlichkeit der Landmenschen, denke ich mir, und der SUV scheint mittlerweile ohnehin obligatorisch für alle Ärzte, auch für die auf dem Land.

Je nach Einkommen stehen dann auch mal drei von denen in der Garage eines Eigenheims, und nicht selten geht sich ein Boot vor Kroatien auch noch aus oder die Finca auf Mallorca. So sehen jedenfalls die Klischees aus, die allesamt nicht ganz falsch sind, aber vielleicht auch nicht vollkommen richtig.

Reden wir also gleich über Geld, nachdem wir uns auf den beheizten Sitzen des SUV eingerichtet haben für die fünfzehn Minuten dauernde Fahrt vom Bahnhof bis zu ihrer Praxis. Zahlt sich das überhaupt noch aus, oder muss man mittlerweile vielleicht sogar darben als niedergelassene Ärztin? "Das nicht gerade", meint Frau Doktor Bader lachend, aber über Geld reden mit Ärzten ist natürlich nicht ganz einfach, darum will sie es so umschreiben: Ihre beiden Kinder sind noch in Ausbildung, das Haus muss abbezahlt werden, und das geht sich auf jeden Fall aus. Dafür gibt es kein Boot und keine Finca.

Ohne Hausapotheke, weniger Verdienst

Sie hat die Praxis ihrer Vorgängerin damals mit nur wenigen hundert Krankenscheinen übernommen, da diese nicht in Pension ging, sondern in einen anderen Ort zog und die meisten Patienten "mitgenommen" hat. Mittlerweile hätte sie sich aber auf eine "fast normale Praxisgröße" hochgearbeitet, und pro Schein und Quartal kann sie der Vertragskassa 20 Euro verrechnen, das macht insgesamt ... Arztgeheimnis!

Einen ersten Seufzer kann sich die Gutgelaunte dann aber doch nicht verkneifen, ein bisschen muss man schon auch jammern dürfen: Die Praxis hat leider keine Hausapotheke. "Das ist schlecht für die Patienten", sagt sie, und natürlich auch schlecht für sie, denn mit Hausapotheke würde sie "locker um ein Drittel mehr verdienen". Die Apothekerkammer scheint in dieser Frage aber irgendwie stärker zu sein als die auch nicht ganz schwache Ärztekammer, es geht um Kilometerabstände zwischen Praxis und der nächsten Apotheke, und selbst wenn sie die Vorgaben erfüllen würde, würde sie keine Hausapotheke bekommen. Warum? "Weil es einfach so ist!"

Ordinationsalltag auf dem Land

Ihre "Ordi" hat sie in einem Neubau des kleinen Ortes eingerichtet, ein wenig am Rande gelegen und im ersten Stock. Durch den Seiteneingang huschen wir ins Gebäude, um acht Uhr sperrt sie jeden Tag auf, außer dienstags, da kommt sie erst um 13 Uhr. Und am Donnerstag arbeitet sie auch noch mal ab 16 Uhr. Ihre beiden "Ordi-Assistentinnen" kommen praktisch zeitgleich mit ihr, sie leisten der Ärztin seit zehn Jahren verlässlich gute Dienste sowohl im Organisatorischen als auch im Medizinischen.

Die drei Damen verstehen sich gut, gelegentlich treffen sie sich sogar in der Freizeit, und Freizeit heißt hier: mal gemütlich essen gehen, mal gemeinsam ein Weinderl trinken. Und die Weihnachtsfeier zu dritt in der Pizzeria findet verlässlich jedes Jahr statt.

Die Assistentinnen empfangen die Patienten als Paar an der Rezeption, von dort geht es nach rechts ins Wartezimmer zu einer grünen Sitzgarnitur aus Lederimitat mit den üblichen niedrigen Glastischen, darunter die Zeitschriften des Lesezirkels. "Die Außentür unten geht schwer auf!", wird eine Patientin klagen, und die Assistentinnen werden sich umgehend darum kümmern.

Frau Doktor Bader fährt in ihrem Besprechungszimmer den Computer hoch, es lädt die Software, für die sie monatliche "Wartungskosten" bezahlen muss, deren Höhe sie nicht nennen möchte. Hinzu kommen die Miete, die Kosten für die Angestellten, Strom, Heizung, Internet, Auto – sie muss jedenfalls ein paar Krankenscheine abrechnen, um die Kosten reinzubekommen.

