Präzisiert via Facebook seine Ansichten zur Kopftuchdebatte: Bundespräsident Van der Bellen.

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Wien – Eine Aussage von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Europäischen Union, gezeigt im ORF-"Report" am Dienstagabend, sorgt jetzt in den sozialen Netzwerken für Aufregung. Dabei erklärte Van der Bellen vor Schülern: "Es ist das Recht der Frau, sich zu kleiden, wie auch immer sie möchte. Das ist meine Meinung dazu. Im Übrigen nicht nur die muslimische Frau, jede Frau kann ein Kopftuch tragen." Nachsatz: "Und wenn das so weitergeht bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen. Alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun."

Weiters brachte das Staatsoberhaupt einen Vergleich mit Dänemark während der Zeit der NS-Besatzung. Damals hätten Dänen begonnen, den Davidstern zu tragen – quasi als Geste des Widerstands gegen die Deportation ihrer jüdischen Mitbürger.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl schrieb in einer Aussendung von einem "integrationspolitischen Amoklauf". Der Bundespräsident habe "mit dieser Aussage das zarte Pflänzchen des Widerstandes gegen die Islamisierung des Landes, das nach dem Erdogan-Votum im rot-schwarzen Garten zu keimen begonnen hat, rüde zertreten". FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache bezeichnete Van der Bellens Äußerung via Social Media als "Bedenklich!!!".

Van der Bellens Aussagen am 24. März in der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien im O-Ton – das umstrittene Zitat fällt in der Minute 26.

Mittwochvormittag ließ der Bundespräsident auf Facebook zur aktuellen Kopftuchdebatte klarstellen: "Die im gestrigen ,Report' gezeigte Sequenz, in der sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Thema Kopftuchverbot äußert, stammt von Diskussion mit Schülerinnen und Schülern vom 24. März. Eine Schülerin hatte argumentiert, dass ihrer Meinung nach ein Kopftuchverbot Frauen auf ihr Äußeres reduziere, statt ihre Leistungen und Kompetenzen zu sehen, und Kopftuch tragende Frauen vom Arbeitsmarkt ausschließe."

Im Kern sei es dem Bundespräsidenten darum gegangen, wird in dem Posting ausgeführt, "der Stigmatisierung von Kopftuch tragenden Frauen entgegenzuwirken. Immer wieder sind diese Frauen in Österreich öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt. Diesen inakzeptablen Umgang mit Frauen hat der Bundespräsident in zugespitzter Form kritisiert."

Kopftuchverbot nur in bestimmten Fällen sinnvoll

Zu den Grund- und Freiheitsrechten unserer Demokratie zähle für den Bundespräsidenten insbesondere die Meinungsäußerungsfreiheit. Diese betreffe "auch die Art und Weise, wie wir uns kleiden". Ein Kopftuchverbot ist laut Van der Bellen nur dann sinnvoll, wenn das Tragen eines Kopftuches – wie z. B. bei Richterinnen – ihre berufliche Neutralität infrage stellt. "Das müsse dann aber für alle religiösen Symbole gelten." Van der Bellen erinnerte bei der Diskussion "auch daran, dass der Islam in Österreich seit über 100 Jahren eine anerkannte Religionsgemeinschaft" sei.

Er betonte "aber gleichzeitig, dass er sich nach IS-Terroranschlägen deutlichere Worte von Vertretern der Islamischen Glaubensgemeinschaft wünschen würde, dass solche Verbrechen keinesfalls mit dem Islam gerechtfertigt werden dürfen". Und er habe auch vor "Rassismus von der anderen Seite" gewarnt, indem er etwa das Beispiel eines islamischen Taxifahrers erwähnte, der sich weigert, orthodoxe Juden zu fahren. Das sei "absolut unzulässig".

Verweis auf Meinungsfreiheit in Bratislava

Bei einem Besuch in Bratislava sagte Van der Bellen außerdem: "Ich bin kein großer Freund des Kopftuchs. Aber es gibt in Österreich Meinungsfreiheit, es gibt Meinungsäußerungsfreiheit und eine Art Bekleidungsfreiheit." Es sei das "gute Recht jeder Frau, zu entscheiden, was sie am Kopf trägt und ob sie etwas am Kopf trägt".

Dazu erwähnte er eine Reise in der Schweiz, wo er auch die renommierte ETH-Universität Zürich besucht habe. Dort sei er "mindestens einer Professorin mit Kopftuch" begegnet. "Ich hoffe, dass niemand auf die Idee kommt, dass sie deswegen eine schlechte Wissenschafterin oder eine schlechte Professorin wäre", sagte er. Zur Aufregung über seine Aussage bei der Diskussionsveranstaltung im März sagte der Bundespräsident am Mittwoch: "Sollen wir keine größeren Probleme haben als die Frage Kopftuch." (red, APA 26.4.2017)