Ein 98 Meter hoher Wohnturm mit Schule in der zweigeschoßigen Sockelzone ist auf dem ehemaligen Bruckner-Areal in Linz geplant.

Visualisierung: AllesWirdGut + Hertl.Architekten | expressiv.at
Visualisierung: AllesWirdGut + Hertl.Architekten | expressiv.at

Immobilienentwickler waren mit dem ehemaligen Areal der Anton-Bruckner-Privatuniversität in Linz bisher glücklos: Ursprünglich waren hier zwei 96 beziehungsweise 80 Meter hohe Türme mit einem zweigeschoßigen Sockel geplant. Die Entwürfe wurden vom Linzer Beirat für Stadtgestaltung aber abgelehnt.

Daher wurde vergangenen Herbst von der Bruckner Immobilien Entwicklungs GmbH nach einem Eigentümerwechsel ein Architekturwettbewerb ins Leben gerufen. Seit wenigen Tagen stehen die Gewinner aus insgesamt 40 Einreichungen fest. Der Siegerentwurf stammt von den Architekturbüros Hertl.Architekten mit Sitz in Steyr und AllesWirdGut Architektur mit Sitz in Wien und München.

Zweigeteiltes Projekt

Statt der ursprünglich geplanten zwei Türme ist nun nur noch ein 98 Meter hoher Turm übrig – der Architekturwettbewerb ließ beide Optionen offen. "Unserer Meinung nach ist ein Turm in diesem Fall die bessere Lösung", sagt Architekt Andreas Marth von AllesWirdGut Architektur. "Wir haben in Studien viele Varianten ausprobiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass ein Turm weniger Masse hat und schlanker als ein Doppelturmprojekt wirkt", führt Gernot Hertl von Hertl.Architekten aus. Das Projekt ist zweigeteilt und besteht aus einem zweigeschoßigen Sockelbauwerk mit Innenhof für eine Schule und dem geknickten Wohnturm. Ganz oben soll dem Gebäude ein Gartengeschoß aufgesetzt werden.

Für Marth ist der Turm zeitlos. "Die umlaufenden Balkonbänder werden von unten nach oben verlaufend von massiven Betonbrüstungen zu optisch leichter werdenden Glasbrüstungen", erklärt er. So entstehe in Richtung Himmel eine eigene Dynamik. Zusätzlich würden diese horizontalen Bänder für die unteren Wohnungen als Sichtschutz dienen, während oben der Ausblick auf die Landschaft gewährleistet werde.

Emotionalisierende Gebäude

In Linz wird aktuell an einem Wohnhochhaus, dem Lux Tower, gebaut. Weitere fünf Türme sind zumindest in Planung. Das Thema wird in der Landeshauptstadt emotional diskutiert, weil – davon sind viele überzeugt – man mit Hochhäusern schlechte Erfahrungen gemacht hat: Auf dem Harter-Plateau in Leonding wurden 2003 zwei Hochhäuser gesprengt, die in den 1970er-Jahren erbaut wurden und schnell in Verruf gerieten.

"Hochhäuser emotionalisieren immer", weiß Architekt Hertl und sagt diplomatisch: "Es gibt gute Gründe für Hochhäuser und gute Gründe dagegen." Dagegen würden in manchen Fällen eine zu hohe Dichte, Beschattungs- und soziale Probleme sprechen.

Ökologisch gesehen sei das Bauen in die Höhe und die damit einhergehende Verdichtung aber eine gute Idee. "An bestimmten Punkten macht ein Hochhaus Sinn", ist Marth überzeugt. Wichtig sei dabei jedoch, ein spezielles Augenmerk auf das Erdgeschoß zu legen, damit die Hochhäuser nicht als Fremdkörper in der Stadt wirken: "Die Schule in der Sockelzone trägt bei unserem Projekt dazu bei, dass der Turm nicht hart auf dem Platz landet."

"Stadtvision" gefordert

Die Sinnhaftigkeit der hohen Häuser sieht in Linz aber nicht jeder: "Wie hoch sind denn in Linz die Grundstückspreise? Ist Linz Manhattan?", fragt ein Linzer Immobilienexperte, der nicht genannt werden will. Auch in der Architektenschaft sind manche zumindest skeptisch, was die Linzer Stadtplanung angeht: Erst vor wenigen Wochen forderte die IG Architektur in einem offenen Brief eine Zukunftswerkstatt zum Erarbeiten einer "Stadtvision Linz 2030". Und der Linzer Neos-Gemeinderat und Stadtplaner Lorenz Potocnik hat, wie berichtet, mehrfach kritisiert, dass der Linzer Beirat für Stadtgestaltung nicht dafür konzipiert sei, Hochhauskonzepte aus stadtentwicklerischer Sicht zu bewerten.

Grundsätzlich positiv sieht er nun aber den Siegerentwurf für das Bruckner-Areal: Den Siegerteams traut er "eine sehr gute Umsetzung" zu, positiv hebt er zudem hervor, "dass zwei junge Architekturbüros gewonnen haben, um die lokalen Netzwerke zu durchbrechen, die oft der Qualität im Weg stehen". Details dazu, wie es nun weitergeht, will man vonseiten der Bruckner Immobilien Entwicklungs GmbH auf Standard-Anfrage noch nicht nennen. Dem Vernehmen nach wird aber eine Fertigstellung des Turms bis 2020 angestrebt. (Franziska Zoidl, 13.4.2017)