Oscar Bronner: "Drozda will künftig den Boulevardmedien inklusive der Gratis-Krawallblätter neben der Inseratenflut auch noch Presseförderung zukommen lassen. Er hat einen Entwurf für ein neues Medienförderungsgesetz ausgearbeitet, das einen Paradigmenwechsel zur bisherigen Praxis darstellt."

Foto: Heidi Seywald

Liebe Leserin, lieber Leser,

Medienminister Thomas Drozda hat beschlossen, das Presseförderungsgesetz zu ändern, und versucht dabei, die Raffinesse der Vorgängerregierung im Verhältnis zu den Medien noch zu übertreffen.

Sollte die Ära Faymann einstmals für irgendetwas in Erinnerung bleiben, so ist es die symbiotische Beziehung zu den Boulevardmedien. Diese wurde mit öffentlichen Geldern in erstaunlicher Höhe erkauft. Berühmt wurde die Forderung von Faymanns Adlatus und späterem Medienminister Josef Ostermayer an die ÖBB: "Ich brauch sieben Millionen für den Werner." So hat die Politik einen wesentlichen Teil der ökonomischen Rahmenbedingungen für zwei Gratiszeitungen in Wien geschaffen.

Wenn man von der hygienischen Qualität dieser Vorgangsweise absieht, hat sie immerhin den Zweck erfüllt, ihre Widersinnigkeit nachzuweisen. Es mag vielleicht zum persönlichen Wohlbefinden beitragen, immer wieder lesen zu können, wie großartig man ist ("Hunde würden Faymann wählen", "Austro-Obama"). Faymanns und Ostermayers Sturz konnte trotzdem nicht verhindert werden, obwohl sich ihre Leibmedien bis zuletzt erkenntlich zu zeigen versuchten. Abgesehen davon haben die Boulevardzeitungen immer wieder populistische Politik von welcher Partei auch immer gefordert und gefördert.

Drozda will künftig den Boulevardmedien inklusive der Gratis-Krawallblätter neben der Inseratenflut auch noch Presseförderung zukommen lassen. Er hat einen Entwurf für ein neues Medienförderungsgesetz ausgearbeitet, das einen Paradigmenwechsel gegenüber der bisherigen Praxis darstellt. Hinter einer Nebelwand schöner Überschriften wie "Förderung von journalistischen Arbeitsplätzen" und "Plattform-Neutralität" und anderen wohlklingenden Augenauswischereien entsteht ein System, das den Boulevard als genauso förderungswürdig erachtet wie Qualitätsmedien.

Während es sich seit einiger Zeit herumgesprochen hat, dass man im Förderungswesen das Gießkannenprinzip gegen mehr Treffsicherheit eintauschen soll, passiert hier das genaue Gegenteil: Das bisherige Presseförderungsgesetz, das bei allem Verbesserungspotenzial immerhin selektiv Qualität und Vielfalt gegenüber den Marktleadern bevorzugt, wird durch eine Gießkanne ersetzt, für welche zusätzliche Budgetmittel von rund acht Millionen jährlich eingeplant werden.

Die Medienpolitik in Österreich ist seit Jahrzehnten ein Desaster. Sie hat dafür gesorgt, dass die Bedingungen für Qualitätsmedien immer schlechter geworden sind. Zum Beispiel hat die in der freien Welt einmalige Konzentration zu einer dramatischen Wettbewerbsverzerrung geführt, die der Boulevardisierung Vorschub leistet. Drozda zeigt, dass man es noch schlechter machen kann.

Die renommiertesten Medienwissenschafter des Landes (zum Beispiel der verstorbene Hannes Haas sowie Matthias Karmasin und Josef Trappel) haben jahrelang Vorschläge zur Reform der Presseförderung gemacht. In den wichtigsten Punkten waren sie sich einig: noch weiter weg vom Gießkannensystem und mehr gezielte Förderung nach Qualitätskriterien. Aber Drozda weiß es besser. Es ist bemerkenswert, mit welcher Nonchalance er diese Expertisen in den Mistkübel schmeißt, um ein Boulevardförderungsgesetz zu schaffen.

Ihr
Oscar Bronner