Die Ordinationsräume sind großzügig bemessen, die Ärztin hat einen Therapieraum und ein Labor für Blut- und Harnuntersuchung. Die üblichen Hüftknochennachbildungen stehen im Besprechungszimmer auf einem Regal hinter ihr, in dem medizinische Fachbücher stehen. Um Punkt acht Uhr geht es los, die erste Patientin kommt herein.

Die Sorgen der Leute

Frau Doktor Bader kennt und duzt die 50-Jährige, die letzten Sommer einen Arterienverschluss in der Wade erleiden musste. Zuvor war sie begeisterte Läuferin, die Marathons absolvierte, nun aber schafft sie nur noch eine Stunde Gehen, dann muss sie pausieren. "Schaufensterkrankheit" heißt dieses Leiden im Volksmund, weil die Patienten oft so tun, als würden sie irgendwo in ein Schaufenster schauen, in Wahrheit aber einfach nicht mehr weiterkönnen.

Das zu akzeptieren fällt der Patientin sichtlich schwer, die Krankheit ist dabei, ihr zu nehmen, was ihr alles bedeutet hat: Bewegung, Sport, Fitness. Sie war auf Anraten ihrer Hausärztin in einem der Schwerpunktkrankenhäuser der Umgebung und bespricht mit ihr das Ergebnis dieser Reise: Krank zu sein bedeutet in Österreich immer auch, von hier nach dort geschickt zu werden, und als Ärztin Patienten zu betreuen bedeutet, sie von hier nach dort zu schicken. Der anvisierte Facharzt, von Bader selbst empfohlen, war dort für ihre Patientin aber nicht zu sprechen, ein anderer sagte ihr salopp, sie solle froh sein, dass sie den "Haxn überhaupt noch hat".

Eine Verbesserung trat also nicht ein, die Patientin beklagt die Unhöflichkeit des Krankenhauspersonals und wähnt sich als kleines, unwichtiges Rädchen im Betrieb. Viele Patienten trauen den Ärzten daher nicht mehr so recht und erkundigen sich lieber selbst im Internet: "Wasserstoffperoxid" oder auch "das vergessene Hausmittel" wurde ihr dort für ihr Leiden empfohlen, aber das klingt in Baders Ohren eher verkaufsfördernd als heilend. Das "von außen einwirkende Mittel" überzeugt sie nicht.

Die Patientin darf sich aber zumindest auf eine Kur in schöner Umgebung freuen und braucht dafür von ihrer Ärztin einen Befund. Der Laserdrucker hinter ihr rattert ab nun ununterbrochen, denn Arzt zu sein bedeutet auch: Papierkram, Zettelwirtschaft, Stempel und Unterschrift.

Leute zum Sprechen bringen

Als Nächstes kommt ein junger Mann herein, der für ein Praktikum, das er in zwei Wochen in der Schweiz antreten soll, eine Bestätigung benötigt, wonach er "keine ansteckenden Krankheiten" hätte. Unsicheres Lachen. Aber wie soll man das auch ernsthaft formulieren, damit es in zwei Wochen auch noch gilt? "Alle wollen sich absichern", beklagt Frau Bader, und für das Anliegen des jungen Mannes gibt es sogar einen eigenen Vordruck: "Frei von ansteckenden Krankheiten" heißt er. Stempel drauf und Unterschrift sowie die handschriftliche Ergänzung: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt".

"Das war's?", fragt die Ärztin, aber das war es noch nicht. Der junge Mann hat schleimige Durchfälle, mal zwei Monate nichts, dann zwei bis drei Tage durchgehend. Seine Mama vermutet Gastritis oder Stress oder auch Morbus Crohn, denn teilweise gingen die Durchfälle des jungen Mannes "mit Gelenksbeteiligung" einher. Immer mehr Patienten, auch junge, beschäftigen sich mit ihren echten oder vermuteten Krankheiten und kennen die genauen Bezeichnungen dafür, was es für die Ärztin nicht unbedingt einfacher macht. Bader ordnet eine Darmspiegelung an und druckt eine Überweisung aus, denn: "Alles, was immer wiederkommt, gehört abgeklärt."

