Nach zahlreichen Gerüchten und einer schier endlosen Fülle an "Leaks" war es am Mittwoch nun soweit: Samsung hat mit dem Galaxy S8 das neue Topmodell für seine Smartphone-Serie vorgestellt. Und zwar eines, in das das Unternehmen dieses Mal besonders hohe Erwartungen steckt. Immerhin will man das Note-7-Desaster vergessen machen. Der STANDARD hatte bereits im Vorfeld die Möglichkeit erste Erfahrungen mit dem Gerät zu sammeln. Wie gewohnt sei darauf verwiesen, dass es sich hierbei um ein Hands-on handelt, das in einem zeitlich und räumlich eng begrenztem Rahmen stattfand, und beispielsweise keinerlei Aussagen über die Akkulaufzeit zulässt. Auch ein detailliertes Urteil zur Qualität der Kamera lässt sich seriöserweise in einem solchen Setting nicht abgeben.

Alles Display

Die größte Neuerung des Galaxy S8 zeigt sich auf den ersten Blick: Der Bildschirm nimmt nun praktisch die gesamte Vorderseite des Geräts ein, von rund 85 Prozent ist hier die Rede – Samsung nennt dies "Infinity Display". Lediglich ein schmaler Bereich oberhalb und unterhalb des Displays verbleiben noch, immerhin muss auch Frontkamera und Telefonlautsprecher irgendwo untergebracht werden. Der untere Rand wiederum soll dabei helfen, das Gerät zu halten, ohne dauernd unabsichtlich Aktionen am Bildschirm auszulösen. Und nicht zuletzt wird so auch die Symmetrie bewahrt.

Das Galaxy S8: Schlanker Bezel und Edge-Design.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Möglich wird dieses neue Design nicht zuletzt dadurch, dass Samsung den Homebutton an der Vorderseite gestrichen hat. Stattdessen setzt nun auch das südkoreanische Unternehmen auf On-Screen-Navigationselemente, wie es andere Android-Hersteller schon seit Jahren tun. Allerdings verharrt Samsung dabei auf seiner eigenen Reihung der Knöpfe, die sich von anderen Geräten unterscheidet. In den Einstellungen lässt sich diese Sortierung allerdings umdrehen, wer will kann dabei auch gleich die Buttons mit einer Hintergrundfarbe der eigenen Wahl hinterlegen. Eine wirklich freie Anpassung der Navigation erlaubt Samsung hingegen nicht.

Parallel dazu spricht der Hersteller aber auch davon, dass es sehr wohl noch einen richtigen Home-Button gibt, der allerdings unsichtbar unter dem Bildschirm angebracht ist. Derzeit ist dessen Funktionalität aber so begrenzt, dass er im Kurztest kaum auffällt. Er kann einerseits zum Entsperren des Geräts genutzt werden, andererseits soll er in allen Apps zum Homescreen zurückführen, auch wenn gerade kein On-Screen-Button zu sehen ist. Dafür müssen die Nutzer etwas fester an der entsprechenden Stelle drücken.

Relationen

Doch zurück zum Bildschirm: Dieser ist je nach Modell nun 5,8 (S8) oder 6,2 Zoll (S8+) groß. Dies mag angesichts der Erfahrungen früherer Jahre geradezu gigantisch klingen, durch den schlanken Rahmen sind beide Geräte aber praktisch gleich breit wie die direkten Vorgänger von Samsung. Genau genommen ist das S8 sogar ein kleines Stück schmaler ausgefallen als das S7. Befürchtungen, dass das Gerät durch das neue Display schlicht zu groß ist, bewahrheiten sich also nicht. Ein zweiter hierzu beitragender Faktor ist, dass das Seitenverhältnis verändert wurde, mit 18,5:9 ist der Bildschirm deutlich länger als der des Vorgängers, und sogar noch etwas stärker gestreckt als beim LG G6 (2:1), das auf ein ähnliches Design setzt. Samsung sieht darin die Zukunft, verschweigt aber geflissentlich die Schattenseite: Ohne extra angepasst Inhalte wird nun bei Apps wie Youtube das Geschehen von großen schwarzen Balken links und rechts umrankt. Auch unter den Samsung-Apps ließen sich kaum welche finden, die aus dem zusätzlichen Platz wirklich etwas Sinnvolles machen, am ehesten noch die Kamera-App, die so die Kontrollen und den vollen Fotoausschnitt gleichzeitig im Blick halten kann.

