Wien – Seit Dienstag stimmen Hollywoods Autoren ab, ob sie aus Protest gegen niedrige Bezahlung streiken wollen. Man sollte die Ankündigung nicht als leere Drohung werten: Wie in der Vergangenheit zu sehen war, macht die kampflustige Gilde sehr wohl Ernst und legt beinhart die Arbeit nieder.

2007/2008 tat sie es schon einmal und brachte mit ihrem 100-tägigen Streik Produzenten und Sender in gröbere Bedrängnis. 2017 ist die Situation noch krasser: Inhalte sind gefragter denn je, fehlt der Nachschub, können Plattformen nicht mehr mit Neuem bespielt werden. Große Augen am internationalen Markt werden auch jene Abnehmer machen, die ihre Kanäle gerne und hauptsächlich mit US-Ware befüllen – also fast alle.

Vorerst ist das noch kein Thema, wie die kommende Woche zeigt:

Dienstag, 25. April – I Am Not Your Negro, 20.15, Arte
Im Juni 1979 fasst der renommierte Schriftsteller James Baldwin einen folgenschweren Entschluss: Er will die Geschichte Amerikas anhand der Leben dreier seiner ermordeten Freunde erzählen: Medgar Evera, Martin Luther King Jr. und Malcolm X. Baldwin schaffte nur 30 Seiten mit Notizen, Titel: "Remember this House". Knapp 40 Jahre später nimmt sich der Dokumentarfilmer Raoul Peck der Aufgabe an und liefert in dem Film gleich ein Porträt Baldwins mit. "Ich bin entsetzt über die moralische Apathie und Herzenskälte, die in meinem Land herrschen", sagte Baldwin. Anno 1968. Samuel L. Jackson liest im Original aus Baldwins Notizen, die Bilder dazu zeugen von einer sehr dunklen Zeit rassistischer Gewalt, Unterdrückung und Bespitzelung durch das FBI, die – wie an Beispielen Ferguson und Baltimore zu sehen – keinesfalls überwunden scheint.

Movieclips Film Festivals & Indie Films

Mittwoch, 26. April – The Handmaid's Tale, Hulu
Noch gibt es keinen Sender, keine Plattform, auf dem dieser Film auch hierzulande zu sehen wäre, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Der Hinweis auf dieses ambitionierte TV-Projekt sei dennoch erlaubt: "The Handmaid's Tale" ist die Verfilmung von Margaret Atwoods unheimlichem Zukunftsroman, in dem eine christlich-fundamentalistische Sippe das Sagen hat. Die Gesellschaft hat ein Fortpflanzungsproblem, was dazu führt, dass jene Frauen, die noch Kinder bekommen können, auf die Funktion der Gebärenden reduziert werden. Eine von ihnen ist Offred, es wird hart für sie. Elisabeth Moss ("Mad Men", "Top of the Lake") spielt die Hauptrolle.

Hulu

Donnerstag, 27. April – Eyewitness – Die Augenzeugen, 20.15 Uhr, Arte
Keine TV-Woche ohne Krimiserie, hier eine besonders grimmige aus Norwegen: Henning und Philip haben zwei Leidenschaften – sie schwärmen fürs Motocrossfahren und füreinander. Ein nächtliches Schäferstündchen wird unterbrochen von einer Motorradgang, es fallen Schüsse, drei Männer sterben. Der Mörder sieht die jungen Burschen, die beiden fliehen mit der Waffe, entsorgen sie und beschließen, nichts und niemandem etwas zu sagen. Auch nicht Philipps Pflegemutter Helen, der cleveren Polizeichefin, die sich des Falles annimmt und in den eigenen Reihen mit Widerstand zu rechnen hat. Sechs Folgen.

