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Am Wochenende demonstrierten in Budapest 10.000 Menschen gegen die geplante Schließung der Central European University.

Foto: AP / Zoltan Balogh

Bereits am Dienstag wird das ungarische Parlament mit den Stimmen der Regierungsmehrheit ein neues Gesetz beschließen, das die private, US-finanzierte Budapester Central European University (CEU) zur Einstellung des Betriebs zwingen wird. Die Vorlage – eine Novelle zum Hochschulunterrichtsgesetz – enthält neue Bedingungen für den Hochschul- und Universitätsbetrieb, die so formuliert sind, dass die CEU sie nicht erfüllen kann.

Die internationale Universität mit Sitz in Budapest ist eine Gründung des US-Milliardärs George Soros aus dem Jahr 1991. Sie bietet auf hohem Niveau Lehrgänge für das Master- und PhD-Studium an und strahlt weit in die Region aus. Sie ist den Ideen einer offenen Gesellschaft verpflichtet.

Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Viktor Orbán will aber eine "illiberale Demokratie" errichten. In allem, wofür Soros steht, erblickt er ein Hindernis für seine Pläne, ein System zu errichten, in dem maßgeblich er bestimmt und die Wahlen lenkt.

Gegen die Liquidierung der CEU formiert sich allerdings Widerstand. Am Sonntag demonstrierten in Budapest 10.000 hauptsächlich junge Menschen, die sich über Facebook organisiert hatten und die Freiheit von Lehre und Forschung in Ungarn gefährdet sahen. Mehr als 500 internationale Topwissenschafter, unter ihnen 17 Nobelpreisträger, unterzeichneten eine Petition, die den Erhalt der CEU fordert.

Eilige Abstimmung

Auch deshalb will Orbán das CEU-Abwicklungsgesetz so schnell wie möglich durchziehen. Am Dienstag wird die Volksvertretung die Debatte und die Schlussabstimmung am gleichen Tag abhalten – ein weiteres Indiz dafür, in welchem Maße das Orbán-Regime die parlamentarische Demokratie in Ungarn zur Durchwink-Maschinerie für Regierungsvorlagen umgebaut hat. Im Sinne des Gesetzes wird die CEU ab kommendem Studienjahr keine neuen Studenten mehr aufnehmen können und die laufenden Lehrgänge bis 2021 abschließen müssen.

Für die CEU zeichnet sich womöglich ein Abwandern ab. Der Bürgermeister von Vilnius hat bereits ein Angebot gemacht, in die litauische Hauptstadt zu ziehen. Und nun gibt es auch in Österreich erste Stimmen für eine Rettung der Privatuniversität. Die Universitätenkonferenz und die Wiener Neos wollen die renommierte Hochschule nach Österreich holen.

"Falls die Universität in Budapest tatsächlich nicht erhalten werden kann, sollte man sich überlegen, anderswo einen Hafen zu finden", sagte Oliver Vitouch, Präsident der Universitätenkonferenz und Rektor der Universität Klagenfurt, dem STANDARD.

"Die CEU würde auch ausgezeichnet nach Wien, Graz oder Klagenfurt passen." Sie könne ihren Namen beibehalten und als Privatuniversität akkreditiert werden. "Ich wünschte, dass alle österreichischen Privatuniversitäten so gut aufgestellt wären."

Auch Beate Meinl-Reisinger, Chefin der Wiener Neos, sieht eine "große Chance für Wien". Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) solle die Universität aktiv einladen, schlägt sie vor. Wien sei mit seiner historischen "Scharnierrolle" zwischen Mittel- und Osteuropa ein idealer Standort. "Das wäre ein enormer Boost für die Stadt", sagt Meinl-Reisinger. Platz gebe es jedenfalls genug in der Stadt, etwa auf dem neuen Areal rund um den Hauptbahnhof.

Orbáns nächstes Ziel

Ungarns Regierung macht derweil im gleichen Ton weiter: Über das Wochenende wurde ein weiterer Gesetzesentwurf der Orbán-Regierung bekannt, der die unabhängigen Menschenrechtsorganisationen aufs Korn nimmt, von denen etliche, so wie die CEU, von Soros' Open Society Fund gefördert werden. Dem Entwurf zufolge müssen sich NGOs, die mehr als sieben Millionen Forint (22.700 Euro) im Jahr an ausländischer Förderung erhalten, bei Gericht registrieren lassen.

Es ist ein Abstempelungsgesetz, das dem russischen Vorbild folgt: Denn die Betroffenen müssen in allen ihren medialen Auftritten die Bezeichnung "auslandsfinanzierte Organisation" anführen. Als "ausländische Agenten" müssen sich ähnliche Gruppen nach dem russischen Gesetz bezeichnen. (Lisa Kogelnik Gregor Mayer aus Budapest, 3.4.2017)