Das Galaxy S8+ (im Vordergrund) ist merklich größer als das reguläre S8.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Edge überall

Schlechte Nachrichten gibt es hingegen für all jene, die mit dem seitlich gebogenen Edge-Bildschirm nichts anfangen können. Dieser wird nun nämlich von beiden Modellen genutzt, eine Ausführung mit flacher Front gibt es also nicht mehr. Zumindest hat Samsung ein bisschen dazu gelernt und lässt die Biegung dezenter als beim S7 ausfallen, wodurch sich das neue Gerät etwas besser hält. Trotzdem gibt es andere Geräte, die deutlich stabiler in der Hand liegen, was einerseits an den verwendeten Materialien (beim S8 also Glas und Metall) , aber eben auch am Edge-Design liegt. Hier lässt Samsung also Form über Funktion obsiegen. Der Vollständigkeit halber seien auch noch die exakten Abmessungen genannt: Das S8 ist 148,9 x 68,1 x 8,0 Millimeter groß, dies bei einem Gewicht von 155 Gramm. Das S8+ist mit 173 Gramm etwas schwerer, und mit 159,5 x 73,4 x 8,1 Millimeter – wenig überraschend – auch deutlich größer.

Gewohnte Display-Stärken

Bei der Bildschirmtechnologie setzt Samsung einmal mehr auf einen AMOLED aus eigener Fertigung, die Auflösung wächst durch das neue Seitenverhältnis auf 2.960 x 1.440 Pixel – das nennt sich übrigens WQHD+, sei für die Freunde von Akronymen angemerkt. Wie schon von den Vorgängern gewohnt, liefert Samsung dabei eine hervorragende Bildqualität. Sowohl bei der maximalen Helligkeit als auch beim Kontrast und der allgemeinen Darstellungsqualität macht derzeit niemand Samsung etwas vor. Große Sprünge im Vergleich zum Vorjahresmodelle waren mit freiem Auge allerdings auch nicht zu erkennen. Der Hersteller streicht jedoch ergänzend hervor, dass es sich dabei um das erste offiziell abgesegnete, mobile HDR-Display handle. Entsprechende Inhalte lagen im Kurztest aber nicht vor. In der Zukunft soll passender HDR-Content unter anderem von Amazon kommen.

Biometrische Absurditäten

Die Streichung des Home-Buttons hat natürlich auch zur Folge, dass man einen neuen Ort für den Fingerabdruckscanner suchen musste. Samsung hat sich hier – wie viele andere Anbieter – für die Rückseite des Geräts entschieden. Über die Vor- und Nachteile von vorder- oder rückseitig angebrachten Scannern lässt sich vortrefflich diskutieren, all das ändert aber nichts daran, dass die exakte beim S8 gewählte Position wie eine Verlegenheitslösung wirkt. Direkt neben der Kamera angebracht, ist quasi garantiert, dass die Nutzer laufend unabsichtlich auf die Kamerabdeckung greifen und so die Fotoqualität negativ durch Verschmutzungen beeinflussen. Andere Hersteller lösen dies schlauer, indem sie den Sensor mit einem gewissen Abstand unter die Kamera platzieren. Gesten unterstützt Samsung beim Fingerabdruckscanner im Gegensatz zu anderen Herstellern übrigens nicht.

Eine viel schlechtere Stelle hätte sich Samsung für den Fingerprint-Reader kaum aussuchen können.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Neben dem Fingerprint-Reader bietet das S8 noch eine zweite Form der biometrischen Authentifizierung, und zwar jene mittels Irisscan. Mit einem solchen Feature war schon das Note 7 ausgestattet, Samsung betont, dass man das Ganze noch einmal verfeinert hat. Tatsächlich funktionierte diese Funktion im Kurztest recht zuverlässig, an der generell äußerst zweifelhaften Sinnhaftigkeit dieses Ansatzes ändert dies aber nichts. Im Vergleich zum Fingerabdruck dauert der Irisscan einfach erheblich länger, und eine höhere Sicherheit bietet er realistischerweise auch nicht.

