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Eine einzigartige Rotationsbewegung ermöglicht es Stechmücken, mit sehr raschen und relativ kurzen Flügelschlägen zu fliegen.

Foto: Picturedesk / James Gathany

Hatfield/Wien – Für gewöhnlich erregen Moskitos vor allem durch die gefährlichen Krankheiten, die sie übertragen, wissenschaftliches Interesse. Dieser Tage beschäftigt aber eine andere Erkenntnis über die blutsaugenden Insekten die Fachwelt: ihre außergewöhnliche und teilweise noch ungeklärte Art zu fliegen.

Warum Insekten fliegen können, war lange Zeit unklar. Die Besonderheiten der Flugtechnik von Stechmücken, geben der Fachwelt immer noch Rätsel auf.
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Wie Forscher rund um Richard Bomphrey vom Royal Veterinary College in Hatfield bei London in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature berichten, sind sie der Flugtechnik von Stechmücken mit aerodynamischen Studien auf den Grund gegangen. Mit acht Infrarot-Highspeed-Kameras wurden die Flügelbewegungen von Moskitos mit 10.000 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet, wodurch die Zoologen auf überraschende Ergebnisse stießen – und auf einige noch ungeklärte Fragen.

Rasche Flügelschläge

Stechmücken haben lange, dünne Flügel, die gemessen an ihrer Größe mit einer vergleichsweise hohen Frequenz von rund 800 Hertz schlagen. Das ist etwa viermal schneller als Insekten mit ähnlicher Größe und erklärt auch das unangenehme Surrgeräusch, wenn sich die Blutsauger nähern.

Die Moskitoflügel schlagen sehr schnell, haben aber eine ungewöhnlich geringe Schwingungsweite: Der maximale Winkel, um den die Flügel ausschlagen, beträgt 40 Grad – Fruchtfliegen bewegen ihre Flügel dagegen in einem Winkel von 150 Grad, und selbst bei Honigbienen, die für den kleinen Winkel ihrer Flügelbewegung bekannt sind, ist dieser immer noch doppelt so groß wie bei Stechmücken. So stellt sich die Frage, wie Letztere überhaupt flugfähig sind.

Abheben per Luftwirbel

Warum Insekten vom Boden abheben können, hat mit einem bestimmten Mechanismus zu tun: Ein Luftwirbel oberhalb der Vorderkante von Insektenflügeln trägt wesentlich zur Erzeugung des Auftriebs bei. Wie Bomphrey und Kollegen zeigen konnten, nutzen Moskitos zusätzlich dazu noch weitere zwei aerodynamische Tricks: einerseits einen Luftwirbel an den Hinterkanten der Flügel, andererseits einen Auftriebsmechanismus, der durch die Rotation der Flügel erzeugt wird.

Noch eine Eigenheit ist den Forschern bei der Flugtechnik der Moskitos aufgefallen: Der Großteil der fliegenden Insekten hält das Gewicht hauptsächlich durch die Flügelschläge in der Luft – das haben die vergangenen beiden Jahrzehnte an experimenteller und theoretischer Forschung zum Flugverhalten von Insekten zutage gebracht. Während sich die meisten Insekten dabei überraschend ähnlich verhalten, stechen Moskitos aber deutlich heraus: Durch die einzigartige Form ihrer Flügel halten sie sich vor allem durch kurze Rotationsbewegungen am Ende der Flügelschläge in der Höhe.

Inspiration für Minidrohnen

Noch ungelöst ist die Frage, warum Stechmücken ein Flugverhalten entwickelt haben, das derart von der Bewegung anderer Insekten abweicht. Bomphrey und Kollegen vermuten, dass die größere Trägheitskraft, die durch die hochfrequenten Flügelschläge entsteht, durch Vorteile in anderen Bereichen kompensiert werden könnte, etwa bei der akustischen Kommunikation.

Wie Laura Miller vom Department für Biologie und Mathematik der Universität von North Carolina in Chapel Hill, die nicht an der Studie beteiligt war, in einem Kommentar in Nature schreibt, werfen die neuen Erkenntnisse nicht nur Fragen hinsichtlich der Evolution der Flügelformen und der Verhaltensbiologie von Insekten auf. Die nun entdeckten aerodynamischen Mechanismen könnten womöglich auch dazu dienen, das Design von Miniaturdrohnen zu verbessern. (Tanja Traxler, 30.3.2017)