Zöpfe aus Tüchern und Feinteilen in der Kläranlage Radiga in der Steiermark, dokumentiert von Franz Hammer, Obmann der Gemeinschaft Steirischer Abwasserentsorger .

Foto: Franz Hammer

St. Pölten / Wien – Mit Hohn und Naserümpfen war auf einen Grünen-Antrag vor dem März-Landtag in St. Pölten reagiert worden. Dessen Thema: feuchtes Toilettenpapier. Grünen-Landeschefin Helga Krismer und Co wollten von der Landesregierung fordern, sich beim Bund für ein Verbot der Feuchttücher einzusetzen. Das Thema fand keine Unterstützer – und nicht auf die Tagesordnung.

Die Grünen wollen den Antrag im April erneut einbringen. Viele Reaktionen hätten sie bestärkt, sagt eine Sprecherin. So erklärte der Obmann der Gemeinschaft Steirischer Abwasserentsorger (GSA), Franz Hammer, in einem Brief, er könne den Antrag "verstehen und nachvollziehen". Neben vielem anderen seien die "sehr reißfesten" Feuchttücher "für Kanalbetreiber ganz unangenehm", schrieb der langjährige VP-Funktionär. "Enorme Pumpenverstopfungen" seien die Folge. Die VP-Reaktion auf den Grünen-Vorstoß bezeichnete er als "abwertend und praxisfremd".

"Andere Probleme wichtiger"

Die Krone hatte VP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner mit den Worten zitiert: "Sollte das ein ernst gemeinter Antrag sein, dann wäre den Menschen mehr geholfen, wenn die Grünen sich selbst verbieten würden und diesen Schwachsinn einstellen." Aktuell hieß es bei der Landes-VP zu dem Thema: "Wir haben uns das angesehen und sind zu dem Schluss gekommen, dass es andere Probleme gibt, die wichtiger sind."

Die Tücher sollten sich, so steht auf vielen Verpackungen, im Wasser auflösen. In Kanälen und Kläranlagen macht man aber andere Erfahrungen: "Hygieneartikel sind generell sehr reißfest", erklärt etwa Johannes Kapitan vom Gemeindeverband für Abwasserbeseitigung der Stadt Horn. Tücher – oft auch Staub- und andere Reinigungstücher – könnten von den Schneiderädern einer Kläranlage nicht zerschnitten werden und würden sich bei Pumpen verwickeln. Auch der einer Kläranlage vorgeschaltete Rechen könne sie nicht aufhalten. Im Faulturm komme es zu Verzopfungen. "Den Faulturm zu räumen ist ein Riesenaufwand", sagt Kapitan. Zusätzliche Kosten entstehen.

Neun Millionen Euro Mehrkosten

Laut Initiative "Denk Klobal" fallen in Niederösterreichs Abwassersystem pro Jahr durch 7500 Tonnen Rechengut und 5800 Tonnen Kanalräumgut und unerlaubte Fremdwassereinleitung Mehrkosten von neun Millionen Euro an. Kapitans steirischer Kollege Hammer sagt, dass es in Europa zahlreiche Initiativen zur Eindämmung der Benutzung von Feuchttüchern gebe, "aber da kräht kein Hahn danach. Es bedarf eines politischen Willens".

"Bewusstseinsentwicklung" als Ziel

Verbot hat der Bund derzeit keines in Arbeit. Man setze auf "Bewusstseinsentwicklung", heißt es aus dem Umweltministerium. Diese könnten die kommunalen Abwasserverbände am besten erzielen, "und da passiert einiges". Zudem weist man im Ministerium darauf hin, dass "zahlreiche Produkte", etwa auch Öl- und Speisereste, Probleme machen könnten.

Lokale Abwasserverbände klären zum Beispiel via Homepage oder Gemeindezeitung darüber auf, was im WC nichts verloren hat. Eine so explizite Warnung vor feuchtem Klopapier wie vom Eferdinger Abwasserverband in Oberösterreich findet sich aber selten: "Feuchttücher nicht in die Toilette werfen! Feuchttücher sind Abfall!", steht auf dessen Website.

Niederösterreichs Grüne sehen in der Thematik bereits einen gewissen Erfolg erzielt. "Es muss ja nicht ein Verbot sein", sagt eine Sprecherin. "Es geht uns auch um Bewusstseinsschaffung." (Gudrun Springer, 3.4.2017)