Prozessor

Für einige Aufregung hat im Vorfeld bereits die Prozessorwahl gesorgt, hat sich doch Samsung angeblich die gesamte erste Charge des Snapdragon 835 einverleibt – und damit vom neuen Topprozessor aus dem Hause Qualcomm. Dies hat den für den Wettbewerb unerfreulichen Nebeneffekt, dass andere Hersteller hier warten müssen. Für europäische Nutzer ist dies aber ohnehin nebensächlich, setzt Samsung doch hier einmal mehr lieber auf einen Chip aus eigener Fertigung. Potentiellen S8-Käufern kann es recht sein, ist doch der Exynos 8895 mit seiner Kombination aus vier stromsparenden (1,7 GHz) und vier flotten (2,5 GHz) Kernen sogar noch einen Tick schneller als die Konkurrenz. An die Single-Core-Performance von Apple kommt man damit zwar noch immer nicht heran, aber bei Multicore-Benchmarks liefert der Chip Bestwerte. Dies legen zumindest im Vorfeld durchgesickerte Benchmarks nahe, überprüft konnte das im Rahmen des Hands-On allerdings nicht werden. Ob die Nutzer davon etwas bemerken, ist natürlich eine ganz andere Frage. Dass der SoC im neuen 10-Nanometer-Prozess gefertig ist, sollte jedenfalls bei der Reduktion des Stromverbrauchs behilflich sein.

Subjektiver Eindruck

Im Hands-On machte das S8 jedenfalls den zu erwartenden äußerst flinken Eindruck, immerhin handelte es sich dabei um ein frisch aufgesetztes System mit Top-Hardware im Hintergrund. Bei der UI-Performance dürfte aber wohl auch ein kleiner Trick helfen: In den Systemeinstellungen offenbart sich nämlich, dass das S8 von Haus aus gar nicht mit voller Display-Auflösung betrieben wird, sondern "nur" mit 2.220 x 1.080 Pixel. Eine durchaus spannende Entscheidung, hilft dies doch dabei die GPU zu entlasten, ohne einen wirklich sichtbaren Qualitätsverlust zur Folge zu haben. Und bei den Apps, die wirklich die volle Auflösung brauchen, etwa für Virtual-Reality-Apps, kann das System dann noch immer gezielt umschalten.

Die User können die On-Screen-Navigation zu einem gewissen Grad anpassen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Zur Seite stehen dem Prozessor 4 GB RAM (LPDDR4), und damit exakt gleich viel wie beim Vorgänger. Auf – vom Nutzen her bislang eher zweifelhafte – Speicherexzesse wie so manch anderer Hersteller, der auf 6 GB setzt, verzichtet Samsung also derzeit. In den offiziellen Spezifikationen findet sich allerdings der durchaus interessante Hinweis, dass die Speicherausstattung je nach Region variieren kann. Eventuell wird also doch noch eine S8-Version mit mehr RAM folgen, wobei aller Erfahrung nach diese wohl auf einzelne asiatische Märkte beschränkt sein wird.

Kamera

Für die Kamera preist Samsung einen 12-Megapixel-Sensor mit einer Blende von f/1.7 und einer Pixelgröße von 1,4 Mikrometer an. Das klingt verblüffend nach dem schon beim S7 verwendeten Sony IMX260, ob hier wirklich der gleiche Sensor zum Einsatz kommt, wollte Samsung auf Nachfrage vorerst nicht verraten. Klar ist aber ohnehin dass der Sensor nur einen Teil der resultierenden Bildqualität ausmacht. Im Hands-On reagiert die Kamera jedenfalls – bei allerdings sehr guten Lichtverhältnissen äußerst flink. Die Kombination aus PDAF- und Laser-Autofokus leistet also offenbar volle Arbeit. Zudem nimmt die Kamera laut Samsung nun immer automatisch drei Bilder auf und kombiniert diese, um das beste Ergebnis zu erzielen. Ein Konzept, das sehr ähnlich zu Googles beim Pixel genutzten HDR+ klingt. Die Bildqualität konnte sich auf den ersten Blick jedenfalls wirklich sehen lassen. Für ein endgültiges Urteil ist es freilich noch zu früh, konnten doch etwa keine Low-Light-Fähigkeiten getestet werden.

Deutliche Verbesserungen gab es bei der Frontkamera, die nun mit einem 8-Megapixel-Sensor ausgestattet ist, und sichtlich bessere Ergebnisse liefert als das S7. Die Kamerasoftware wirkt mit allerlei Effekten und Gimmicks mittlerweile ziemlich überladen, Samsung wäre gut beraten, sich wieder auf die wirklich wichtigen Funktionen zu besinnen. "Lustige" Hüte und Masken können auch im Messenger der eigenen Wahl hinzugefügt werden.

