Bregenz – Mit einem Anteil von 63 Prozent sind die Katzen die beliebtesten Haustiere in Österreich. Aber warum holt man sich Katzen ins Haus? Längst nicht mehr, um Mäuse von den Getreidespeichern oder andere unliebsame Eindringlinge von den Behausungen fernzuhalten. Heute ist die Katze Gesellschafterin.

"Man schafft sich eine Katze an, weil man ein neues Familienmitglied möchte", weiß die Münchner Veterinärin und Ethologin Daphne Ketter aus ihren Befragungen. Ausschlaggebend für die Familienerweiterung sei meist der Wunsch der Kinder nach einem Haustier. Aber auch in Singlehaushalten ist die Katze ein begehrter Sozialpartner, der schnurrende Vierbeiner soll gegen die Einsamkeit helfen.

"Wer bist du, Katze?"

Das Zusammenleben verläuft nicht immer friktionsfrei. "Wenig vorbereitet" seien die Menschen auf den Familienzuwachs, sagt Ketter. Man erkundige sich zu wenig über die Eigenschaften, über das Vorleben eines Tieres, könne Verhaltensweisen nicht richtig deuten. "Wer bist du, Katze?", diese Frage, die sie so oft von Katzenhalterinnen und -haltern höre, machte die Bregenzer Tierärztin und Journalistin Tanja Warter zur Thematik des ersten Animalicum, eines Kongresses, den sie kürzlich in Bregenz zur Verbesserung des Tier-Mensch-Verständnisses veranstaltete. Ein Schwerpunkt dabei war die Katze-Mensch-Kommunikation.

Die Hauskatze, Nachfahrin der afrikanischen Falbkatze (Felis silvestris lybica), begleitet die Menschen seit über 9000 Jahren. Gräberfunde und Darstellungen weisen auf die Katze als Haustier hin. Durch die Literatur schleicht die Katze als mysteriöses Wesen.

Die Vielfalt des Miau

Wer mit Katzen lebt, ist davon überzeugt, dass man mit ihnen reden kann. Ihr Miau hat durchaus Nuancen. Man weiß: Es klingt anders, wenn die Katze dringend hinaus- oder hereinwill, wenn ihr das Dosenöffnen nicht schnell genug geht, wenn sie vom Fenster aus einen Vogel betrachtet, wenn sie spielen oder lieber ungestört sein möchte.

Einbildung der Katzenmenschen, Zufall, oder lässt sich das wissenschaftlich beweisen? Susanne Schötz ist Wissenschafterin und Katzenfreundin. Als Fonetikerin setzt sie sich mit der Lautlehre, im Speziellen mit der Melodie und den Sprachlauten schwedischer Dialekte auseinander. Beides, ihre Arbeit als Sprachwissenschafterin und ihr Interesse für das Haustier, hat sie im Forschungsprojekt "Melody in Human-Cat Communication" an der Universität Lund zusammengeführt.

Katzen sind die Lieblingshaustiere in Österreich. Sie haben sich von Mäusefängern zu Gesellschaftern hochgearbeitet. Liebsein ist ihre Hauptaufgabe.
Foto: imago/blickwinkel

Zuerst habe sie nur privat aufmerksam den Lautäußerungen ihrer Katzen gelauscht, erzählt Susanne Schötz. "Ich habe mich in der Freizeit mit den Katzenlauten beschäftigt, weil ich eine sehr gesprächige Katze hatte." An ein Forschungsprojekt habe sie nicht gleich gedacht, "weil ich doch Bedenken hatte, nicht ernst genommen zu werden". Für ihre Recherchen stand Schötz nur wenig Literatur zur Verfügung, zwei, drei Studien waren auffindbar, Messungen fehlten gänzlich. Wider Erwarten stieß die Forschungsidee der Schwedin auf positives Echo in Fachkreisen, eine private Stiftung finanzierte das Projekt.

Lautsignale vor allem gegenüber Menschen

Lautsignale sind ein Kommunikationsmittel, das Katzen vor allem gegenüber Menschen verwenden. Katzenhalter reagieren sensibel auf das Miauen, vielleicht weil es auf der Frequenz von Kinderweinen liegt. Untereinander kommunizieren Katzen eher über Körpersprache und Duftsignale – abgesehen von der Kommunikation zwischen Katzenmüttern mit ihren Jungen, dem abwehrenden Fauchen erwachsener Tiere, den Anbahnungs- und Kampflauten, wenn es um Paarung und Rivalenabwehr geht.

Schötz konzentriert sich mit ihrem Team auf die Erforschung der Melodie des Miauens mit ihren zahlreichen Variationen. Ihre Fragestellung: Machen alle Katzen dasselbe in der gleichen Situation? Gibt es rasse- und altersbedingte, geschlechtsspezifische, geografische Unterschiede? Hängt die Katzensprache von der Sprache, gar dem Dialekt des Menschen ab?

Schnurren, Fauchen, Mauzen

Den Antworten nähert sich das schwedische Forschungsteam über Ton- und Filmaufnahmen aus zwei verschiedenen schwedischen Dialektgebieten, die sehr gut durch Studien erforscht sind. Die Forschenden filmen die Katzen (und Menschen) in ihrem Alltag. Weil das aber nicht immer auf Anhieb klappt, bekommen die Tiere eine Minikamera an einem Halsband umgebunden, die Katzenhalter drücken den On-Knopf je nach Situation.

Katzenlaute sind Schnurren, Gurren, Kreischen, Maunzen, Singen, Jammern, Fauchen, Schnattern. Sie äußern diese Laute mit offenem oder geschlossenem Mund, entspannter oder angespannter Kiefermuskulatur. Mit Computerprogrammen werden die Details analysiert und dargestellt. Spektrogramme bilden Frequenzen von Signalen ab. Sonogramme machen Schalleigenschaften einzelner Laute im zeitlichen Ablauf sichtbar, Flecken und Muster in unterschiedlicher Farbintensität lassen Vokale und Konsonanten unterscheiden.

LundUniversity

Untersucht wird in Lund auch, wie sich die Stimme des Menschen auf das Tier auswirkt, ob Katzen auf unterschiedliche Tonlagen und Betonungen unterschiedlich reagieren und ob sie es wirklich mögen, in den höchsten Tönen angesprochen zu werden.

Natürlich sei sie auch immer wieder mit Kritik konfrontiert, räumt Susanne Schötz ein: "Manchen finden, dass meine Arbeit Quatsch ist." L'art pour l'art sei ihre Studie aber nicht, schließlich könnten die Erkenntnisse ihres Projekts wesentliche Fortschritte in der Veterinärmedizin bringen, "weil man in der Tiermedizin dringend wissen muss, was die Katze wirklich meint". Auch ein weiterer Aspekt spreche für die Analyse: "Katzen werden immer öfter als Therapietiere eingesetzt, – bei Kindern, die Hilfe beim Lernen brauchen, oder bei alten Menschen. Da ist es ganz wichtig, dass Betreuungspersonen wissen, was die Katze will und was nicht." (Jutta Berger, 30.3.2017)