Eine ältere Frau, die ein wehes Knie hat und wegen eines Rezeptes gekommen ist, begleite ich nach ihrer Besprechung mit der Ärztin hinaus aus der Ordination, wo sie in der Kälte stehend eine Zigarette raucht. Sie erzählt von ihrer Tochter, die letzten Sommer auf ihrem Fahrrad fahrend "abgeschossen worden ist von einem Auto", sie war noch nicht dreißig. Und das Kind, das sie hinterließ, ihr Enkerl, ist erst fünf Jahre alt. Sie weint, ist aber auch stolz darauf, dass so viele Leute beim Begräbnis der Tochter waren. Jetzt aber, kurz nach Weihnachten, will sich der Nebel einfach nicht verziehen, und auch nicht die Trauer über den Verlust der Tochter, weil doch die eigenen Kinder nicht vor einem selbst gehen sollen.

"Schön, dass Sie mir zugehört haben", bedankt sie sich schließlich und hält lange meine Hand, dann geht sie weg, niedergedrückt vom Leben und mit den Schmerzen im kaputten Knie. Bald wird sie vielleicht die Straße erreicht haben, auf der ihre Tochter gestorben ist.

Familienprobleme diskutieren

Viele kommen tatsächlich nur zum Reden, bestätigen Bader und ihre Assistentin, mit der Begründung, ein Rezept zu holen, oder wegen "dem Schwindel", wegen "dem Kreislauf", oder wegen "Ich weiß nicht, was ich habe". Manche kommen auch, weil sie niemand anderen haben, der mit ihnen reden würde, wie die 15-Jährige, die mit der Sprache herausrückt, kaum dass sie Platz genommen hat: "Ich bin psychisch zurzeit nicht so gut drauf!" Die einfühlsame Nachfrage der Ärztin bringt ein düsteres Familienleben zutage: Das Mädchen wohnt zu Hause, ihre Mutter hat einen neuen Freund und ist schwanger, "sie weiß es seit gestern!", und: "Er hat kein Geld! Er kann sich nicht einmal Essen kaufen! Ich halte das nicht aus! Mich regt das auf! Der fühlt sich so frei bei uns! Die Nachbarin versteht das auch nicht!"

Je länger sie redet, desto deutlicher wird, dass sie Verbündete sucht und jemanden, der sie bemitleidet. Doch die Ärztin bleibt klar und bestimmt: "Vieles von dem, was du mir erzählst, geht dich nichts an, auch wenn du hundertprozentig recht haben solltest mit deinen Beobachtungen." Ihr Vater ist lange weg, sie vermisst ihn, und so empfiehlt die Ärztin eine Gesprächstherapie bei einer Sozialeinrichtung, wo diese eventuell gratis zu bekommen wäre.

Im "Arbeitsbehelf Honorarordnung" wird das als "ausführliche diagnostisch-therapeutische Aussprache zwischen Arzt und Patient" angeführt, und Bader kann dafür 15,80 Euro verrechnen. (Es gibt übrigens nichts, was in diesem Handbuch nicht detailliert aufgeführt wäre: Kurzintervention zum Rauchstopp 5,10 Euro; Diabetes-Erstbetreuung 71,37 Euro, Diabetes-Quartalscheck 20,55 Euro, Diabetes-Jahrescheck 46,50 Euro, Legen eines Dauerkatheders beim Mann, Prostatamassage – alles hat seinen fachärztlichen Preis.)

Junge und alte Sorgen

Um zehn Uhr hatte Bader 26 Patienten im Zimmer, für jedes Ordinationsgespräch verrechnet sie der Krankenkasse sieben Euro. Die 27. Patientin meint, der Eisengehalt in ihrem Blut sei vielleicht zu niedrig, weil sie "unter ständiger Müdigkeit" leide. Schnell kommt jedoch heraus, dass bei ihr letztes Jahr ein Burnout-Syndrom diagnostiziert wurde, seit dem Unfalltod der Eltern im letzten Jahr sei "die Belastung zu Hause extrem hoch".

Sie musste damals eine bereits angetretene Kur abbrechen, die sie nun nachholen möchte. "Bei einer Kur tun sie was für dich, bei einer Reha musst du was tun", weiß sie. Nun freut sie sich darauf, dass jemand vier Wochen etwas für sie tut, "ein Urlaub käme teurer". Der Drucker unter dem Schreibtisch der Hausärztin druckt und druckt und druckt.

Viele der Menschen, die zur Frau Doktor kommen, und darunter überraschend viele junge und sehr junge, wirken müde und sind ausgelaugt, was nicht nur in den Diagnosen und ausgestellten Rezepten zum Ausdruck kommt. In vielen Nebensätzen zeigen sich die wahren Probleme der Leute, die sie in die Ordination treiben: belastende Pflegefälle zu Hause, Beziehungsprobleme, zu viel Alkohol, Geldsorgen.