Die S8-Kamera mit zweifelhaften Bixby-Gimmicks (mehr dazu weiter unten im Text)
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Akku

Besondere Aufmerksamkeit hat Samsung dem Akku zukommen lassen, immerhin will man mit allen Mitteln eine Wiederholung der Ereignisse des letzten Herbsts verhindern, als Akkubrände die Einstellung des Galaxy Note 7 erzwangen. Neben, wie das Unternehmen unaufhörlich wiederholt, verschärften Kontrollen der Akkus, gibt man sich beim S8 auch eher konservativ in Hinblick auf den Akkuumfang. Mit 3.000 bzw. 3.500 mAh befinden sich die Geräte auf dem Niveau der Vorgänger, jener des S8+ ist sogar etwas kleiner (um 100 mAh) als der des vergleichbaren S7 Edge. Allerdings verspricht der Hersteller, dass die neuen Akkus deutlich langsamer an Kapazität verlieren sollen also jene früherer Geräte. So soll der Akku des S8 nach einem Jahr noch 95 Prozent der Originalkapazität aufweisen, beim S7 liegt dieser Wert demnach bei 80 Prozent. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Behauptung derzeit natürlich noch nicht.

Unzweifelhaft erfreulich ist dafür, dass nun auch Samsung eine USB-C-Schnittstelle verwendet, und sich so den (meisten) anderen Herstellern im Android-Umfeld anschließt. Neben dem Aufladen auf diesem Weg bietet das S8 auch einmal mehr die Möglichkeit Fast Wireless Charging zu verwenden. Und was viele User freuen dürfte: Entgegen früheren Gerüchten ist das S8 auch wieder mit einem klassischen Kopfhörerstecker ausgestattet. Und als Bonus wird jedes Gerät mit In-Ear-Kopfhörern von AKG ausgeliefert.

Vermischtes

Der interne Speicherplatz liegt bei 64 GB (UFS 2.1) – und zwar fix, Modelle mit unterschiedlicher Speicherausstattung sind nicht vorgesehen. Allerdings lässt sich dies bei Bedarf über einen MicroSD-Slot um weitere 256 GB erweitern. Vom Vorgänger hat das S8 die IP68-Zertifizierung geerbt, was bedeutet, dass es im gewohnten Rahmen vor Wasser (30 Minuten unter Wasser bis zu einer Tiefe von 1,5 Meter) und Staub geschützt ist.

In Fragen Connectivity gibt es LTE Cat. 16, Samsung nennt dies landläufig Gigabit-LTE. Klingt beeindruckend, wird in den meisten Ländern vorerst aber rein theoretisch bleiben, da noch kaum ein Anbieter Cat. 16 unterstützt. Bei WLAN gibt 802.11ac (MU-MIMO, VHT80, 1024-QAM), ebenfalls Cutting-Edge ist die Unterstützung für Bluetooth 5.0. Dies ermöglicht etwa die Bluetooth-LE-Übertragung mit bis zu 2 Mbit/s. Zudem kann das S8 gleichzeitig an zwei Bluetooth-Audio-Geräte streamen, die Lautstärke lässt sich dabei getrennt festlegen.

Softwareausstattung

In Fragen Software nutzt Samsung Android 7.0 als Basis, was durchaus interessant ist, ist doch mittlerweile Android 7.1.1 aktuell. Wie gewohnt wurde die Oberfläche mit Samsungs eigenem Touchwiz überzogen. Dabei gibt es einen neuen Launcher, der sich sehr reduziert präsentiert, und Anleihen bei Googles Pixel Launcher nimmt. Der App Drawer ist also auch hier jetzt über einen Swipe hinauf von den beliebtesten Anwendung aus erreichbar.

Neben zahlreichen Samsung-Apps gibt es beim S8 wieder die gewohnt vorgeschrieben Google-Apps sowie einige Microsoft-Programme.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Desktop-Dock

Eine der spannendsten Neuerungen des S8 ist der Desktop-Modus: Über eine Dock namens DeX kann das Smartphone in einen Desktop-Rechner verwandelt werden. Im Rahmen des Hands-On durfte dies allerdings noch nicht selbst ausprobiert werden, so bleibt nur der äußere Eindruck aus einer Vorführung. Wie dem auch sei: Angehängt wird das Gerät mittels USB-C-Schnittstelle, nach außen gibt es einen weiteren solchen Anschluss, zudem kann auch ein Monitor via HDMI verbunden werden, und es gibt einen Ethernet-Anschluss. Einmal verbunden ist der Desktop innerhalb weniger Sekunden fertig geladen.

