Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wollte Kritikern entgegenkommen. Ganz gelungen ist es ihm aber nicht. Experten orten weiterhin Verbesserungsbedarf.

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Wien – Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ist zufrieden. Nach der Kritik an seiner Strafgesetzesnovelle sind im Begutachtungsverfahren zahlreiche kritische Stellungnahmen eingegangen. Der Ressortchef ist überzeugt, diese entkräftet zu haben, indem er präzisiert und entschärft habe. Richtig euphorisch reagieren Strafrechtsexperten, die beim Entwurf noch viel Verbesserungspotenzial gesehen haben, ob der Änderungen aber nicht.

Reichsbürger: Die Zahl der Staatsverweigerer, die unter Namen wie Freemen und "One Peoples Public Trust" auftreten, schätzt der Justizminister auf etwa 1.000. Die Nichtanerkennung der Republik durch eine Einzelperson ist nicht mehr alleinige Voraussetzung, damit die neue Bestimmung zur Anwendung kommt. Es muss sich dabei um eine Gruppe von mindestens 30 Menschen handeln. Helmut Fuchs, Strafrechtsprofessor an der Uni Wien, begrüßt zwar die neue Formulierung, erachtet einen eigenen Tatbestand für diese Bewegung aber als übertrieben.

Positiv bewertet er jedoch, dass die Regierung Abstand von einem "Gesinnungsstrafrecht" genommen hat, wonach eine bloße Ablehnung des Staates für eine Strafverfolgung gereicht hätte. "Im liberalen Rechtsstaat muss man die Gesetze einhalten, darüber hinaus gibt es eine moralische Verpflichtung, aber 'anerkennen' muss man sie nicht", erklärt Fuchs im STANDARD-Gespräch. Für ihn ist die Novelle eine "Anlassgesetzgebung", nicht die erste, immerhin seien seit 1975 die Straftatbestände um 70 Prozent angestiegen.

Schutz von Polizisten: Tätliche Angriffe auf Exekutivbeamte sollen schärfer geahndet werden. Für einen Übergriff ohne Körperverletzung drohen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe. Für Klaus Schwaighofer, Strafrechtsprofessor an der Uni Innsbruck, ist diese Änderung bloß ein "symbolischer Akt". Er sieht keinen Bedarf für eine Änderung. Noch skeptischer steht er dem Sonderschutz für Busfahrer oder Kontrolleure in öffentlichen Verkehrsmitteln gegenüber. Für tätliche Angriffe wurde zwar das Strafausmaß auf sechs Monate beschränkt, bei Körperverletzung ist aber eine Strafe von bis zu zwei Jahren zulässig. Einer "stetig steigenden Gewaltbereitschaft" soll damit entgegengewirkt werden. Für Schwaighofer nicht verständlich, damit könnten auch andere Berufsgruppen dieses Argument für sich reklamieren.

Antanzen: Den neuen Paragrafen für die sexuelle Belästigung durch Gruppen, wie etwa zu Silvester in Salzburg und Innsbruck, erachtet Fuchs als am "ehesten notwendig". Da schon die "strafrechtliche Aufarbeitung der Geschehnisse in Köln höchst unbefriedigend" gewesen sei. Gegenüber dem ersten Entwurf wurde der Strafrahmen herabgesetzt. Sexuelle Belästigung wird statt mit zwei Jahren mit bis zu einem Jahr bestraft, die Verabredung dazu mit bis zu zwei Jahren statt wie ursprünglich geplant mit bis zu drei Jahren. (Marie-Theres Egyed, 3.5.2017)