Wien/Burgenland – Ein gesunder Respekt. So kann man das Gefühl hinter dem Lenkrad dieses M3 auf den ersten Metern nennen. Nur das Gaspedal nicht ärgern.

Foto: Guido Gluschitsch

Auf der Autobahnauffahrt dann ein unüberlegter Gasstoß. In einem Bruchteil einer Sekunde ist es so, als holte der Wagen Luft, um dann wild schreiend und mit dem Heck gestikulierend zu warnen: Reiz mich nicht, Burli. Die Fahrassistenten springen kalmierend zur Seite, halten den M3 in der Spur. Das Blut pocht in den Ohren. Die Pulsuhr würde in den Alarmmodus schalten. "Tschuldigung!" Keine beruhigende Antwort vom M3.

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1986 brachte BMW den ersten M3 auf den Markt. Er hatte wild ausgestellte Radhäuser, einen Vierzylindermotor mit 200 PS, wog 1200 Kilogramm und beschleunigte in 6,7 Sekunden von null auf 100 km/h. Sagen wir so, einem Diesel-Van wird man damit heute auf der Viertelmeile nicht gefährlich. In der ersten Kurve aber pickt der alte M3 vermutlich noch, während der Van schon hemmungslos über die Vorderräder schiebt.

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In fünf Generationen legte BMW immer weiter nach. 1992 der Sechszylinder mit Vanos, 2000 der Powerdome über dem 343 PS starken Reihen-Sechser, 2007 der 420 PS starke V8-Motor mit dem CFK-Dach. 2014 wieder die Rückkehr zum Sechszylinder.

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431 PS leistet der TwinPower-Turbo im M3 und M4. Für unseren "30 Jahre M3" hat BMW noch einmal 19 PS aus dem 3-Liter-Sechszylinder gelockt. Jetzt sprintet dieser M3 mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe in 4,0 Sekunden von null auf 100 km/h. Wenn halt die Reifen ausreichend viel Grip finden. Und wenn der Wagen nicht gerade im Alltagseinsatz ist. Denn genau das war immer die Stärke des Mittelklasse-M: schnell auf der Rennstrecke, aber trotzdem ein Auto für jeden Tag.

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Am Dienstag ruft der Spengler an. In dem Werkstück, das ich ihm überlassen habe, liege eine Windschutzscheibe. Wenn die ganz bleiben soll, warat es gescheit, wenn die heute noch aus der Werkstatt verschwinden würde.

Scheibe!

Aber passt eine Taunus-Scheibe in einen M3, ohne dass der Wagen einen Schaden nimmt? Und wie sehr steigt der Spenglerpreis, wenn der M3 vorfährt?

Foto: Guido Gluschitsch

Mit einem Handgriff waren die Rücksitze umgelegt, die Scheibe war die leichteste Übung für den M3, und der Spengler reagiert auf Autos ohne Blechstangl nicht einmal im Ansatz. Nur das Heimfahren war eine Meditationsübung. Weil einmal Gas geben, und die Scheibe ist Glasbrösel.

Foto: Guido Gluschitsch

Die passen aber so gar nicht in den feinen Innenraum mit viel Carbon, 30-Jahre-Schriftzügen, Vollleder-Merino-Ausstattung in Bi-Color, Kontrastnähten, und sogar die Gurte haben eingearbeitete M-Streifen. Himmelschimmel.

Zudem trägt unser Testwagen die Nummer 1/500. In sowas muss man erst einmal sitzen dürfen. Respekt hin, Angst her.

Foto: Guido Gluschitsch

Es hat ein paar Tage gedauert, bis wir uns auf einem abgesperrten Gelände das DSC, so heißt das ESP bei BMW, abdrehen trauten. Gute Nachricht: Es lässt sich komplett abschalten. Nur: Wenn der M3 ordentlich quer geht, zieht er die Gurte straff. Nach dem fünften Umsetzer wird die Luft knapp.

Foto: Guido Gluschitsch

Die Luft bleibt einem aber auch weg, wenn man auf den Preis dieses Autos schaut: fast 131.000 Euro. Dafür ist es erstaunlich genügsam, was den Durst angeht. Auf 20 Jahre gerechnet ... Moment ... Nein, geht sich nicht aus. (Guido Gluschitsch, 3.4.2017)

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