Android-Desktop

Entgegen früheren Versuchen anderer Hersteller in diese Richtung, setzt Samsung nicht auf ein vollkommen separates Linux-System, sondern nutzt Android selbst. Dabei greift man auf den Freeform Windows Mode zurück, der mit Android 7.0 in das Betriebssystem Einzug gehalten hat. In Folge gibt es also überlappende Fenster, wie man sie von anderen Desktops gewohnt ist. Auch das Multitasking-Modell unterscheidet sich vom Smartphone-Android, so dass Programme im Hintergrund weiterlaufen. Und manche Programme lassen sich sogar, wie von Windows, macOS und Linux gewohnt, nach Belieben in ihrer Größe verändern. Dies gilt allerdings nur für jene Apps, die dies explizit unterstützen, dazu zählen derzeit neben einigen Samsung-Apps auch Youtube und die Microsoft-Office-Apps. Auch das Anordnen von zwei Fenstern nebeneinander ist in diesem Modus möglich.

DeX macht aus dem Smartphone ein Desktop-System.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Weitere Desktop-artige Erweiterungen für Android sind eine Alt-Tab-Funktion sowie eine Benachrichtigungszentrale. Über diese kann auch direkt auf eingehende Nachrichten geantwortet werden, wer will kann hier sogar Anrufe annehmen und beispielsweise via Headset telefonieren. Auch Googles Video-Chat-App Duo funktioniert in der Demonstration am Desktop problemlos.

Erster Eindruck

Auf den ersten Blick wirkt das Ganze von der Performance her akzeptabel – viel mehr aber auch nicht. So ist etwa beim Wechsel zwischen zwei Fenstern deutlich ein Redraw zu sehen. Dass es hier mit der Leistung knapp werden könnte, ist wohl auch Samsung bewusst, insoferns ist die Auflösung des Desktop-Modus fix auf 1.920 x 1.080 Pixel begrenzt.

Samsung demonstrierte zudem, wie man sogar einen Windows-Desktop in dieser Ansicht nutzen kann. Dabei greift man zu einer VDI (Virtual Desktop Infrastructure)-App von Citrix. In Summe erinnert das Ganze an eine schwächere Variante von aktuellen Chrome-OS-Systemen mit Android-Support und einigen Erweiterungen. Ob man damit endlich den Durchbruch für solche hybriden Smartphone/Desktop-Ansätze erreichen kann, muss sich freilich erst zeigen, immerhin sind schon einige Hersteller zuvor damit gescheitert. Samsung zeigt sich jedenfalls davon überzeugt, dass nun die Zeit reif ist.

Samsung hat einen eigenen Desktop auf Basis von Android entworfen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Bixby

Ein weiteres Highlight der Softwareausstattung soll eigentlich der virtuelle Assistent Bixby sein, der aus dem Kauf von Viv hervorgegangen ist, und als so wichtig angesehen wird, dass Samsung ihm sogar einen eigenen Hardwareknopf zum Aufruf spendiert hat, der unter dem Lautsprecherregler angebracht ist. Im Demobetrieb kann Bixby allerdings nur sehr begrenzt überzeugen. In Teilen wirkt das Gebotene – zumindest derzeit – wie eine schwächere Version von dem, was der Google Assistant und Amazons Alexa bereits bieten. Samsung will sich allerdings über einzelne Besonderheiten abheben: Einerseits die Möglichkeit damit Apps eine generelle Sprachsteuerung zu verpassen. So ist es etwa möglich, in der Foto-App von Samsung gerade angezeigte Bilder mittels Sprachbefehl zu einem gemeinsamen Album hinzuzufügen. Bixby versteht dabei aus dem Kontext, was gemeint ist. Zudem soll Bixby toleranter im Umgang mit den von den Nutzern gewählten Formulierungen sein.

Viele Einschränkungen

Dazu gilt es vor allem zweierlei festzuhalten. Zunächst gibt es Bixby zum Marktstart des S8 nur auf koreanisch, selbst die englischsprachige Version soll erst "später" folgen. Deutschsprachige Nutzer sollten sich also vorerst keine allzu großen Hoffnungen auf dei Verfügbarkeit von Bixby machen. Zudem ist die erwähnte App-Steuerung via Sprache zunächst auf zehn Samsung-eigene Apps begrenzt. Weitere sollen später folgen, mit einem noch folgenden Entwicklungskit hofft man zudem Drittentwickler für dieses Konzept zu begeistern. Der erste Eindruck wirft jedenfalls die Frage auf, warum das jemand jenseits von "zeig mal her, was ich tolles kann"-Angebereien nutzen sollte. Ist das Ganze doch alles andere als konsistent umgesetzt, von der angesprochenen "Reibungsfreiheit" noch weit entfernt. Und durch die bruchstückhafte Umsetzung taugt es auch für den Bereich Barrierefreiheit nicht, hier gibt es einfach geeignetere Tools.