Patienten mit viel Erfahrung

Dagegen die alten Leute! Frau Wagner zum Beispiel, 81 Jahre alt und schon mit Herzschrittmacher sowie drei Stents "ausgerüstet" ("Seit dem Zwölferjahr!", sagt sie lachend). Sie hat schon "etliche Operationen" hinter sich, und was Medikamente angeht, ist sie vollkommen entspannt: "Ich nehme alles, was die Frau Doktor mir gibt!" Ihr Blutdruck war viel zu hoch, als sie ihn zu Hause gemessen hat, aber nun hat sie normale 130/80. "Mein Gott", lacht sie, "vielleicht muss ich daheim die Batterien austauschen!"

Einmal hatte sie schon ein paar hunderttausend Thrombozyten zu viel, so steht es jedenfalls im Krankenblatt der Patientin, und diese extrem hohe Anzahl war "vielleicht Weltrekord", sagt die Ärztin, die darüber aber keine Arbeit für "Nature" verfassen wird. Frau Wagner kriegt jetzt "irgendwie gerade keine Luft", aber an der Lunge liegt es nicht, wie das Abhören ergibt. "Haben Sie geschwollene Füße?", fragte die Ärztin. "Nein!" Aber Frau Wagner nimmt es sowieso gelassen. "Wie es kommt, so kommt es", steht im Handbuch für ein geglücktes Leben.

Dann erzählt sie, wie gerne sie früher Rindsuppe mit Nudeln gegessen hat, aber heute geht das nicht mehr, "weil ich so zittere". Ihre Kraft reicht gerade noch, um für den Enkel die Wäsche zu bügeln, aber jetzt, wo sie keine Luft mehr kriegt, kommt sie vom Keller mit dem Wäschekorb fast nicht mehr rauf.

Die Ärztin weiß, dass Frau Wagner mit ihrem Mann seit Jahren nichts mehr redet. Sie gehört einer Generation an, in der man zusammengeblieben ist, auch gegen jede Vernunft und gegen jedes ehrliche Empfinden. Der Tod scheint hier manchmal eine Erlösung zu sein, der des einen oder des anderen Ehepartners, egal. Hauptsache erlöst. Nun wird ein Herzultraschall im nähergelegenen Regionalkrankenhaus angedacht oder alternativ ein Stressecho im weiter entfernten Schwerpunktspital. "Lieber in der Nähe bleiben!", sagt Frau Wagner lachend, und nach einigen Telefonaten hat ihre Ärztin einen Termin organisiert, ein Rettungswagen wird sie umgehend dorthin transportieren.

Immer auf Achse

Um zwölf Uhr sperrt die Praxis zu, und um 13 Uhr kommt die Ärztin dann auch weg, zuvor mussten noch die Nachmittagshausbesuche besprochen werden, über die im Handbuch steht: Besuch bei Tag an Werktagen 32 Euro.

Eva Bader fährt im SUV die zwanzig Kilometer, bis sie das Haus einer alten Frau erreicht, und nun wird es für den Außenstehenden vielleicht ein wenig "g'schmackig": Die alte Frau hat Verstopfung, und der steinharte Stuhl lässt sich auch per Einlauf nicht mehr herausholen. Frau Doktor Bader, "Ärztin aus Leidenschaft", immer fröhlich und gut gelaunt selbst in schwierigsten Lebenslagen, entscheidet sich für eine "digitale Stuhlausräumung". "Digitus" ist der Finger, und jeder kann im Internet nachschlagen, wie das dann genau geht.

Pro Jahr ist sie über 20.000 Kilometer unterwegs im Dienste der Gesundheit, und obwohl sie ihre Patienten mag und auch ihren Job als niedergelassene Ärztin oder praktische Ärztin oder von ihr aus auch Landärztin, ist ihr die liebste Fahrstrecke jene nach Hause. Sie ist glücklich verheiratet und aufgehoben in ihrer Familie, dort kann sie reden oder auch nicht. Sie kann sich auch einfach die schöne Landschaft anschauen, falls sich der Nebel doch einmal verzieht, oder in eine nahegelegene Therme fahren zum Saunieren, Schwimmen und Ausspannen. Am Wochenende wird sie genau das tun. (Manfred Rebhandl, CURE, 14.5.2017)