Foto: Thomas Ekström/NRK

Freitag, 28. April – Las Chicas del Cable, Netflix
Nur eine kurze Vorschau gestattete Netflix bisher, aber die hatte es in sich. Im Madrid des Jahres 1928 spielt diese Serie um vier Telefonistinnen, die sich zusammentun und gemeinsam ihre Schwierigkeiten zu überwinden versuchen und für Wahlrecht und sexuelle Freiheit kämpfen. Die erste in Spanien produzierte Serie von Netflix richtet sich eindeutig an das spanische und lateinamerikanische Publikum, Themen wie Chauvinismus und Machismus sind aber auch hierzulande gern verhandelbar.

Netflix América Latina

Samstag, 29. April: – Allmen und das Geheimnis der Libellen, 20.15, ORF und ARD
Sein Name ist Johann Friedrich von, und er hatte ein schönes Leben. Geld, schöne Frauen, Sektpyramide. Was danach folgte, erzählt Heino Ferch, Titelheld von "Allmen und das Geheimnis der Libellen". Schon wieder Krimi, dieses Mal nach Martin Suter und nur bedingt zu empfehlen, eben weil die Figur des Adelsschnösels reichlich abgelatscht wirkt und Dinge sagt, wie "Gewalt ist die Scheidemünze der Zivilisation". Sein obergescheiter "Diener" (Samuel Finzi) ist nicht viel besser. Wenn schon Gefährten aus unterschiedlichen Ständen, dann lieber Don Quijote und Sancho Panza.

Foto: ORF/ARD/ARD Degeto/Hardy Brackmann

Sonntag: 30. April – Just Call Me God, Sky Arts HD
Zum privaten Konzertsaal des größenwahnsinnigen (gibt es auch andere?) Diktators Satur Diman Cha macht Michael Sturminger die Hamburger Elbphilharmonie. Unter den Orgelklängen von Martin Haselböck schwingt John Malkovich seine Rede, zwingt Sophie Kessel als Journalistin in die Knie und lässt das Maschinengewehr sprechen. Das Stück war im März Wiener Konzerthaus zu sehen, wer damals nicht dabei war, kann das hier nachholen. Wie Malkovich sich als Verführer und kühlen Rationalisten unter den als Schmerzensschreien gestalteten Orgelklängen ins Zeug wirft und die Verantwortlichkeiten verortet, das ist einfach nur verstörend. Fukuyamas These vom Ende der Geschichte war nur ein Scherz, sagt der Diktator. Das ist erst der Anfang.

JustCallMeGod

Montag, 1. Mai – American Gods, Amazon
Als Erfinder, Autor und Produzent von saftigem Serienmahlzeiten wie "Hannibal" hat sich Bryan Fuller einen Namen gemacht. Die darin erworbenen Kompetenzen weiß er auch in American Gods zu nützen, und so fließt viel Filmblut in die Ozeane, fliegen viele Körperteile durch die Lüfte, wenn Shadow Moon gegen die neuen Götter Geld, Technologie, Medien, Berühmtheit und Drogen antritt. Das darf man sich nicht als esoterischen Schnickschnack eines handgreiflichen Weltverbesserers vorstellen, die Götter gibt es wirklich, so wirklich wie die alten, denen ein gewisser Mister Wednesday auf der Spur ist. Dieser Göttervater sucht die alte Garde von den alten Mythen, und Shadow Moon wie dessen Frau Laura sollen ihm dabei helfen. Eine Fantasiereise voller Grauslichkeiten beginnt, aber ja, ich gestehe: Ich hab gern zugeschaut. Mehr dazu demnächst.

Feierabend - Gamer

Mein Trailer der Woche kommt dieses Mal zu "The Keepers", nach "Making a Murderer" und "Amanda Knox" die nächste True-Crime-Doku von Netflix.

Netflix US & Canada

Konkret geht es um die Geschichte der Nonne Cathy Cesnik, die 1969 unter bis heute ungeklärten Umständen ermordet wurde. Regisseur Ryan White recherchierte in Baltimore, wo damals die Kirche das Sagen hatte, das Recht aber offenbar lange bevor wir das in "The Wire" sahen gebogen wurde. Die siebenteilige Dokuserie startet am 19. Mai 2017, es bleibt spannend.

Schönes Schauen! (Doris Priesching, 25.4.2017)