Was deutschsprachigen Usern derzeit von Bixby bleibt: Eine Home-Ansicht, die an Google Now erinnert.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Stattdessen gibt es Gimmicks wie die automatische Erkennung von Objekten in Bildern und dazu geliefert Informationen. Dies funktioniert etwa mit Sehenswürdigkeiten aber auch mit Produkten. Eine nette Spielerei, die man allerdings über die Jahre schon in zigfachen Varianten gesehen hat, schon unter den ersten Android-Apps überhaupt fand sich mit ShopSavvy ein ähnliches Tool.

Bei deutschsprachigen Geräten wird der Bixby-Knopf übrigens dann für den Aufruf einer Apps namens Bixby Home genutzt, die wie eine schwächere Version von Google Now wirkt. Und wenn wir schon bei den Details sind: Neben Bixby befindet sich auch der Google Assistant auf dem Smartphone, er kann über einen Langdruck auf den virtuellen Home-Knopf aufgerufen werden.

Kernel

Zum Abschluss noch ein Softwaredetail für Nerds: Das von Samsung verwendete Android nutzt den Linux Kernel 4.4, und damit eine erheblich neuere Version als andere aktuelle Smartphones. Selbst Googles Pixel verharrt hier noch beim Kernel 3.18. Dies könnte den langfristigen Support des S8 vereinfachen, zudem erbt man einige Sicherheitsverbesserungen, die zwischenzeitlich am Kernel vorgenommen wurden.

Die Softwareausstattung des S8 könnte sich bis zum Marktstart noch ändern.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Verfügbarkeit

Das Samsung Galaxy S8 soll ab dem 28. April um 799 Euro im österreichischen Handel und bei allen großen heimischen Mobilfunkern zu haben sein. Das S8+ ist für denselben Zeitpunkt geplant, soll aber 899 Euro kosten. Damit bestätigt sich auch, dass der südkoreanische Hersteller recht ordentlich an der Preisschraube dreht, die Vorgängergeneration gab es zum Start noch jeweils um 100 Euro billiger.

Vorbestellungen werden ab 18:00 auf einer eigenen Webseite angenommen. Wer bis zum 19. April vorbestellt, bekommt das Gerät dabei bis zu acht Tage vor dem offiziellen Marktstart. Bei beiden Geräten kann zwischen den gewohnt blumige benannten Farbvarianten "Midnight Black", "Arctic Silver" und "Orchid Grey" gewählt werden. Wer auch noch das Desktop-Dock DeX haben will, muss dieses extra erwerben, einen Preis nennt Samsung derzeit aber noch nicht.

Gear VR

Parallel dazu hat Samsung auch eine neue Generation der Gear VR vorgestellt, die dank des größeren Bildschirms ein noch beeindruckenderes Virtual-Reality-Erlebnis liefern soll. So zumindest das Versprechen von Samsung, unabhängig getestet konnte dies im Rahmen des Hands-On nicht werden. Erfreulich ist jedenfalls, dass sich Samsung etwas von Daydream, HTC Vive und Co. abschaut und jetzt auch einen externen Controller zur Steuerung nutzt. Außerdem gibt es eine neue Generation der Samsung Gear 360-Kamera, die nun Rundumaufnahmen in 4K erstellen kann, die sich dann direkt auf Youtube, Facebook und Samsung VR streamen lassen. Das Design der Gear 360 wurde ebenfalls verändert, um das Handling zu verbessern.

Parallel zum S8 / S8+ gibt es auch neue Versionen von Gear VR und Gear 360.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Erster Eindruck

Für ein endgültiges Fazit ist es noch zu früh, aber schon jetzt ist eines klar: Die größte Änderung des Galaxy S8 / S8+ liegt beim Design und dem damit einhergehenden größerem Bildschirm. Bei den Hardwareinnereien liefert Samsung hingegen zwar ebenfalls wieder Topausstattung, gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass sich die real spürbaren Unterschiede im Vergleich zum S7 in recht engen Grenzen halten. Der Desktop-Modus wirkt auf den ersten Blick interessant, muss sich aber erst unter realistischen Testbedingungen bewähren, und Bixby ist derzeit für deutschsprachige User ohnehin eine theoretische Größe – viel versäumen sie dabei zumindest bisher aber ohnehin nicht. (Andreas Proschofsky, 29.3.2017)