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Mit dem, was Hippies vor 50 Jahren geraucht haben, haben die Pflanzen von heute nicht mehr viel gemein, argumentiert Yazdi.

Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Kurosch Yazdi
Die Cannabis-Lüge

Warum Marihuana verharmlost wird und wer daran verdient
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag
255 Seiten

Bild: Schwarzkopf & Schwarzkopf

In den USA heißen die Produkte harmlos "Alice in Wonderland", "Buffalo Bill" oder "Bubble Gum". Es gibt Schokokekse, Speiseeis und Popcorn, sogar Barbecue-Sauce – mit Cannabis. Es darf in einigen Bundesstaaten der USA und in einigen EU-Staaten zumindest aus medizinischen Gründen konsumiert werden. Das fordern manche Ärzte, die in Cannabis ein Wundermittel zur Behandlung von Schmerzen oder Depressionen sehen, auch für Österreich. Vielerorts wird eine Legalisierung der Droge zumindest diskutiert und Kiffen als vergleichsweise harmlos betrachtet.

Kurosch Yazdi, Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin des Kepler-Universitätsklinikums in Linz, ist gegen eine solche Verharmlosung und hat darüber nun ein Buch mit dem etwas plakativen Titel "Die Cannabis-Lüge. Warum Marihuana verharmlost wird und wer daran verdient" geschrieben. Darin räumt er mit Vorurteilen über die vermeintlich "weiche" Droge auf. Er präsentiert Studien, die zeigen, wie sich der regelmäßige Konsum über viele Jahre hinweg auf den Intelligenzquotienten auswirken kann, und berichtet in plauderhaftem, auch für Laien leicht verständlichem Tonfall Anekdoten aus seinem Alltag als Leiter einer Suchtabteilung in Linz.

Unterschätzte Gefahren

Denn in den letzten Jahren kommen immer häufiger Menschen zu ihm, die unter den Folgen von Cannabiskonsum leiden, schreibt der Psychiater und erzählt von Patienten, die abhängig sind und im schlimmsten Fall Psychosen oder eine Cannabis-Demenz – ähnlich einer Alkoholdemenz bei langjährigen Alkoholkranken – entwickeln.

Was Yazdi nicht will: mit erhobenem Zeigefinger moralisieren oder Gelegenheitskiffer kriminalisieren. Gefährlich werde es, wenn regelmäßig gekifft wird. Er schreibt über erschreckende Extremfälle und warnt besonders junge Menschen. Denn bis zum 25. Lebensjahr sei das Gehirn noch im biologischen Reifungsprozess – Schäden zu dieser Zeit seien also besonders dramatisch. Umfragen hätten aber ergeben, dass in den US-Bundesstaaten, in denen legalisiert ist, die Zahl der kiffenden Jugendlichen dramatisch gestiegen ist – auch, so argumentiert Yazdi, weil der Bevölkerung damit vorgegaukelt wird, dass es sich um eine harmlose Substanz handelt.

Interessant ist, dass das Cannabis von heute mit dem, was die Hippie-Generation einst geraucht hat, nicht mehr viel gemeinsam hat: Lag früher der THC-Gehalt bei unter drei Prozent, so liegt der Anteil dieses berauschenden Stoffes heute durch Züchtungen teilweise bei 32 Prozent. Das sei ein ähnlicher Gegensatz, wie wenn man einen Liter Bier oder einen Liter Schnaps trinkt.

Kochrezepte und Lieferdienste

Laut Yazdi gibt es in den USA derzeit einen regelrechten "Green Rush" – analog zum "Gold Rush": Cannabis ist ein Milliardengeschäft. Mittlerweile gibt es Unternehmen, die neue Beleuchtungslösungen anbieten, Kochbuchverlage, die die besten Rezepte mit Cannabis publizieren, und eigene Lieferdienste. Dabei, das ist Yazdi wichtig zu betonen, ist Cannabis kein Wundermittel – weder für die Medizin noch für die Gesellschaft.

Yazdi zeichnet den erstaunlichen Weg nach, der eine illegale Droge zu einem Lifestyle-Produkt machte, und vermutet dahinter intensives Lobbying einer Industrie, die ihr ganz großes Geschäft wittert. Er warnt die Gesellschaft angesichts dieser Entwicklungen vor einem "bösen Erwachen" und fordert eindringlich: "Stoppt den Cannabis-Kult." (zof, 7.4.2017)