Wien/Burgenland – Sie wisse, was sich für eine Dame gezieme, sagt die Gabriele, auf der Beifahrerseite wartend, dass man ihr die hintere Tür öffne. Der schönste Platz ist im langen Siebener nämlich hinten, erst recht an diesem besonderen Tag. Gabriele feiert heute ihren 28. Geburtstag – inzwischen schon zum zwölften Mal. Und da wird sie sicher nicht den Wagen auf- und abfahren, damit irgendwer ein paar Fotos vom bewegten Siebener machen könne.

Foto: Guido Gluschitsch

Im Wagen startet sie über einen Knopfdruck die magische Verwandlung des Beifahrersitzes. Erst klappt die Kopfstütze weg, dann die Lehne nach vor, ehe der ganze Sitz nach vorn rutscht. Der an sich schon riesige Fußraum wird noch einmal größer. Eine Fußstütze klappt aus, und Sekunden später liegt die Frau Gemahl entspannt im Fond. Wer aufmerksam ist, merkt, dass sie die Augen geschlossen und den Massagesitz aktiviert hat.

Foto: Guido Gluschitsch

Ganz leise zieht der lange Siebener die Fahrertür zu, und mit einem kräftigen und kurzen Brüller tritt der V12 zum Dienst an. Miss Gaby im Fond öffnet ein Auge ganz leicht. "Zwölfender?", fragt sie schüchtern, und im nächsten Moment drückt sie der 6,6-Liter-TwinPower-Turbo-V12 sanft in den Sitz. 612 PS Leitung und ein stattliches Drehmoment von 800 Newtonmetern holt BMW aus diesem Motor.

Foto: Guido Gluschitsch

Nur beim Anstarten – und natürlich beim hemmungslosen Tritt aufs Gaspedal im Sportmodus – lässt der M760Li akustisch vernehmen, welche Urgewalt in ihm steckt. Dann gehen die Klappen der M-Sportgasanlage auf, lassen den V12 ausatmen. Der dankt dies, indem er den mehr als 2,2 Tonnen schweren und 5,2 Meter langen Koloss aus Leder, Leichtmetall und Stahl in weit unter vier Sekunden von 0 auf Tempo 100 beschleunigt.

Foto: Guido Gluschitsch

Wer nun denkt, dass der BMW 760Li xDrive seine Sportwagenwerte nur auf der schnürlgraden Straße in den Asphalt drücken mag, der irrt. Mit seiner Wankstabilisierung, der mitlenkenden Hinterachse und seinem Allrad, der den Großteil der Kraft auf die Hinterräder schickt, lässt sich der Lange auch in Kurven so bewegen, dass jede noch so wohlerzogene Miss Daisy schon am ersten Apex fürchterlich ausfallend wird.

Foto: Guido Gluschitsch

Ganz anders schaut die Sache im Komfortmodus aus, in dem wir zur Feier des Tages unterwegs sind: den Blick weit nach vorn gesetzt, das Gaspedal nur streichelnd und über die Burmester-Anlage feinste Musik laufen lassend.

Foto: Guido Gluschitsch

Gediegenen Luxus gibt es dann, der gar nicht zum Mattlack der Außenhaut des Testwagens und den protzigen V12-Schriftzügen passen will. Auch für den technischen Firlefanz wie Gestensteuerung sind wir schon zu alt. Autonom fahren kommt in diesem Wunderwerk von Auto sowieso nicht infrage. Und wenn ich mir 5,24 Meter Auto um 250.000 Euro leiste, dann will ich das auch bitte selbst einparken, oder ich sitz eh hinten in der zweiten Reihe und hab einen Chauffeur.

Foto: Guido Gluschitsch

Apropos, während wir da so lässig über den stärksten aller Siebener reden, wird die Quenglerei in der zweiten Reihe regelrecht unerträglich. Der Beifahrersitz ist inzwischen wieder entfaltet, und Miss Gaby hat neue Pläne. Die Juweliere hätten bestimmt nicht ewig offen, ist sie überzeugt, und bietet deshalb großherzig an, doch selbst zu fahren: im Sportmodus – damit endlich was weitergeht. (Guido Gluschitsch, 4.5.2017)

Foto: Guido Gluschitsch

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