Michael LangothDas kulinarische Manifest

Mit Rezepten der Kochgenossen

Verlag Anton Pustet, 2017,

239 Seiten, € 35

ISBN/ISSN978-3-7025-0868-5

Das nunmehr vierte Buch von Michael Langoth, erschienen im Verlag Anton Pustet, ist eine Streitschrift für gutes Essen. Damit meint er authentische, regionale Kochtraditionen, die drohen, in Vergessenheit zu geraten. "Das kulinarische Manifest" ist ein Plädoyer für selbstbestimmtes Kochen, das sich nicht über Verzicht und Abgrenzung definiert – Vielfalt statt Intoleranz.

Essen kulturhistorisch betrachtet

Kochen ist das Eigentliche, was die Spezies Mensch ausmacht, meint Langoth. Diesem Thema widmet er mehr als die Hälfte seines Buches und holt dabei weit aus. Seine kulturhistorischen Betrachtungen reichen von den ursprünglichen Jägern und Sammlern bis zu den Kochtechniken, der dann sesshaften Menschen.

Wie Lebensmittel haltbar gemacht wurden, denn schon in der Antike hatten die Römer Fabriken, in denen sie Fischsauce produzierten. Oder der eingesalzene und getrocknete Kabeljau, der bereits vor Jahrhunderten weltweit als "Massenprodukt" gehandelt wurde.

Die Rolle der Frau in der Küche und wieweit ihre Befreiung durch die Industrialisierung der Lebensmittelproduktion zusammenhängen, betrachtet der Autor ebenso ausführlich, wie das Problem der ständig dicker werdenden Bevölkerung. Als noch ausschließlich daheim gekocht wurde, gab es geregelte Mahlzeiten, die gemeinsam eingenommen wurden. In unserer Zeit der permanenten Verfügbarkeit von fertigem Essen sieht Langroth den Hauptgrund für die rapide Zunahme von Adipositas.

Auch den immer mehr um sich greifenden und sich gleichzeitig ständig widersprechenden Warnungen vor diversen Lebensmitteln nimmt er mit dem Kapitel "Genießen statt Fürchten" den Wind aus den Segeln.

Kulinarische Muttersprache

Da immer weniger Menschen daheim selber kochen, von ihren Großmüttern und Müttern nicht mehr lernen, wie man traditionelle Gerichte zubereitet, verlieren sie ihre kulinarische Identität. Die Globalisierung bringt Regionalküchen aus der ganzen Welt in die ganze Welt. Meist werden sie adaptiert, um vor Ort angenommen zu werden. Oder hat schon einmal ein "Wiener Schnitzel" in Griechenland oder Spanien so geschmeckt wie in Wien?

Doch die "Kochgenossen" – ein Gruppe von Gleichgesinnten, die seit mehr als 15 Jahren gemeinsam kochen, essen und reisen, verschiedene Kochtechniken und kulinarische Glaubenssysteme erforschen, steuern dagegen. Sie besuchen Lokale, in denen noch traditionell gekocht wird. Gehen zu den Einheimischen und kochen mit ihnen, um zu lernen wie ein Gericht richtig authentisch schmecken soll.

Ausgewählte Rezepte

Für Menschen, die Essen wichtig nehmen, die gerne selber kochen und auch in fremden Küchen wissen möchten was, wie, warum, sein muss, ist "Das kulinarische Manifest" eine Pflichtlektüre. Die Bilder und das Layout sind wie schon in den anderen Büchern des Autors, ansprechend, klar und wunderschön. Einmal aufgeschlagen, liest es sich fast von selbst. Die Rezepte, zum Beispiel für das Gulasch des bekannten Wiener Cafés Anzengruber, Tatake-Tofu oder Ceviche, sind simple Basisgerichte aus unterschiedlichen Kochkulturen. Sie sollen ein Gespür für die Vielfalt der Möglichkeiten geben, wie mit einfachen Zutaten, handwerklichem Geschick und aufmerksamer Hingabe ein ganz besonderes Gericht entsteht.

Für den 1. Mai, den "Tag der Arbeit", der ja auch als ein Feiertag der Sozialisten und Kommunisten gilt, haben wir aus den Rezepten "Die Lieblingsspeise des Vorsitzenden Mao" ausgewählt. (Helga Gartner, 29.4.2017)

Roter Schweinebauch
Foto: Verlag Anton Pustet
Foto: Verlag Anton Pustet
Foto: Verlag Anton Pustet
Foto: Verlag Anton Pustet

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